Maler, Grafiker, Bildhauer und Jazzmusiker
Der deutsche Maler, Grafiker, Bildhauer und Jazzmusiker A. R. Penck ist tot. Der 77-Jährige sei bereits am Dienstag nach einer längeren Krankheit in Zürich gestorben, teilte die Galerie Michael Werner der Deutschen Presse-Agentur am Mittwoch in Paris mit. Der Kölner Galerist hatte Penck entdeckt und Ende der 60er Jahre auch erstmals ausgestellt.
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Der Autodidakt wurde mit seinen Strichmännchen mit erigierten Penissen, Kreuzzeichen, Totenköpfen und beißenden Hunden bekannt: ein Motivarsenal, mit dem er die damalige Trennung Deutschlands und die Suche des Individuums nach einer freien Gesellschaft thematisierte. Pencks Bildsprache erinnert an Höhlenmalerei und asiatische Kalligrafie.
Künstlername verweist auf Eiszeitforscher
Mit seinem Künstlernamen verwies Penck, den viele für wegweisend in der zeitgenössischen Malerei in Deutschland halten, auf den Eiszeitforscher und Geologen Albrecht Penck (1885 - 1945). Das mag mit dem naturwissenschaftlichen Anspruch zusammenhängen, den auch der Künstler Penck an seine Arbeit hatte.

AP/Bernd Kammerer
Eine Besucherin der Kunsthalle Schirn in Frankfurt geht am Gemälde „Frau K“ von A. R. Penck vorbei
Penck malte nicht einfach an prähistorische Höhlenmalerei erinnernde Strichmännchen und primitivistische Zeichen, sondern reflektierte Mathematik, Kybernetik und Mechanik in seinen Bildern. Kunst war für Penck, den man mit einem bisweilen etwas zotteligen Vollbart, Strickmütze oder Baseball-Kappe kannte, auf jeden Fall mehr als nur ein schönes Bild.
Aus der DDR ausgebürgert
Penck wurde als Ralf Winkler am 5. Oktober 1939 in Dresden geboren. Bereits mit zehn Jahren malte er erste Ölbilder. Später belegte er Abendkurse im Aktzeichnen, wurde aber von den Kunsthochschulen der DDR abgelehnt, die mit seinen Denksystemen nichts anfangen konnten. Sein internationaler Durchbruch war die Teilnahme an der Documenta 1972. Teilnehmen konnten vielmehr nur seine Bilder, denn die DDR-Behörden verwehrten Penck die Reise nach Kassel. Später schmuggelte er seine Bilder als Geschenkpakete getarnt in den Westen.
Unverwechselbarer Stil
1980 wurde er aus der DDR ausgebürgert. Danach malte er große Historienbilder und entwickelte einen unverwechselbaren Stil. Er galt damit auch als Vater der „Neuen Wilden“, die in den frühen 1980er Jahren mit einer subjektiven, unbekümmerten und lebensbejahenden Malerei in Deutschland und Österreich an die Öffentlichkeit traten.

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A. R. Penck galt als einer der bedeutendsten Gegenwartskünstler und Vater der „Neuen Wilden“
Penck gilt als Vater der „Neuen Wilden“, eine Bewegung der frühen 1980er Jahre. Kennzeichnend war für sie der spontane und emotionale Ausdruck, kunsthistorische Stil- und Sujet-Zitate sowie eine ironische und provokative Ästhetik, die zwischen gegenständlicher und abstrakter Kunst schwankt. So bildet Penck auf einem seiner ersten Gemälde aus dem Jahr 1955 mit dem Titel „Folterung“ einen nackten Mann ab, der auf einer Art Sprungbock liegt. Mehrere Männer um ihn herum peinigen ihn.
Lange vor Keith Haring
Penck war von 1989 bis 2005 Grafikprofessor an der Kunstakademie Düsseldorf. Der Kunsthistoriker Siegfried Gohr, der ebenfalls lange an der Akademie lehrte und Penck seit Jahrzehnten kannte, sagte, dass Penck im Westen noch nicht die eigentlich verdiente Anerkennung bekomme habe. Lange vor Keith Haring (1958 - 1990) habe Penck mit abstrahierten Figuren gearbeitet. Lange vor Basquiat (1960 - 1988) habe er eine Bilderzeichensprache entwickelt. „Die haben das dann popularisiert“, sagte Gohr.
Berühmt ist Pencks Bild „Der Übergang“ von 1963, auf dem ein schwarzes Strichmännchen auf einem brennenden Brett über eine Schlucht balanciert. Das Bild wird meist als Metapher für die damalige Trennung der beiden deutschen Staaten gesehen. Zur Charakterisierung seiner Zeichenkunst entwickelte er 1966 den Begriff „Standart“, wobei er das Wort bewusst mit „t“ und manchmal auch „Stand-Art“ schrieb. Schon 1968 hatte das künstlerische „Enfant terrible“ der Dresdner Kunstszene seine erste Ausstellung im Westen in der Galerie Michael Werner in Köln, die ihn bis zuletzt vertrat.
„Eigentlich betrieb er eine Art anthropologische semiotische Grundlagenforschung, um herauszufinden, wie man eine Gesellschaft besser steuern kann“, sagte Gohr. Im Westen habe Penck eine noch ausführlichere Bildsprache entwickelt. Es tauchen Tiere auf, Schlangen, Löwen, Männer mit Waffen, weibliche und männliche Akte, Feuer, Flugzeuge - „ohne dass sie erzählerisch in altmodischem Sinne wären“, sagte Gohr.
Rückzug aus dem Kunstbetrieb
Als Mitte der 80er Jahre die neuen Medien wie Fotografie und Video die Kunst aufwirbelten, machte Penck Holzskulpturen. Und er zog sich immer weiter aus dem Kunstbetrieb in Deutschland zurück. Der Künstlernomade Penck war ohnehin nie nur auf Malerei fixiert. Er schrieb theoretische Texte, Gedichte mit viel Wortwitz und Essays.
Seine letzten Arbeiten sind farbenkräftige in Rot, Schwarz und Weiß gehaltene abstrakte Malereien und sind in Dublin entstanden, wo Penck zuletzt malte. Sie gleichen einer wilden, fröhlichen Partitur und spiegeln seine Leidenschaft für Musik wider, vor allem für Free Jazz und Jazz Rock. Er selbst spielte Klavier und Gitarre und versuchte sich auch als Jazzmusiker. In den 1980er Jahren trat er als Schlagzeuger in der Gruppe Triple Trip Touch (aka T.T.T. bzw. TTT) auf.
Zuletzt lebte Penck in Irland. Er war schon seit Längerem krank. Bereits an seiner großen Retrospektive in der berühmten Fondation Maeght in Südfrankreich Mitte März dieses Jahres konnte der Maler nicht teilnehmen.
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