„Nicht alle Fragen beantwortet“
Mit einer Gedenkfeier und Kranzniederlegungen ist in Heilbronn an die vor zehn Jahren vom rechtsextremen Nationalsozialistischen Untergrund (NSU) ermordete Polizistin Michele Kiesewetter erinnert worden.
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Der Heilbronner Oberbürgermeister Harry Mergel (SPD) sprach am Dienstag von einer „offenen Wunde“ für die Stadt. Auch wenn die Tat dem NSU zugeschrieben werde, seien längst nicht alle Fragen zu den Hintergründen beantwortet.
Angehörige versammelt
An der nicht öffentlichen Veranstaltung im Rathaus nahmen nach Angaben der Stadtverwaltung rund hundert Gäste aus ganz Deutschland teil, darunter Angehörige der anderen NSU-Opfer, Polizisten sowie Mitglieder der NSU-Untersuchungsausschüsse des Bundestags und des Stuttgarter Landtags. Anschließend versammelten sich zahlreiche Menschen am damaligen Tatort auf der Heilbronner Theresienwiese zu einem öffentlichen Gedenken und einer Schweigeminute. Zahlreiche Kränze wurden niedergelegt.
„Dringende Aufklärung“
Die Ombudsfrau der Bundesregierung für die Opfer und Hinterbliebenen des NSU, Barbara John, verwies auch auf die Bedeutung, die die gemeinsamen Treffen der Hinterbliebenenfamilien der NSU-Opfer hätten. Die Besuche an den Tatorten der Verbrechen seien schmerzlich. Sie seien aber „auch ein Zeichen des Muts und der Entschlossenheit der Hinterbliebenen, ihr Leben nicht vom erlittenen Trauma bestimmen zu lassen, trotz aller Widrigkeiten“.
Der stellvertretende baden-württembergische Ministerpräsident und Innenminister Thomas Strobl (CDU) äußerte sein Mitgefühl mit den Angehörigen der NSU-Opfer, „denen unendlich schreckliches Leid zugefügt und zugemutet wurde“. Nach wie vor bedürften viele Fragen rund um die Bluttaten dringender Aufklärung.
Appell der türkischen Gemeinde
Die Türkische Gemeinde in Deutschland forderte unterdessen, allen NSU-Opfern die gleiche Aufmerksamkeit zu schenken. „Es ist richtig, dass an den Mord an Michele Kiesewetter erinnert wird, man sollte aber den anderen Opfern genauso viel Aufmerksamkeit zukommen lassen“, sagte der Bundesvorsitzende Gökay Sofuoglu der „Heilbronner Stimme“ und dem „Mannheimer Morgen“ (Mittwoch-Ausgaben) laut Vorabmeldung.
Gerade bei den Angehörigen und Freunden der acht türkischstämmigen Opfer sei durch die Ermittlungspannen viel Vertrauen verspielt worden, das nun zurückgewonnen werden müsse. Zugleich äußerte Sofuoglu wenig Hoffnung, dass die Hintergründe der NSU-Mordserie noch vollständig aufgeklärt werden.
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