Karriere mit tragischer Vorgeschichte
Trude Forsher hat ihr Leben gerettet, indem sie als junges Mädchen Österreich verlassen hat. Ungewissen Jahren in Großbritannien folgte in den 1940er Jahren die Einreise in die USA, wo ihr nicht nur angesichts des Postens bei Elvis Presley eine bemerkenswerte Karriere gelang. Die Ausstellung „Trude & Elvis. Wien – Memphis – Hollywood“ zeichnete 2017 im Jüdischen Museum den Lebensweg von Trude Forsher nach.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
Die im Jahr 1920 in eine jüdische Familie geborene Trude Adler, wie sie vor ihrer Heirat hieß, wuchs in Währing und am Alsergrund auf. Die Familie Adler war vermögend. Doch die unbeschwerte Jugend hatte mit den aufkommenden Nazis ein jähes Ende. Forsher konnte im Jahr 1938 nach London emigrieren. Sie arbeitete dort als Dienstmädchen. Ihr Durchsetzungsvermögen bewies die selbstbewusste Frau bereits damals.
Mit viel Mühe gelang es ihr, Teile ihrer Familie nach den November-Pogromen ebenfalls nach London zu holen. „Das große Glück der Familie war letztlich, dass sie weitschweifende Verwandtschaft in den USA hatte“, sagte Marcus Patka, Kurator der Ausstellung im Jüdischen Museum im Gespräch mit ORF.at, wie damals überhaupt eine dauerhafte Flucht gelingen konnte.

James Forsher Estate
Elvis und Trude Forsher
Wiener Juden mit Country-Verlag
Der jungen Frau, die in den USA den ebenfalls aus Wien stammenden Bruno Forsher kennenlernte und im Jahr 1942 heiratete, gelang der Schritt ins große US-amerikanische Showbusiness durch Zufall und mit Hilfe anderer Exil-Wiener mit jüdischen Wurzeln.
„Jean und Julien Aberbach haben bereits in Europa mit Musikrechten gearbeitet. Es war für Emigranten damals aber schwierig, in die etablierten Bereiche zu kommen. Der Broadway war zu. Sie haben sich eine Nische suchen müssen“, beschreibt Patka Forshers frühes Netzwerk, „schließlich wurden die Aberbachs in Nashville mit dem Musikverlag Hill and Range Songs im Bereich Country und Western tätig.“
TV-Interview mit Elvis
Die Musikverleger erkannten früh, dass mit dem aufkommenden Rock ’n’ Roll eine musikalische Revolution anrollte und erweiterten in weiser Voraussicht das Repertoire. „Der Verlag hatte die meisten von Elvis frühen Songschreibern unter Vertrag. So ist der Kontakt entstanden“, so Patka. Auf Vermittlung der Aberbachs interviewte Forsher, die einen Kurs für Journalismus an der University of California belegt hatte, den jungen Elvis Presley für die „Milton Berle Show“.
Zwei Monate darauf, im August des Jahres 1956, wurde die Ehrgeiz versprühende junge Frau von Elvis’ legendärem Manager Colonel Tom Parker als Privatsekretärin des Shootingstars engagiert, von dem bereits damals viele wussten, dass die Karriere noch sehr weit nach oben gehen würde. Es war der Zeitpunkt des Beginns der Dreharbeiten von „Love Me Tender“.
Rock ’n’ Roll und Religion
Forshers bemerkenswertes Leben wird in der Ausstellung „Trude & Elvis. Wien – Memphis – Hollywood“ im Extrazimmer des Jüdischen Museums in Wien mit Dokumenten, Devotionalien, Zeitungsartikeln, Bildern, Plakaten und Filmmaterial nachgezeichnet. Sie stammen aus dem Nachlass der im Jahr 2000 verstorbenen ehemaligen Sekretärin Elvis’. Kurt Langbein hat eine TV-Dokumentation über Forsher gedreht, die im Sommer ausgestrahlt wird und in Teilen in der Ausstellung zu sehen ist.
Forshers religiöser Hintergrund dürfte bei ihrem Engagement durchaus eine Rolle gespielt haben. Patka: „Die US-amerikanische Showbranche war damals stark jüdisch geprägt. Auch im direkten Umfeld von Elvis gab es überproportional viele Mitarbeiter jüdischen Hintergrunds: Komponisten, Filmmanager oder etwa der aus Deutschland stammende Fotograf Alfred Wertheimer, dessen Karriere auf Fotos des jungen Elvis aufbaute.“
Familiengemälde mit tragischer Geschichte
Ein besonders bedrückendes Familiendokument vermittelt den Horror des Holocausts: „Es zeigt den Vater von Trude Forshers Mann mit seiner Familie, während sie auf die Deportation warten - die Familie hat eine Malerwerkstatt betrieben und ließ sich angesichts der Ungewissheit porträtieren“, erklärt Patka. Das Gemälde von Moritz Forscher entstand 1940 in Wien und wurde dann vor den Nazis versteckt. „Jahre später wurde es von einem ehemaligen Nachbarn entdeckt, der die Familie in den USA ausfindig machen konnte und das Bild übergeben hat. Für die Ausstellung ist es jetzt wieder in Wien“, erzählt Patka den tragischen Hintergrund des Gemäldes.
Scheidungen mehrerer Art
In Kontrast dazu steht der schillernde Glanz des Rock-’n’-Roll-Zirkus der 1950er Jahre, dessen Teil Forsher über sechs Filmproduktionen hinweg bis zum Jahr 1960, kurz vor der Fertigstellung des Films „G. I. Blues“ (deutscher Titel: „Cafe Europa“), war. Das Ende des Berufsverhältnisses erzählt von der gesellschaftlichen Verfassung der USA der 1950er, wo trotz Elvis’ lockeren Hüftschwungs auch viel Platz für Moral war.
Forsher erzählte von ihren Plänen, sich von ihrem Mann scheiden zu lassen. Colonel Parker befürchtete einen Skandal, der der Karriere von Elvis schaden könnte. Er warnte sie, es nicht zu tun. Forsher ließ sich trotzdem scheiden und wurde umgehend gefeuert. Ein Foto, das Forsher inmitten der Crew von Elvis nur wenige Minuten, bevor sie entlassen wurde, zeigt, ist Teil der Ausstellung.
Engagement für alleinerziehende Mütter
Was die arbeitslose, alleinerziehende Mutter nicht davon abhielt, eine weitere Karriere hinzulegen. Gemeinsam mit Adolph Zukor II., dem Sohn des legendären Filmproduzenten Adolph Zukor, der Paramount Pictures großgemacht hatte, gründete sie eine Produktionsfirma und produzierte TV-Shows.
Sie war auch für 20th Century Fox tätig und kehrte dann aber dem Film- und TV-Geschäft den Rücken. In späteren Jahren arbeitete sie in Los Angeles für den Reformrabbiner Leonard Beerman und widmete sich Ende der 1970er einem Sozialprojekt, das sich für alleinerziehende Mütter einsetzte: Forsher verfasste eine grundlegende Arbeit über Armut junger Mütter aufgrund ausbleibender Alimente der Väter, die landesweit für Aufmerksamkeit sorgte und einen späten Höhepunkt einer außergewöhnlichen Laufbahn bedeutete.
Link:
Johannes Luxner, für ORF.at