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Für „periphere Figur“ gehalten

Der Londoner Attentäter war dem britischen Geheimdienst bekannt. Das sagte die britische Premierministerin Theresa May am Donnerstag vor dem Parlament in London. Der Mann sei in Großbritannien geboren und vor einigen Jahren bei einer Untersuchung des Inlandsgeheimdiensts MI5 zu „gewalttätigem Extremismus“ im Visier der Ermittler gewesen, man habe ihn aber für eine „periphere Figur“ gehalten.

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Den Namen des Mannes, der am Vortag zwei Passanten und einen Polizisten beim britischen Parlament getötet und Dutzende teils lebensbedrohlich verletzt hatte, nannten die Behörden erst Donnerstagnachmittag. Seine Identität dürfte aber bereits kurz nach dem Anschlag am Mittwoch bekannt gewesen sein. Khalid M. war britischer Staatsbürger, geboren in der Stadt Kent, mehrfach vorbestraft.

Die Ermittlungen konzentrieren sich inzwischen auf die Suche nach möglichen Komplizen des Mannes. Donnerstagmittag bekannte sich die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zu dem Attentat. Der IS behauptete, der Angreifer sei „ein Soldat des Islamischen Staates“ gewesen.

Einige Schwerverletzte weiter nicht identifiziert

Der Täter war am Mittwoch in einem gemieteten grauen SUV auf dem Gehsteig der Westminster Bridge auf das Parlament zugerast und hatte dabei zwei Menschen getötet - eine in Spanien geborene Britin und einen etwa 50-jährigen Mann, dessen Identität weiterhin nicht genannt wurde. Danach lief der Mann auf das Parlament zu, erstach dort einen Polizisten und gelangte bis in den Innenhof, wo er von Sicherheitsleuten erschossen wurde.

3D-Bild vom Londoner Parlament

Grafik: Google Earth/ORF.at

Die Orte des Attentats vom Mittwoch

Der Tatort, unmittelbar zu den Füßen von Big Ben, ist eine der bekanntesten Londoner Sehenswürdigkeiten. Unter den Verletzten sind viele Touristen, laut Mays Angaben unter anderen zwölf Briten, drei französische Schüler, zwei Rumänen, vier Südkoreaner, zwei Griechen und jeweils eine Person aus Deutschland, Polen, Irland, China, Italien und den USA. Einige Opfer unter den 40 teils lebensgefährlich Verletzten sind weiterhin nicht identifiziert.

Kämpferische Rede

Vor allem war Mays Rede von politisch-kämpferischem Tonfall geprägt. „Wir haben keine Angst, und unsere Entschlossenheit wird angesichts des Terrorismus niemals wanken“, sagte sie, nachdem sie mit den Abgeordneten eine Schweigeminute im Gedenken an die Opfer abgehalten hatte. Demonstrativ hatte das Parlament daran festgehalten, die schon lange für Donnerstag vorgesehene Sitzung wie geplant abzuhalten.

Theresa May

APA/AFP/Ho

May am Donnerstag vor dem britischen Parlament

An der Parlamentssitzung nahm auch der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault teil. Er hatte zuvor die Angehörigen von drei französischen Schülern getroffen, die bei dem Anschlag ebenfalls verletzt wurden. Die beste Antwort auf Terrorismus seien „Millionen Akte der Normalität“ durch Millionen Menschen, die „ihr Tagewerk verrichten und ihre Leben weiterführen“.

Razzia in Birmingham

Auf die Diskussion über mögliche Versäumnisse der Behörden ging May nicht gesondert ein. Noch am Tag der Tat hatte der Umstand, dass der Täter nicht vor den Mauern des Parlaments gestoppt werden konnte, für Besorgnis und Kritik gesorgt. Das Tor des Parlaments, durch das der Attentäter in den Innenhof des Gebäudes gelangen konnte, war im Moment des Angriffs angeblich nicht bewacht gewesen. Vorschriftsgemäß war indes, dass der getötete Polizist nicht bewaffnet war.

Polizisten und Journalisten in Birmingham, London

APA/AFP/Paul Ellis

Polizeieinsatz in Birmingham

Die Polizei rief Zeugen auf, Filmaufnahmen und Fotos an die Ermittler zu senden. Zugleich bat sie Augenzeugen um Zurückhaltung. Sie sollten keine Bilder und Videos von Verletzten in Umlauf bringen. In der Nacht auf Donnerstag war ein Großaufgebot der Polizei in der Stadt Birmingham an jener Adresse im Einsatz, die der Täter bei der Anmietung des Tatfahrzeugs angegeben hatte. Laut Polizeiangaben wurden bei Einsätzen an sechs Orten in London, Birmingham und anderswo acht Personen verhaftet.

Queen: „Mein tiefes Mitgefühl“

Queen Elizabeth II. drückte unterdessen am Donnerstag den Opfern des Londoner Anschlags und ihren Angehörigen ihre Anteilnahme aus: „Meine Gedanken, Gebete und mein tiefes Mitgefühl sind bei denjenigen, die von der schrecklichen Gewalt gestern betroffen waren“, so die Queen.

Auf höchster politischer Ebene sorgte der Anschlag für zahlreiche Reaktionen. US-Präsident Donald Trump sprach mit May, neben zahlreichen anderen Staatsspitzen aus der ganzen Welt und Europa drückten Frankreichs Präsident Francois Hollande und die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel den Angehörigen der Opfer ihr Mitgefühl aus und versicherten, im Kampf gegen den Terror an der Seite Großbritanniens zu stehen.

Bundesregierung verurteilt Anschlag

Bundespräsident Alexander Van der Bellen, Bundeskanzler Christian Kern (SPÖ) und Vizekanzler Reinhold Mitterlehner (ÖVP) drückten ihr Mitgefühl für die Opfer und deren Angehörige aus. Van der Bellen schrieb auf Twitter, er verurteile das Attentat, sein Mitgefühl sei „bei den Opfern und deren Angehörigen“. „Meine Gedanken sind bei den Angehörigen der Opfer“, schrieb Kern. Mitterlehner verurteilte „den heimtückischen Anschlag“ in London.

Britsiche Fahne des House of Parliament in London auf Halbmast

APA/AP/Jonathan Brady

Der „Union Jack“ auf halbmast Donnerstagfrüh in London

Der Anschlag von London ereignete sich auf den Tag genau ein Jahr nach den Terrorattacken von Brüssel. Drei islamistische Selbstmordattentäter rissen am 22. März 2016 auf dem Flughafen und in der U-Bahn 32 Menschen mit in den Tod und verletzten mehr als 300 weitere. Beim letzten Terroranschlag in London hatten im Juli 2005 vier Islamisten in der Londoner U-Bahn und einem Bus Sprengsätze gezündet. 56 Menschen starben, etwa 700 wurden verletzt.

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