Twitter-Tirade in Wahlkampftonfall
Als wäre er in Wahlkampfhöchstform, schießt US-Präsident Donald Trump derzeit scharfe Attacken gegen seinen Vorgänger Barack Obama. In seiner aktuellen Twitter-Tirade schreibt er über die Gesundheitsreform „Obamacare“ („totales Desaster“), Obamas Russland-Politik („Schwach!“) und die Entlassung von Guantanamo-Häftlingen („Eine weitere furchtbare Entscheidung“).
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„122 böse Gefangene, von der Obama-Regierung aus Guantanamo freigelassen, sind aufs Schlachtfeld zurückgekehrt“, schrieb Trump Dienstagfrüh (Ortszeit) - und stützte sich bei diesem Anwurf auf falsche Zahlen. Zwar sind laut Statistik des Nationalen Geheimdienstdirektors tatsächlich 122 von insgesamt 693 Ex-Häftlingen in den terroristischen Kampf zurückgekehrt, nur neun davon wurden aber in der Amtszeit Obamas entlassen.
Die deutliche Mehrheit von 113 wurde bereits unter dessen Vorgänger, dem Republikaner George W. Bush, aus dem umstrittenen Gefangenenlager auf Kuba in andere Länder überstellt. Trump hatte seine falschen Schlussfolgerungen nur eine halbe Stunde nach einem Tweet des von ihm favorisierten konservativen Senders Fox News gezogen, der über einen im Jemen getöteten Ex-Guantanamo-Häftling berichtete.
Trump bei Streit um Abhörvorwürfe in Defensive
US-Medien werten die neuen Stänkereien als Trumps Reaktion auf den von ihm am Wochenende losgetretenen Streit um Abhörvorwürfe. Trump hatte seinem Vorgänger am Samstag auf Twitter vorgeworfen, er habe ihn vor der Wahl im Trump-Tower abhören lassen. Belege dafür gibt es nicht, vermutlich bezog sich Trump auf Berichte in rechtsgerichteten Medien der vergangenen Tage. In einer Serie wütender Tweets schrieb Trump unter anderem: „Wie tief ist Präsident Obama gesunken, meine Telefone während des heiligen Wahlprozesses anzuzapfen. Böser (oder kranker) Typ!“
Obama und mehrere frühere Geheimdienstverantwortliche wiesen die Vorwürfe zurück. Obama ließ am Samstag über seinen Sprecher mitteilen, weder er selbst noch seine Mitarbeiter im Weißen Haus hätten jemals das Abhören von US-Bürgern angeordnet. Der frühere Geheimdienstdirektor James Clapper sagte am Sonntag auf NBC, es habe keinerlei Abhöraktivitäten gegen Trump oder seine Wahlkampagne gegeben. Der ehemalige Chef des Auslandsgeheimdiensts CIA, Leon Panetta, warf Trump vor, durch die Anschuldigungen von den umstrittenen Russland-Verbindungen seines Umfelds ablenken zu wollen. „Sie versuchen, etwas zu verbergen“, sagte Panetta auf CBS.
Kongress folgt Trump
Trumps Sprecher Sean Spicer teilte am Sonntag mit, der Präsident habe den Geheimdienstausschuss des Abgeordnetenhauses aufgefordert, nun mögliche „politisch motivierte Ermittlungen kurz vor der Wahl“ zu untersuchen.
Der Ausschussvorsitzende Devin Nunes teilte daraufhin mit, das Gremium werde im Zuge der Untersuchung zur russischen Einflussnahme auf den US-Wahlkampf auch mögliche „Überwachungsaktivitäten gegen Wahlkampfmitarbeiter oder Unterstützer jeglicher politischer Partei“ prüfen. Trumps Vorwürfe gegen Obama erwähnte Nunes dabei nicht ausdrücklich. Auffällig war, dass am Wochenende kaum ein Politiker aus Trumps Republikanischer Partei die Vorwürfe des Präsidenten unterstützte oder verteidigte.
Scharfe Kritik von Demokraten
Der Anführer der oppositionellen Demokraten im Geheimdienstausschuss des Abgeordnetenhauses, Adam Schiff, kritisierte Trump scharf: Der Präsident gebe „schrillste und destruktivste Erklärungen“ ab, ohne dafür auch nur den „geringsten Beweis“ vorzulegen.
Trump nahm in seiner Twitter-Tirade auch Bezug auf die Kritik an den Kontakten seines Umfelds zum russischen Botschafter in den USA. Trumps Justizminister Sessions steht unter Druck, weil er gegenüber dem Senat seine Kontakte mit dem Kreml-Vertreter während des Wahlkampfs verschwiegen hatte. Moskaus Botschafter Sergej Kisljak sei in Obamas Regierungszeit 22-mal im Weißen Haus zu Gast gewesen - „derselbe russische Botschafter, den Jeff Sessions getroffen hat“, schrieb Trump.
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