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Verweis auf Rechtsstaat

Das Paket zur Verschärfung des Fremdenrechts hat am Dienstag den Ministerrat passiert. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) und Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) verteidigten es danach im Pressefoyer im Bundeskanzleramt. Der Vorschlag solle der aktuellen Einwanderungssituation Rechnung tragen und die Möglichkeit zur Rückführung ausweiten, so die Minister.

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Falls rechtskräftig abgelehnte Asylwerber dabei nicht mitwirken, ist künftig die Streichung der Grundversorgung möglich. Vorgesehen ist zudem die Verlängerung der Schubhaft. Ihre Höchstdauer soll auf 18 Monate angehoben werden. Derzeit sind höchstens zehn Monate innerhalb von eineinhalb Jahren möglich. Erhöht werden die Strafen, wenn jemand durch falsche Angaben zu einem Aufenthaltstitel kommt. Der Strafrahmen beläuft sich nunmehr auf 1.000 bis 5.000 Euro bzw. drei Wochen Ersatzhaft.

Noch höher sind die Strafen, wenn man das Land trotz aufrechten Bescheids und der Möglichkeit dazu nicht verlässt oder widerrechtlich nach Österreich zurückkehrt. 5.000 bis 15.000 Euro werden dann fällig oder aber sechs Wochen Ersatzhaft. Abgelehnte Asylwerber sollen sofort aus der Grundversorgung fallen, wenn bei ihnen nicht besondere Rücksichtnahme erforderlich ist. Einzig eine medizinische Betreuung sehen die Pläne vor. Überdies sollen rechtliche Grundlagen für gemeinnützige Arbeit von Asylwerbern im Bereich von Bund, Ländern und Gemeinden geschaffen werden.

Sobotka will Rückkehrzentren in Bundesländern

Sobotka sprach von einem umfangreichen, lange diskutierten Paket. Es gehe darum, die Rechtsstaatlichkeit und die Um- und Durchsetzung gesetzlicher Vorgaben zu gewährleisten. Den Schleppern wolle man signalisieren, dass ein ordnungswidriges Einreisen und das Täuschen der Behörden nicht toleriert werde.

Für Doskozil stand das Thema Rückführung im Mittelpunkt, und zwar für jene Personen, bei denen ein rechtskräftig negativer und auch durchsetzbarer Asylbescheid vorliege, die Rückführung in den Herkunftsstaat also auch möglich sei. Im parlamentarischen Prozess gelte es jetzt noch zu überlegen, wie man für Rückkehrzentren und eine optionale Gebietsbeschränkung sorgen könne. Sobotka will diese Zentren in den Sondertransitzonen der Flughäfen, letztlich aber auch in jedem Bundesland etablieren. Dort sollen jene festgehalten werden, die trotz negativen Bescheids, Rückkehrberatung und auch Verwaltungsstrafe die Ausreise verweigern.

Kritik an drohender Obdachlosigkeit

Kritik an den Plänen kam unter anderem vom UNHCR. Das UNO-Flüchtlingshochkommissariat appellierte an die Parlamentarierinnen und Parlamentarier, „vor allem jene Regelungen nochmals zu überdenken, die Einschnitte bei der Grundversorgung für Asylsuchende mit sich bringen“. Der aktuelle Entwurf sehe den automatischen Verlust der Grundversorgung für bestimmte Asylsuchende vor, selbst wenn diese noch in einem laufenden Asylverfahren sind.

Nach einem beschleunigten erstinstanzlichen Asylverfahren könnte daher die Grundversorgung enden, obwohl das Gericht den Fall noch nicht abschließend geprüft hat. „Egal ob Familien mit Kindern oder Kranke – sie alle könnten bei Wegfall der Grundversorgung von einem Tag auf den anderen ohne jedwede Versorgung auf der Straße stehen. Aus Sicht von UNHCR wäre diese Regelung höchst bedenklich“, so Christoph Pinter, Leiter von UNHCR Österreich. Ähnliche Bedenken kamen aus der SPÖ selbst. Der Wiener Flüchtlingskoordinator Peter Hacker befürchtete, dass Tausenden Flüchtlingen ohne Aufenthaltsrecht die Obdachlosigkeit drohe. Ähnliche Bedenken kamen von der Volkshilfe, der Caritas und der Diakonie.

Regierung weist Bedenken zurück

Doskozil wollte die Kritik seines Parteifreundes allerdings nicht gelten lassen. „Ich nehme einmal für mich in Anspruch, dass ich mich in Asyl- und Migrationsfragen auch entsprechend auskenne.“ Er gehe davon aus, dass durch die Pläne die Rückführungen und Außerlandesbringungen zunehmen würden, so der Minister noch vor dem Ministerrat. Natürlich müsse gewährleistet sein, dass seitens der Länder eine gewisse Versorgung sichergestellt sei, etwa im medizinischen Bereich.

Innenminister Sobotka wies Hackers Kritik ebenfalls scharf zurück: Die Stadt Wien sollte „ihren Ehrgeiz darauf legen“, Leute zur Ausreise zu ermuntern, die kein Recht hätten, in Österreich zu sein. „Wer macht den Rechtsbruch? Ich oder die, die nicht außer Landes gehen?“, fragte Sobotka. „Ich bin für die Durchsetzung des Rechtsstaates verantwortlich“, so der Innenminister.

Opposition skeptisch

Die grüne Menschenrechtssprecherin Alev Korun appellierte an die Bundesregierung, für bessere und schnellere Asylverfahren zu sorgen, statt ständig nach der Schlagzeile mit dem neuesten Verschärfungspaket zu schielen. Die Grünen wünschen sich dazu auch ein öffentliches Expertenhearing im Innenausschuss.

NEOS attestierte der Regierung, „zum wiederholten Male Scheinlösungen“ zu präsentieren. Zwar müsse es bei Falschangaben oder der Ausreiseweigerung Konsequenzen geben. „Wer allerdings glaubt, dass höhere Geldstrafen hier zu einer ernsthaften Verbesserung beitragen werden, der gaukelt der Bevölkerung etwas vor“, so NEOS-Klubobmann Nikolaus Scherak in einer Aussendung. Ein bedingtes Lob kam hingegen vom Team Stronach (TS). Die Richtung stimme, „wenn auch viele Details noch ungeklärt sind“, so TS-Klubobmann Robert Lugar. Er verlangte aber Wartecamps für abgelehnte Asylwerber.

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