Beatty hoffte vergeblich auf gute Faye
Was hat es bei den Oscars nicht schon alles gegeben: zensurierte Brandreden, unzensurierte Blamagen, persönliche Dramen, benebelte Präsentatoren und Preisträger und unzählige andere Skandälchen und Skandale. Die Prämierung eines falschen besten Films wie heuer gab es aber noch nie. Ein doppeltes Kuvert war daran schuld. Dass es das Kuvert doppelt gab, war Absicht - wie all die Jahre davor.
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Schon seit 83 Jahren wickelt die Treuhänderfirma PricewaterhouseCoopers (PwC) die Stimmenauszählung der Akademiemitglieder in 24 Kategorien ab. Seit Jahren stehen die PwC-Mitarbeiterin Martha Ruiz und ihr Kollege Brian Cullinan dann am Abend der Gala jeweils links und rechts hinter der Bühne, beide mit einem kompletten Satz der geheimen Siegerkärtchen in ihren Aktentaschen. Dabei wurde heuer statt der wahren Siegerkarte für „Moonlight“ eine „La La Land“-Karte doppelt verteilt.
Dunaway entscheidet schnell - und falsch
Die Ironie an der Panne ist, dass das doppelte System gerade der Vermeidung von Pannen dienen soll: Wer bei der Verleihung von links und wer von rechts auf die Bühne geht und erst im letzten Moment das Kuvert in die Hand bekommt, ist zwar streng festgelegt. Falls aber etwas schiefgeht, soll zur Sicherheit auch auf der anderen Seite ein Siegerkuvert bereitliegen. Diesmal kam Leonardo DiCaprio von links und gab den Preis für Emma Stone als beste Schauspielerin in „La La Land“ bekannt - und Warren Beatty danach von rechts mit derselben Karte.

Reuters/Lucy Nicholson
Moderator Jimmy Kimmel, Schauspieler Warren Beatty und das „Beweisstück“
Beatty öffnete bei der Prämierung des besten Films sein Kuvert, sah eine Karte mit „Emma Stone/La La Land“ vor sich und wandte sich hilfesuchend und stotternd an Partnerin Faye Dunaway, der er die Karte gab. Die entschied in einem Sekundenbruchteil, es müsse sich bei „Emma Stone“ um einen Druckfehler handeln, und verkündete als Sieger „La La Land“. Der Erste, dem der Irrtum auffiel, war „La La Land“-Produzent Jordan Horowitz, der während seiner Siegesrede noch einmal einen Blick auf das Kärtchen warf.
„Lebenslanges“ Abo von Kimmel für Oscars?
Wenig später war das Chaos schon perfekt. Die Crews beider Filme mischten sich auf der Bühne, mit Dunaway und Beatty ratlos dazwischen - plus Sicherheitsleuten, die Beatty die falsche Karte abnehmen wollten. Der Schauspielveteran verteidigte sie aber standfest, um später beweisen zu können, dass die Blamage nicht auf seine Kosten ging. Präsentator Jimmy Kimmel sprang in die Bresche und rettete feixend die Situation.
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Ein guter, aber kein bester Film
Die Schauspiellegenden Faye Dunaway und Warren Beatty wurden mit der falschen Siegerkarte auf die Bühne geschickt, wollten die Situation selbst retten - und gaben den falschen Siegerfilm bekannt.
„Ich mache Steve Harvey dafür verantwortlich“, witzelte Kimmel und löste damit die Spannung. Der Moderator Harvey machte letztes Jahr mit der Verkündung der falschen Miss-Universe-Gewinnerin Schlagzeilen. Später meinte Kimmel noch: „Ich wusste, ich würde die Show verbocken. Ich verspreche, dass ich nicht zurückkomme.“ Nach Meinung vieler Kommentatoren soll jedoch genau das Gegenteil geschehen. So schlagfertig wie Kimmel hätten wohl wenige reagiert, lautete der Tenor. AP forderte gar ein „lebenslanges“ Abo Kimmels auf die Oscar-Nacht.
Humor bewiesen auch die Miss-Universe-Macher. Nur Augenblicke nach Kimmels Witz setzten sie den Tweet ab: „Sagt euren Leuten, dass sie unsere Leute anrufen sollen - wir wissen, was zu tun ist.“ Hinter den Kulissen scherzte Kenneth Lonergan, Regisseur von „Manchester by the Sea“, eigentlich habe ohnehin sein Film gewonnen.
PwC gesteht Fehler ein
Wenig später entschuldigte sich PwC zähneknirschend bei allen Beteiligten und gestand die Kuvertvertauschung ein: „Wir untersuchen derzeit, wie das geschehen konnte, und bedauern zutiefst, dass die passiert ist. Wir danken dafür, wie würdevoll die Nominierten, die Academy, (der für die Übertragung zuständige TV-Sender, Anm.) ABC und Jimmy Kimmel mit der Situation umgegangen sind“, so das Statement von PricewaterhouseCoopers.
Die 2017er-Oscars hatten damit ganz zum Schluss einer eher routinierten bis langweiligen Gala ihren definierenden Moment bekommen, der wider Erwarten gar nichts mit dem Widerstand Hollywoods gegen US-Präsident Donald Trump zu tun hatte. Von einem „Instant-Klassiker“ schrieb AP und sah „einen der peinlichsten Momente in der Geschichte der Oscars, des Fernsehens und, was soll’s, vielleicht sogar der amerikanischen Geschichte“.
Weitere Panne: Falsches Foto von Verstorbener
Es war aber nicht die einzige Panne des Abends. Bei der Würdigung der Verstorbenen des vergangenen Jahres wurde das Foto einer Frau eingeblendet, die sich bester Gesundheit erfreut. Für die 2016 verstorbene Kostümbildnerin Janet Patterson wurde das Foto von Jan Chapman eingeblendet. „Ich war am Boden zerstört, dass sie mein Foto anstatt des Fotos meiner großartigen Freundin und langjährigen Mitarbeiterin Janet Patterson benutzt haben“, sagte die australische Produzentin Chapman dem Branchenmagazin „Variety“.
Zudem sei es „sehr enttäuschend“ gewesen, dass der Fehler nicht richtiggestellt worden sei, sagte die 66-Jährige - schließlich sei Janet eine „große Schönheit“ gewesen und viermal für einen Oscar nominiert gewesen. Patterson und Chapman hatten unter anderem bei dem Film „Das Piano“ von 1993, der drei Oscars gewonnen hatte, zusammengearbeitet. Die Kostümbildnerin war am 21. Oktober 2016 im Alter von 60 Jahren in Australien gestorben.
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