Auch Rot-Weiß-Rot-Karte-Inhaber zählen
Ungeachtet kleinerer Scharmützel der vergangenen Tage hat sich die Koalition doch schon jetzt auf den im erneuerten Regierungsprogramm vereinbarten Beschäftigungsbonus verständigt. Die entsprechende Regierungsvorlage passierte bereits am Dienstag den Ministerrat.
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Umgesetzt werden im Wesentlichen die zuletzt von Kanzler Christian Kern (SPÖ) präsentierten Vorschläge. Beim Beschäftigungsbonus geht es darum, dass den Dienstgebern über drei Jahre für zusätzlich beschäftigte Mitarbeiter die Lohnnebenkosten zur Hälfte erlassen werden. Freilich wird nicht jeder zusätzliche Arbeitsplatz gefördert.
Mehrere Bedingungen
Die aufgenommene Person muss entweder arbeitslos gemeldet gewesen sein, den Job wechseln, aus einer österreichischen Ausbildungsstätte kommen oder - und das ergänzt die Kern-Pläne - sie muss ein Beschäftigungsverhältnis auf Basis einer Rot-Weiß-Rot-Karte vorweisen. Insgesamt haben diese Bestimmungen zur Folge, dass bei der Neubeschäftigung von Personen, die erst nach Österreich zuwandern, keine Förderung möglich ist.
Als Referenzwerte werden die Beschäftigtenstände zum Zeitpunkt der Antragstellung sowie zwölf Monate davor herangezogen. Um förderungsfähig zu sein, muss im Vergleichszeitraum ein Zuwachs an Beschäftigungsverhältnissen von zumindest einem zusätzlichen Vollzeitäquivalent vorliegen. Für Unternehmen, die erst im Laufe der letzten zwölf Monate vor Antragstellung gegründet wurden, gilt als Berechnungsgrundlage ein Mitarbeiterstand von null. Die Beschäftigungsdauer muss zumindest sechs Monate betragen.
Kern glaubt, dass Regelung EU-rechtlich hält
Bundeskanzler Kern sagte noch vor dem Beschluss im Ö1-Morgenjournal, er gehe davon aus, dass sein auf einheimische Arbeitnehmer fokussierter Beschäftigungsbonus mit EU-Recht vereinbar ist. Er verwies dabei auf die umstrittene deutsche Pkw-Maut: „Da ist eine Konstruktion gewählt worden, die die EU akzeptiert.“ Gegen die Pkw-Maut hat Österreich allerdings Bedenken in Brüssel angemeldet.
Kern wies Kritik zurück, wonach die Maßnahme EU-Ausländer diskriminiere. „Wir können ja gar keine Ausländerbremsen machen, wir sind ja Teil der Europäischen Union.“ Wenn aber die Arbeitslosigkeit wegen des Zuzugs von EU-Ausländern auf den Arbeitsmarkt steige, dann müsse Österreich seine Interessen verteidigen - Audio dazu in oe1.ORF.at. Der SPÖ-Chef verwies darauf, dass es 180.000 Entsendungen aus dem EU-Ausland gebe und es dabei zu Lohndumping komme. Wenn Strafen ausgesprochen würden, seien diese „kaum einzuheben“, weil die Sitzstaaten der entsendenden Unternehmen nicht kooperierten.
„Ergänzt“ um ÖVP-Vorschläge
Der Kanzler wies die Darstellung der ÖVP zurück, dass er einen Schwenk vollzogen habe. „Der Vorschlag ist immer noch der gleiche“, so Kern. Er sei vielmehr „ergänzt“ worden um Vorschläge der ÖVP, verwies er auf die Ausweitung der Anspruchsberechtigten. Ursprünglich wollte Kern die Registrierung beim Arbeitsmarktservice (AMS) als Anknüpfungspunkt - und Weg zum Ausschluss von zuziehenden EU-Ausländern - nehmen. Nunmehr sind auch Absolventen einer österreichischen Ausbildungsstätte, Jobwechsler und Personen mit Rot-Weiß-Rot-Karte umfasst.
Kern wies Befürchtungen zurück, dass Österreicher mit ausländischem Schulabschluss nicht für den Beschäftigungsbonus infrage kommen, der einen Erlass der Hälfte der Lohnnebenkosten für einen Zeitraum von drei Jahren vorsieht. „Ich denke, dass sie von unserem Vorschlag umfasst werden.“ Man müsse das aber „im Detail prüfen“. Gegen Kritik der Gewerkschaft verteidigte der SPÖ-Chef auch, dass Teilzeitjobs ebenfalls in den Genuss der Förderung kommen sollen. Das sei „legitim“, aber: „Mir sind Vollzeitjobs lieber als Teilzeitjobs.“
Der Beschäftigungsbonus solle Unternehmen erleichtern, „Menschen Arbeit zu geben“, sagte Kern. Zusätzlich soll durch die niedrigeren Lohnnebenkosten auch „die Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen“ gegenüber ausländischen Konkurrenten verbessert werden. Schließlich gehe es bei der Maßnahme auch um „Psychologie“.
Keine Doppelförderung
Doppelförderungen sollen durch die Regelung jedenfalls vermieden werden. Daher wird für einen Beschäftigten, für den eine Lohnnebenkostenförderung gemäß Start-up-Förderung bezogen wird, nicht gleichzeitig auch ein Beschäftigungsbonus gewährt. Betriebe, die dem Sektor Staat zugerechnet werden, können nicht gefördert werden.
Die Antragstellung ist ab 1. Juli möglich und hat grundsätzlich vor Schaffung des ersten zu fördernden zusätzlichen Arbeitsplatzes zu erfolgen. Die Kosten über den kommenden Finanzrahmen 2018-21 belaufen sich auf zwei Mrd. Euro. Nach spätestens zwei Jahren erfolgt gemäß Wunsch des Finanzministeriums eine Evaluierung. Abgewickelt wird das Förderprogramm nicht nur über die Austria Wirtschaftsservice GmbH (aws) sondern auch über die Österreichische Hotel- und Tourismusbank (ÖHT).
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