Hilfsorganisationen schlagen Alarm
Im Norden des afrikanischen Landes Südsudan herrscht nach Angaben der Vereinten Nationen (UNO) eine verheerende Hungersnot. Mehr als 100.000 Einwohner in Teilen des Staates Unity seien betroffen, erklärten die UNO-Ernährungs- und -Landwirtschaftsorganisation (FAO), das UNO-Kinderhilfswerk (UNICEF) und das UNO-Welternährungsprogramm (WFP) am Montag.
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Erstmals seit sechs Jahren (2011 in Somalia) hat die UNO offiziell eine Hungersnot erklärt. Die UNO spricht dann von einer akuten Hungersnot, wenn Menschen bereits an Unterernährung gestorben sind. In anderen Regionen des Südsudan sind den Angaben nach eine Million Menschen von einer Hungersnot bedroht.
Fast jeder Zweite braucht Hilfe
Auch die Regierung des Südsudan erklärte für mehrere Regionen des Landes den Hungernotstand. Nach mehr als drei Jahren Bürgerkrieg benötige fast die Hälfte der Bevölkerung Lebensmittelhilfen, teilte der Leiter des nationalen Statistikbüros, Isaiah Chol Aruai, am Montag mit.

Reuters/Siegfried Modola
Ein Kind beobachtet den Abwurf von Hilfspaketen des UNO-Welternährungsprogramms
Die mit dem Bürgerkrieg einhergehenden hohen Lebensmittelpreise, die Wirtschaftskrise und eine geringe Agrarproduktion hätten dazu geführt, dass 4,9 Millionen Menschen Hunger litten - das sind 42 Prozent der Bevölkerung. Etwa 7,5 Millionen Menschen sind dort nach Schätzungen der Organisationen auf humanitäre Hilfe angewiesen, wie es in einer Mitteilung des UNO-Nothilfebüros (OCHA) vom Montag hieß.
1,5 Millionen auf der Flucht
Es handle sich um die „schlimmste Hungerkatastrophe“ seit Beginn der Kämpfe vor mehr als drei Jahren. Der Südsudan war erst 2011 mit der Unterstützung der USA unabhängig geworden. Aber schon im Dezember 2013 eskalierte ein lange schwelender Machtkampf zwischen Präsident Salva Kiir und seinem damaligen Stellvertreter Riek Machar.

APA/ORF.at
Seitdem wurden bei Kämpfen und ethnisch motivierten Massakern Zehntausende Menschen getötet. Unterdessen sind bereits mehr als 1,5 Millionen Menschen auf der Flucht. Laut UNO-Flüchtlingshochkommissariat (UNHCR) ist das eine der größten Flüchtlingskrisen weltweit. Durch die Kämpfe seien im Südsudan 2,1 Millionen Menschen zu Vertriebenen im eigenen Land geworden, so das UNHCR. Der Südsudan hat laut Weltbank-Angaben gut zwölf Millionen Einwohner.

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Menschen warten auf Nahrungsmittelhilfe
Es gebe im ganzen Land keine sicheren Gebiete mehr, sagte UNHCR-Sprecher William Spindler. 60 Prozent der Flüchtenden seien Kinder, die teils schwer unterernährt in Nachbarländern wie Uganda, Äthiopien, dem Sudan und Kenia ankämen. Die Länder seien selbst arm und mit der Hilfe überfordert. Angesichts der Flüchtlingskrise rufen 137 örtliche und internationale Hilfsorganisationen, die im Südsudan aktiv sind, zu Spenden in Höhe von 1,6 Milliarden Dollar (1,5 Mrd. Euro) für notleidende Menschen im Südsudan auf.
Fünf Alarmstufen
Unter dem Eindruck der Hungerkatastrophe 1984/85 in Äthiopien hat die FAO in Rom ein fünfstufiges Alarmsystem etabliert. Damals starben mehr als eine Million Menschen, weil Hilfslieferungen zu spät kamen. Akute Versorgungskrisen sollen zeitig erkannt werden. Die höchste Alarmstufe soll die Aufmerksamkeit der Weltöffentlichkeit wecken. Politische Vollmachten sind damit nicht verbunden.
- Stufe eins: Lebensmittelunsicherheit („Food Insecurity“)
- Stufe zwei: Stresssituation („Stressed“)
- Stufe drei: Hungerkrise („Crisis“) - zehn bis 15 Prozent der Kinder unterernährt, täglich sterben etwa ein, zwei von 10.000 Menschen an Unterernährung
- Stufe vier: Notsituation („Emergency“) - 15 bis 30 Prozent der Kinder sind unterernährt, täglich sterben ein, zwei von 10.000 Menschen
- Stufe fünf: Hungersnot („Catastrophe“) - mehr als 30 Prozent der Kinder sind unterernährt, täglich sterben zwei von 10.000 Menschen
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