In 45 Minuten durch 36 Ausstellungen
Sportliche New Yorker bevölkern nicht nur die Fitnessstudios, sondern nutzen derzeit auch das größte Museum des Landes, das Metropolitan Museum of Art, für ihre Workout-Runden. Begleitet von lauter Discomusik wird in der Waffenausstellung gestreched und der Po vor Gemälden europäischer Maler gekräftigt.
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Noch vor dem offiziellen Ausstellungsbeginn versammelt sich um 8.30 Uhr ein Grüppchen in bunten Sportoutfits vor den Türen des Museums. Noch bis 12. Februar können sportliche Kunstliebhaber von Donnerstag bis Sonntag an diesem ungewöhnlichen Workout teilnehmen. Ins Leben gerufen wurde das Programm von der Choreografin Monica Bill Barnes in Zusammenarbeit mit MetLiveArts.
Mit Elton John durch die Ausstellung
Barnes und ihre Kollegin Anna Bass, beide in auffälligen Glitzerkostümen und grauen Tennisschuhen gekleidet, führen durch den sportlichen Teil des Morgentrainings. Begleitet werden die Übungen von Erzählungen der Autorin Maira Kalman. Damit die anstrengenden Übungen leichter vonstattengehen, sorgen Disco-Evergreens wie „Stayin’ Alive“ von den Bee Gees oder „Don’t Go Breaking My Heart“ von Elton John für gute Stimmung.

Met Museum
„Vorturnerinnen“ Anna Bass und Monica Barnes
„Ich liebe dieses Museum, aber ich weiß manchmal nicht, was ich körperlich machen soll, wenn ich hier bin“, erzählt Barnes gegenüber dem Wirtschaftsmagazin „Bloomberg“. „Dieses Workout ist eine Möglichkeit für mich, mich in einem Raum zu bewegen, den ich näher kennenlernen will.“
In 45 Minuten geht es durch 36 Ausstellungen. In der Waffenausstellung ist Zeit für ein leichtes Dehnen, in der riesigen Gemäldesammlung europäischer Maler werden die Oberschenkel trainiert, bevor es weitergeht in die afrikanische Kunstabteilung, wo die Teilnehmer mit ausgestreckten Armen durch die Halle stolzieren. Spätestens jetzt zeigen sich die ersten Schweißtropfen bei den Teilnehmern.
Ein Event für „Einheimische“
Die drei Kilometer lange Joggingstrecke quer durch die 130.000 m² große Ausstellungsfläche wird begleitet von Tonbandaufnahmen der Autorin Kalman. Dabei stehen nicht die Kunstobjekte im Fokus, sondern sie erzählt über ihre eigene Beziehung zu dem Museum. Und immer wieder hallt es durch die sonst menschenleeren Ausstellungsräume „Keep moving!“ („Bewegt euch!“). „Das Workout hilft, die Schwelle zu einem breiteren Publikum zu überwinden“, sagt Limor Tomer, Direktor von MetLiveArts, gegenüber „Bloomberg“. Ganz billig ist dieser besondere Kunstgenuss jedoch nicht. Ein Ticket kostet 40 Dollar.

Met Museum
Beintraining inmitten antiker Statuen
Doch nicht alle im Museum dürften über die neuen Besucher informiert worden sein. Beim Lokalaugenschein von „New York Times“-Redakteurin Alexandra Levine wurde die Sportgruppe von kopfschüttelnden Museumsmitarbeitern dazu aufgefordert, die laute Musik auszuschalten. Andere wiederum wagten selbst ein Tänzchen durch die menschenleeren Hallen.
Speziell für „Einheimische“
„Wenn wir normalerweise in ein Museum gehen, dann sind wir meist geistig gefordert, aber nicht körperlich. Ich glaube, dass die Erinnerung daran, sich vor einer Statue aus dem Mittelalter bewegt zu haben, die Einstellung der Menschen zu Museumsbesuchen verändert“, zeigt sich Tomer vom Konzept überzeugt. Dass schon allein wegen der frühen Startzeit vornehmlich ansässige New Yorker mitmachen, freut vor allem Robie Saenz de Viteri, Kreativdirektor der Tanzkompanie Monica Bill Barnes & Company. „Wir reden immer davon, dass das Met ein Museum für die New Yorker ist, aber eigentlich ist es voll mit Touristen.“ Sein Programm sei speziell „für die Einheimischen“.
Die Tour endet im amerikanischen Flügel des Gebäudes, wo sich die Teilnehmer unter der gigantischen gläsernen Decke zur Abkühlung auf den kalten Marmorboden legen dürfen. Und der nackte Körper der vergoldete Diana von Augustus Saint-Gaudens ist Ansporn für die nächste Joggingtour durch das Museum.
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