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Notfalldekret erlassen

Die italienische Regierung hat ein Rettungspaket für die angeschlagene Bank Monte dei Paschi di Siena beschlossen. Das Kabinett erließ in der Nacht zu Freitag ein Notfalldekret, das die Bildung eines Fonds mit Mitteln in Höhe von 20 Milliarden Euro anordnet, hieß es in einer Mitteilung der Regierung.

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Das Ziel der Intervention des Staates sei, die Ersparnisse von Bürgern so weit wie möglich zu schützen und Italiens Bankensektor zu stärken, sagte Ministerpräsident Paolo Gentiloni bei einer Pressekonferenz. Nun muss die Bank die Hilfen noch in Anspruch nehmen.

Berg fauler Kredite

Die mehr als 500 Jahre alte Bank Monte dei Paschi, das drittgrößte Institut des Landes, ächzt unter einem fast 46 Milliarden Euro schweren Berg fauler Kredite, die nun teils abgestoßen werden sollen. Um die dabei entstehenden Verluste auszugleichen, hatte das Institut gemäß Sanierungsplan versucht, fünf Mrd. Euro neues Kapital zu gewinnen. Die Bank konnte aber lediglich durch einen Umtausch von Anleihen in Aktien zwei Mrd. Euro an Kapital in das Rettungspaket pumpen.

Kein Ankerinvestor gefunden

Für großen Schock sorgte am Mittwoch die Nachricht, dass Monte dei Paschi keinen Ankerinvestor finden konnte. Ein solcher großer Geldgeber hätte eine große Last bei der laufenden Kapitalerhöhung schultern sollen. Konkret hatte Monte dei Paschi den katarischen Staatsfonds im Blick gehabt. Dieser hätte eine Milliarde geben sollen, lehnte aber ab.

Bank Monte dei Paschi in Siena

Reuters/Stefano Rellandini

Die Banca Monte dei Paschi di Siena ist die älteste noch existierende Bank der Welt

In einer weiteren Hiobsbotschaft erklärte die Bank am Mittwoch, dass ihr das Geld früher ausgehe als gedacht. Die flüssigen Mittel könnten nur noch für vier Monate reichen, hieß es in einer Kapitalmarktmitteilung. Bisher hatte das schwer angeschlagene Geldhaus aus Siena angegeben, dass das Geld noch für elf Monate ausreiche. Zum Stichtag 16. Dezember hatte Monte dei Paschi 10,6 Mrd. Euro an Liquidität.

Paket bedeutet faktisch Verstaatlichung

Bereits am Mittwoch ließ sich die Regierung vom Parlament ein 20 Mrd. schweres Bankenrettungspaket absegnen. Von diesem Paket profitiert die Monte dei Paschi nun als erste Bank. Die Regierung erwarte nun, dass Monte dei Paschi um die Freigabe der Staatshilfe bitte, um zu gewährleisten, dass die Bank den Rettungsplan weiter verfolgen kann, sagte Finanzminister Pier Carlo Padoan.

„Die drittgrößte Bank Italiens wird wieder vollständig die Kraft erlangen, um zu operieren“, sagte Padoan. Eine Intervention des Staates bedeutet die faktische Verstaatlichung des Geldhauses. Das Rettungspaket dürfte aber auch anderen angeschlagenen Instituten zugute kommen.

Anleger erleichtert

Die Intervention der Regierung zielt auf das Kapital und die Liquidität ab. Nachdem die private Rettung von Monte dei Paschi durch den Verkauf neuer Aktien und den Umtausch von Anleihen in Aktien nicht erzielt werden konnte, bleibt der Bank nur noch die Staatshilfe. Der Verwaltungsrat beschrieb den Zustand der Bank in einer Mitteilung am Donnerstagabend als „heikel“.

Mit Erleichterung reagierten Anleger am Freitag auf die staatliche Hilfe. Der italienische Bankenindex stieg um 1,3 Prozent. Mit Kursgewinnen von jeweils 1,4 Prozent gehörten die HVB-Mutter UniCredit und Intesa Sanpaolo - Nummer eins und zwei der dortigen Finanzbranche - zu den Favoriten. Monte Paschi blieben dagegen vom Handel ausgesetzt.

Hohe Verluste wegen riskanter Deals

Die Bank Monte dei Paschi di Siena wurde 1472 gegründet und gilt als das älteste noch operierende Geldhaus der Welt. Das Traditionshaus aus der Toskana steht im Zentrum der italienischen Bankenkrise. In der Schuldenkrise in Europa ist das Geldhaus in Schieflage geraten und hat sich seitdem nicht erholt.

Riskante Deals hatten der Bank hohe Verluste eingebracht, sie musste bereits mit mehreren Milliarden Euro an Staatshilfen gestützt werden. 2007 übernahm sie die Konkurrentin Antonveneta und zahlte dafür rund das Doppelte des geschätzten Wertes. Kurz danach wurden Spitzenmanagern der Bank Betrug und Missbrauch von Geldern vorgeworfen.

In den nächsten Jahren fuhr die Bank teils horrende Verluste ein und unterwarf sich einem strengen Sparplan. 2015 gelang erstmals wieder ein Gewinn. Trotz zweier Rettungsaktionen durch den Staat und mehrerer Kapitalerhöhungen blieb die Lage wackelig. Das Geldhaus fiel mehrmals durch den Bankenstresstest der Europäischen Zentralbank (EZB), weil es die Kapitalanforderungen in den Testszenarien nicht erfüllte. Im Sommer gelang die Rettung der Bank. Er setzt einen Fokus auf die geplatzten Kredite des Instituts.

Nicht die einzige Krisenbank

Monte dei Paschi ist aber bei Weitem nicht die einzige Krisenbank in Italien. Laut „Financial Times“ brauchen neben der Banca Popolare di Vicenza, der Veneto Banca und der Banca Carige auch vier kleinere Banken dringend frisches Kapital.

Grafik zur italienischen Bank Monte dei Paschi di Siena

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA/Handelsblatt

Die EU-Regeln verbieten mittlerweile eigentlich staatliche Rettungsaktionen für Banken. Bevor der Steuerzahler zur Kasse gebeten wird, sollen nach europäischen Abwicklungsregeln zunächst die Gläubiger von Anleihen mit Verlusten rechnen. Das Problem in Italien ist, dass viele Kleinanleger ihre Ersparnisse in diese Papiere gesteckt haben.

EU-Kommission prüft italienische Hilfe

Die EU-Kommission will die italienischen Staatshilfen nun unter die Lupe nehmen. Man arbeite mit der Regierung und den Aufsichtsbehörden zusammen, um zu klären, ob die Bedingungen für Staatshilfe im Einklang mit EU-Recht erfüllt seien, teilte eine Sprecherin der Brüsseler Behörde am Freitag mit.

Die Staatshilfen müssten nach den Beihilferegeln der EU auf Basis eines stabilen Sanierungsplans genehmigt werden. „Wir werden natürlich das Ziel der italienischen Behörden voll unterstützen, den italienischen Bankensektor im Einklang mit EU-Recht weiter zu stärken.“ Kritiker fürchten, dass durch den Fall Monte dei Paschi ein Präzedenzfall entstehen könnte.

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