Angriffe auf PKK-Stellungen im Nordirak
44 Menschen sind am Wochenende bei einem Doppelanschlag im Zentrum Istanbuls ums Leben gekommen - die Mehrzahl von ihnen waren Sicherheitskräfte. Präsident Recep Tayyip Erdogan hatte am Sonntag unmissverständlich klargemacht, dass die Attentäter „einen hohen Preis zahlen“ würden.
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Noch am Sonntagabend bombardierte die türkische Luftwaffe PKK-Stellungen im Nordirak. Kampfflugzeuge hätten das Hauptquartier der kurdischen Rebellen in der nordirakischen Region Sap sowie nahe gelegene Bunker und Geschützstellungen zerstört, hieß es am Montag. Die Zahl der Todesopfer nach den schweren Explosionen am Samstagabend vor dem Besiktas-Stadion und in einem Park in Istanbul erhöhte sich unterdessen auf 44.

APA/AFP/Pressedienst der türkischen Präsidentschat/Adem Altan
Erdogan am Krankenbett eines verwundeten Polizisten
Es handle sich um 36 Polizisten und acht Zivilisten, teilte Gesundheitsminister Recep Akdag am Montag mit. Nach Angaben des Innenministeriums war eine Autobombe im Stadtteil Besiktas gegen Polizisten gezündet worden, der zweite Anschlag sei von einem Selbstmordattentäter verübt worden. Zu den Anschlägen bekannten sich die Freiheitsfalken Kurdistans (TAK), eine Extremistengruppe, die der verbotenen Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) nahestehen soll.
„Terrororganisationen eliminieren“
Innenminister Süleyman Soylu kündigte am Montag erneut einen entschlossenen Kampf gegen den Terror an. Aufgabe der Regierung sei es, „Terrororganisationen“ und ihre „Marionetten“ aus der Region „für immer zu eliminieren“, sagte er. Europäische Diplomaten legten unterdessen gemeinsam mit dem Bürgermeister von Besiktas Blumen am Anschlagsort nieder. Erdogan hatte dem Westen immer wieder vorgeworfen, die PKK zu unterstützen.

APA/AP/Emrah Gurel
Trauerbekundung vor der Vodafone Arena, dem Fußballstadion von Besiktas
235 Festnahmen wegen „Terrorpropaganda“
235 Menschen wurden laut Regierungsangaben von Montagmittag bei Razzien in Istanbul, Ankara und anderen Städten festgenommen - die meisten von ihnen Parteimitglieder der prokurdischen Demokratischen Partei der Völker (HDP). Die Festgenommenen hätten „im Namen der PKK“ gehandelt und „Terrorpropaganda über Soziale Medien verbreitet“, meldete die staatliche Nachrichtenagentur Anadolu. Laut Anadolu gehört zu den in Istanbul festgenommenen HDP-Vertretern auch die Istanbuler Provinzchefin der Partei, Aysel Güzel. Das Büro im Stadtteil Beyoglu wurde in der Nacht verwüstet. Bücher lagen auf dem Boden verstreut, und Schmierereien wurden an die Wand gesprüht.
EU-Kritik an Anti-Terror-Gesetzen
Zahlreiche Regierungskritiker kamen in den vergangenen Monaten unter dem Vorwurf der „Terrorpropaganda“ vor Gericht. Dutzende Journalisten befinden sich deswegen in U-Haft. Die EU kritisierte die scharfen türkischen Anti-Terror-Gesetze immer wieder.
Unter den Festgenommenen in Ankara sei der dortige HDP-Chef Ibrahim Binici. Die anderen Festnahmen erfolgten in den südlichen Provinzen Adana und Mersin, Manisa im Westen und Sanliurfa im Südosten. Bei Razzien in Adana in der Südtürkei seien rund 500 Polizisten im Einsatz gewesen, meldete Anadolu. Die Beamten rückten laut der Agentur mit gepanzerten Fahrzeugen an, ein Hubschrauber überflog das Einsatzgebiet.
Prokurdische HDP verurteilte Anschläge
Die HDP hatte den Doppelanschlag am Sonntag scharf kritisiert. „Mit den zwei Bombenanschlägen in Istanbul herrscht in den Häusern vieler Familien wieder Trauer. Wir verurteilen diese Anschläge aufs Schärfste. Wir sind sehr traurig und teilen den Schmerz“, hieß es in einer Mitteilung der Parteizentrale. Zugleich rief die Partei zum „Ende der Polarisationspolitik“ in der Türkei und zur Wahrung von Frieden, Demokratie und Menschenrechten auf.

Reuters/Murad Sezer
Laut Innenminister explodierte die Bombe, nachdem sich die Zuschauer zerstreut hatten
Türkische Wirtschaft leidet unter Unruhen
Die türkische Wirtschaft leidet unterdessen unter den Unruhen im Land, sie schrumpfte im dritten Quartal merklich. Das Bruttoinlandsprodukt sank im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 1,8 Prozent, wie das staatliche Statistikinstitut Turkstat am Montag mitteilte.
Nach dem Putschversuch im Juli ging die Konjunktur auf Talfahrt. Die politischen Turbulenzen und Anschläge setzten dem Handel zu. Auch der Tourismus litt und verzeichnete zudem nach einem diplomatischen Zerwürfnis zwischen der Türkei und Russland einen spürbaren Rückgang bei der Zahl russischer Besucher. Gegenüber dem Dollar büßte die türkische Lira rund 20 Prozent an Wert ein.
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