„Ich werde alle brauchen“
Frankreichs früherer Premierminister Francois Fillon hat sich am Sonntag bei der Präsidentschaftsvorwahl klar gegen seinen Herausforderer Alain Juppe durchgesetzt. Juppe verlor erst vor einer Woche die ihm zuvor zugesprochene Favoritenrolle an Fillon, der nun rund 67 Prozent der Stimmen für sich verbuchen konnte.
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In seiner Siegesrede in Paris rief Fillon seine Partei zum Zusammenhalt auf: „Ich werde alle brauchen“, sagte er mit Blick auf die Präsidentschaftswahl im Frühjahr 2017. Er nannte neben Juppe auch Ex-Staatschef Nicolas Sarkozy, der in der ersten Runde der Vorwahl ausgeschieden war. Mit Blick auf seinen haushohen Sieg sagte Fillon, dass er seinen Vorwahlsieg auf „Überzeugungen“ und „Werte“ gebaut habe: „Frankreich erträgt es nicht, abgehängt zu werden, Frankreich will die Wahrheit und Frankreich will Taten.“

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Fillon bei der Siegesrede vor seinen Anhängern in Paris
Noch vor Beendigung der Auszählung räumte Ex-Premierminister Juppe seine Niederlage ein. Der Bürgermeister von Bordeaux gratulierte seinem Kontrahenten Fillon am Sonntagabend zu dessen „klaren Sieg“. Er sprach ihm zugleich seine Unterstützung für die Präsidentschaftswahl aus und wünschte Fillon „viel Erfolg für seinen bevorstehenden Präsidentschaftswahlkampf“.
Hohe Wahlbeteiligung
An der Stichwahl nahmen nach Angaben der Organisatoren mehr Menschen teil als an der ersten Runde vor einer Woche. Damals hatten knapp 4,3 Millionen Anhänger der bürgerlichen Rechten ihre Stimmen abgegeben. Für die Konservativen war die Vorwahl eine Premiere. Über den Twitter-Account der Partei wurde nun nicht nur Fillon und damit „unserem Kandidaten für 2017“ Glückwünsche übermittelt, sondern mit „Bravo“ auch dem unterlegenen Juppe dafür gratuliert, dass er seine Ideen bis zum Ende verteidigt hat.
Fillon gilt als Wirtschaftsliberaler und Vertreter eines Sparkurses. Er will eine halbe Million Jobs im öffentlichen Dienst kürzen und seine Landsleute länger arbeiten lassen. Frankreich sei im Zustand einer Fast-Pleite, warnte er.
Der frühere Regierungschef des damaligen Präsidenten Nicolas Sarkozy (2007 bis 2012) galt im Rennen der Rechten lange als Außenseiter. Er setzte sich dann bereits in der ersten Runde der Vorwahl mit gut 44 Prozent der Stimmen deutlich durch. Fillon gilt als russlandfreundlich und tritt dafür ein, die europäischen Sanktionen gegen Moskau zu beenden.

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Der einstige Außenseiter Fillon ging als Favorit in die Stichwahl
Wichtige Weichenstellung
Die französische Präsidentschaftswahl ist im April und Mai kommenden Jahres geplant. Die Vorwahl der bürgerlichen Rechten gilt als eine äußerst wichtige Weichenstellung. „Der Gewinner der Vorwahl wird von morgen an der Favorit der nächsten Präsidentenwahl sein“, schrieb die Wochenzeitung „Journal de Dimanche“ am Sonntag.

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Juppe will Fillon im Rennen um den Elysee-Palast unterstützen
Der Vorwahlgewinner hat gute Chancen, im kommenden Mai in die entscheidende Stichwahl zu kommen. Potenzielle Gegnerin ist die Rechtspopulistin Marine Le Pen. Der Chefin der Rechtsaußen-Partei Front National (FN) werden in der ersten Runde der Präsidentenwahl laut derzeitigen Umfragen bis zu 30 Prozent der Stimmen zugetraut.

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Eine Warteschlange vor einem Wahllokal im südfranzösischen Marseille
Die erstmalige Vorwahl bei der bürgerlichen Rechten war von Überraschungen geprägt. Viele hatten mit einer Stichwahl zwischen dem Rechten-Veteran Juppe und Ex-Staatschef Sarkozy gerechnet. Doch der Aufstieg von Fillon bedeutete das Aus für Sarkozy in der ersten Runde. Dieser hatte lange als Parteichef der konservativen Republikaner an seinem politischen Comeback gearbeitet.
Antreten von Hollande noch offen
Ob Amtsinhaber Francois Hollande für eine zweite Amtszeit ins Rennen geht, ist derzeit unterdessen noch offen. Obwohl der sozialistische Amtsinhaber angesichts katastrophaler Umfragewerte laut Beobachtern kaum eine Chance auf eine Wiederwahl hat, wird dennoch mit einer erneuten Kandidatur gerechnet. Als potenzieller Kandidat der Sozialisten gilt aber auch Premier Manuel Valls und wie erst am Sonntag berichtet wurde, will dieser Hollande offenbar dazu bringen, nicht mehr anzutreten.
Die wohl für die FN ins Rennen gehende Le Pen schaltete unterdessen am Sonntagabend bereits auf Attacke gegen Fillon und kritisierte dessen Vorschläge im Sender Europe 1 als „schlimmstes Programm sozialen Kahlschlags, das jemals existiert hat“.
Umfrage sieht Fillon im Vorteil
Einer aktuellen Umfrage zufolge würde Fillon bei der nächsten Präsidentschaftswahl Le Pen klar besiegen. In der vom Meinungsforschungsinstitut Harris Interactive veröffentlichten Umfrage käme Fillon auf 67 Prozent und Le Pen lediglich auf 33 Prozent der Stimmen. Insgesamt wurden für die Umfrage am Sonntag rund 6.000 Personen befragt.
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