Entscheidung muss rasch fallen
Eine Gruppe prominenter Computerexperten und Anwälte rät Hillary Clinton offenbar, eine Neuauszählung der Stimmen in drei „Battleground-States“ einzuklagen. Das berichtete das „New York Magazine“ (Onlineausgabe). Die Experten sagten, sie hätten Hinweise auf nicht erklärliche Verteilungen von Wahlstimmen in Wisconsin, Michigan und Pennsylvania gefunden.
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Die Gruppe um J. Alex Halderman, Professor für Computerwissenschaften an der Universität von Michigan, glaubt, „überzeugende Beweise“ für eine „Manipulation“ oder einen „Hack“ gefunden zu haben. Gemeinsam mit dem Juristen John Bonifaz forderte er nun das Team der demokratischen Wahlverliererin auf, eine Neuauszählung in den drei Staaten zu beantragen. Öffentlich äußern wollte sich die Expertengruppe bisher nicht, hieß es in dem Bericht weiter.
Treffen mit Clintons Kampagnenchef?
Stattdessen bemühten sie sich, Clinton und ihr Team zu überzeugen - was erstmals am Donnerstag geschehen sei, wie es heißt. An diesem Tag habe ein Treffen mit Clintons Kampagnenchef John Podesta stattgefunden, wie das „New York Magazine“ weiter berichtete. Der Nachrichtensender CNN berief sich auf eine nicht genannte Quelle, die das Treffen bestätigen soll.
Im Zentrum der Unterredung soll es konkret um den Verdacht gegangen sein, dass Clinton in Wahlbezirken im Bundesstaat Wisconsin, die Wahlcomputer nutzen, weit weniger Stimmen bekam als in Wahlbezirken, in denen auf Papier abgestimmt wird oder Papier an Ort und Stelle gescannt wird. Immerhin sieben Prozent soll der Unterschied betragen - vorgerechnet wird weiter, dass Clinton damit bis zu 30.000 Stimmen verloren haben könnte.
Keine Belege vorgelegt
In Wisconsin betrug der Unterschied zwischen Clinton und dem republikanischen Wahlsieger Donald Trump nur etwa 27.000 Stimmen. In den „Battleground-States“ ist ein knapper Sieg nach Stimmen höchst bedeutsam - schließlich gilt hier das „The winner takes it all“-Prinzip. Dieses besagt, dass der Wahlsieger nach Stimmen alle Wahlmänner entsenden kann - und der Unterlegene keinen. Im US-Magazin wurde darauf verwiesen, dass die Experten keine Beweise vorgelegt hätten.

Grafik: ORF.at
Die Experten sprachen von einem sehr auffälligen Muster, und dieser Umstand verdiene eine unabhängige Untersuchung, wie es heißt. Wahlcomputer gelten als anfällig, und im Vorfeld der Wahl waren immer wieder Spekulationen geäußert worden, wonach Russland versucht habe, in die Systeme einzudringen. Auch vom Weißen Haus war konkret die russische Regierung beschuldigt worden, sich in die Systeme des Democratic National Committee, der nationalen Organisation der Demokraten, geschlichen zu haben.
Tatsächlich lässt eine Abweichung von sieben Prozentpunkten zwischen Wahlkreisen mit Wahlcomputern und solchen ohne aufhorchen. Doch dem muss nicht zwingend ein illegaler Eingriff zugrunde liegen. Es ist auch möglich, dass sich diese Wahlbezirke auf andere Weise systemisch unterscheiden - völlig unabhängig vom unterschiedlichen Modus der Stimmabgabe. Allerdings gibt es auch für diese Annahme keinerlei plausible Erklärung.
Wahlforscher Nate Silver äußert Zweifel
Auch würde eine Neuauszählung wohl nicht reichen, auch müssten die Wahlcomputer untersucht werden, um festzustellen, ob eine Manipulation vorgelegen haben kann. Der renommierte Wahlforscher und FiveThirtyEight-Gründer Nate Silver äußerte via Twitter Zweifel an dem Gehalt der Vorwürfe.
Schon nach einer schnellen Datenanalyse habe er kein beunruhigendes Ergebnis gefunden, teilte der Experte mit. Ganz im Gegenteil würden inkriminierte „Effekte (also Unterschiede je nach Stimmenauswertungsvariante, Anm.) komplett verschwinden“. Zwar räumte er ein, dass möglicherweise eine tiefgehende Analyse ein anderes Ergebnis darstellen könnte, doch sei es nie ein gutes Zeichen, wenn ein Ergebnis nicht einmal einem Kurzcheck standhalte.
Staaten könnten Ergebnis umdrehen
Trump hatte in Pennsylvania und Wisconsin knapp gewonnen, in Michigan liegt nach wie vor kein Ergebnis vor. Dem aktuellen Auszählungsstand zufolge verfügt Trump über 290 Wahlmännerstimmen, während Clinton nur 232 erreichte. Würden bei einer eventuell erzwungenen Neuauszählung die zwanzig Wahlmännerstimmen aus Pennsylvania, zehn aus Wisconsin und 16 aus Michigan Clinton zufallen, würde dies das Ergebnis umdrehen.
Die Entscheidung, ob sie diese Hinweise ernst nimmt, muss Clinton recht rasch treffen, so das „New York Magazine“: In Wisconsin habe sie bis Freitag Zeit, eine Neuauszählung zu beantragen, in Pennsylvania bis Montag und in Michigan bis zum kommenden Mittwoch.
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