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„Du hast mir gerade ins Gesicht gespuckt“

„Wortbruch: Trump will Clintons E-Mail-Vorwürfe nicht weiterverfolgen“: Mit diesen Worten hat die maßgebliche rechte bis rechtsextreme Internetplattform Breitbart.com gegen den designierten US-Präsidenten Donald Trump Stellung bezogen - umso bemerkenswerter, als dem - offiziell karenzierten - Breitbart-Chef Steve Bannon weiterhin die Rolle des künftigen Chefstrategen im Weißen Haus zugedacht ist.

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Anlass für den Zorn bei Breitbart war ein Interview, das Trump just der „New York Times“ („NYT“) gegeben hatte. Die traditionell linksliberale Qualitätszeitung war im Wahlkampf und auch danach das liebste journalistische Ziel von Trump und seinem Team. Noch bis kurz vor dem Interview ritt Trump im Kurznachrichtenportal Twitter Attacken gegen das Blatt, nur um dann im Interview mit gemäßigten Botschaften aufhorchen zu lassen.

„Will den Clintons nicht schaden“

Trump rückte in dem Interview, für das er trotz erklärten Widerwillens in die „NYT“-Redaktion kam, klar von seinem Versprechen ab, dass seine demokratische Gegenkandidatin Hillary Clinton unter seiner Präsidentschaft ins Gefängnis kommen werde. „Ich will den Clintons nicht schaden, wirklich nicht“, sagte er. Hillary Clinton habe „viel durchgemacht“. Auf die von ihm im Wahlkampf angekündigte Berufung eines Sonderermittlers zu Clintons E-Mail-Affäre wolle er verzichten. „Das würde das Land sehr spalten“, sagte er.

Donald Trump beim Interview mit der New York Times

APA/AP/Hiroko Masuike

Trump in der „NYT“-Redaktion neben Herausgeber Arthur Sulzberger Jr.

Mit der Ankündigung, Clinton ins Gefängnis wandern zu lassen, hatte Trump im Wahlkampf seine Basis mobilisiert. „Sperrt sie ein!“, lautete ein Schlachtruf seiner Anhänger, den er bei den Veranstaltungen oft und gern auch selbst mit Handzeichen dirigierte. Auch in Sachen Klimaschutz und der von ihm propagierten Zulässigkeit von Folter durch US-Staatsgewalt machte er in dem Interview allerdings eine Kehrtwende im Vergleich zu seinen Wahlkampfslogans.

Bier statt Folter

Das Leugnen des Klimawandels gehört zu den fixen Versatzstücken im Repertoire von Amerikas Rechter. Trump sagte im Wahlkampf, diese sei ein von China erfundener „Scherz“, um der US-Wirtschaft zu schaden. Nun antwortete er auf die Frage, ob der Klimawandel menschengemacht sei: „Ich glaube, es gibt eine gewisse Verbindung. Ein wenig, etwas. Es hängt davon ab, wie viel.“ Auch aus dem Weltklimavertrag will Trump nun nicht mehr aussteigen, sondern „offen“ an das Thema herangehen.

Zum Unterschied vom Wahlkampfsager, dass „Folter funktioniert“, meinte er im Interview nun, er habe seine Meinung nach Gesprächen mit seinem Vertrauten James Mattis, Ex-General und möglicher künftiger Verteidigungsminister, revidiert. Dieser habe ihm gesagt, Folter sei „nie besonders nützlich“ gewesen, und weiter: „Gebt mir eine Schachtel Zigaretten und ein Bier, das klappt besser.“

Lob für Obama noch dazu

Außerdem war Trump gegenüber der „NYT“ voll des Lobes für den scheidenden Präsidenten Barack Obama, der im Hinblick auf den Amtsübergang „absolut das Richtige für das Land tut“. Nach einer Konferenz von Neonazis am Wochenende in Washington gefragt, sagte Trump zudem, er verdamme das und wolle nichts damit zu tun haben. Bei dem Treffen hatten Anwesende den Hitler-Gruß gezeigt und „Heil Trump“ gerufen, wie Videoaufzeichnungen belegen.

Abseits von Breitbart, wo vor allem Internetforen durch Zensur de facto kaum vorhanden sind, fielen die Reaktionen unter Trumps Unterstützern noch heftiger aus. Der ultrakonservative Radiokommentator Rush Limbaugh bat seine Facebook-Anhängerschaft um Kommentare zu Trumps Interview und bekam Antworten wie „Donald Trump, (...) du bist nicht anders als der Sumpf, den Du austrocknen wolltest. Wenn das stimmt, hast Du gerade mir und unzähligen anderen ins Gesicht gespuckt.“

Trump setzt weiter auf Bannon

Die ultrakonservative Kommentatorin Ann Coulter - sie hatte Trumps Ankündigung, Clinton „ins Gefängnis werfen zu lassen“ ebenso goutiert - warf ihm nun vor, Trump überschreite mit der Ankündigung, dass es keine Sonderermittlung geben werde, seine Kompetenzen: Trump solle sich nicht in den Job von FBI und Justizministerium einmischen, man habe ihn nur „zum Präsidenten gewählt“.

Trump reagierte vorerst nicht auf die Empörung aus seiner Unterstützerschaft. Im „NYT“-Interview unterstrich er aber, er lasse nichts über Bannon kommen. Dieser sei weder ein Rassist noch ein Rechter, sonst „würde ich überhaupt nicht darüber nachdenken, ihn zu beschäftigen“. Der mögliche Dank dafür: Der „Wortbruch“-Artikel war am Mittwoch auf Breitbart verschwunden und nur noch in stark umgeschriebener Form im Archiv aufzufinden.

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