Letzte Appelle für Wählermobilisierung
Mit scharfen gegenseitigen Attacken der Präsidentschaftsanwärter Hillary Clinton und Donald Trump ist der US-Wahlkampf am Montag zu Ende gegangen. Die beiden Politiker nutzten ihre letzten Auftritte zu leidenschaftlichen Appellen, um die Anhänger an die Wahlurnen zu bringen.
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Beide Kandidaten investierten am Montag noch einmal Millionen in abschließende TV-Werbespots. Bis in den späten Abend schworen die beiden Kontrahenten ihre Anhänger auf den Wahltag ein. Trump tourte noch am Montag durch fünf wichtige Staaten, Clinton durch drei. Bei der Abstimmung gehe es um eine „klare Wahl“, sagte Clinton vor ihren Anhängern. „Es geht um die Wahl zwischen Spaltung und Einheit“, sagte sie. „Es geht um die Wahl zwischen einer Wirtschaft, die für jeden funktioniert, und einer nur für diejenigen an der Spitze.“
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Jon Bon Jovi, Lady Gaga, Hillary und Bill Clinton beim Wahlkampfabschluss
Trump „unberechenbar“
Trump warf sie Unberechenbarkeit vor. „Er könnte alles in Gefahr bringen“, sagte Clinton. „Ihr habt die Wahl zwischen einer verlässlichen und starken Staatsführung und einem unsicheren Kantonisten, der alles aufs Spiel setzt“, so Clinton unter dem Jubel Tausender Anhänger. „Wir stehen vor der größten Prüfung unserer Zeit.“ Zum Ton im Wahlkampf sagte sie: „Ich bedauere zutiefst, wie zornig der Ton im Wahlkampf geworden ist.“
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Letzte Mobilisierung vor dem Tag der Entscheidung
Vor Clinton hatte sich der scheidende US-Präsident Barack Obama an die Teilnehmer der Großkundgebung gewandt. Die Wähler müssten „die Furcht zurückweisen und für die Hoffnung stimmen“, sagte Obama. Der Präsident rief eindringlich zur Stimmabgabe für Clinton auf. „Ich wette darauf, dass die Weisheit und der Anstand und die Großzügigkeit des amerikanischen Volkes abermals obsiegen werden, und das ist eine Wette, die ich bisher niemals verloren habe“, sagte er.
Springsteen und Bon Jovi als Wahlhelfer
Unterstützung bekam Clinton auf der Kundgebung von Rockstar Bruce Springsteen. Der Musiker warnte die Zuhörer eindringlich vor der Wahl Trumps, dem er einen „profunden Mangel an Anstand“ unterstellte. Trump stelle „seine eigenen Interessen und sein Ego vor die amerikanische Demokratie“, sagte Springsteen. Wer seine Stimme für Clinton abgebe, stehe „auf der richtigen Seite der Geschichte“.
Hinweis
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Der Ort des Wahlkampfabschlusses war symbolträchtig gewählt. In Philadelphia war 1776 die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten verlesen worden. In Philadelphia war Clinton auch im Juni vom Parteitag der Demokraten als Präsidentschaftskandidatin nominiert worden. Springsteen und Jon Bon Jovi untermalten die Großkundgebung auch musikalisch. Anwesend war auch First Lady Michelle Obama.
Trump: Clinton Heuchlerin und korrupt
Trump beendete seinen Wahlkampf in Pennsylvania, Michigan und New Hampshire. Er versprach seinen Anhängern einen großen Sieg. Er bezeichnete das politische System in den Vereinigten Staaten erneut als manipuliert. „Aber das wissen wir längst“, sagte er in Florida. In Manchester (New Hampshire) nannte der Populist Clinton eine „Heuchlerin“. Für die Wähler gebe es nur eine Frage: „Wollt ihr, dass Amerika von einer korrupten politischen Klasse regiert wird, oder wollt ihr, dass Amerika wieder vom Volk regiert wird?“ Der Milliardär ergänzte: „Morgen wird die amerikanische Arbeiterklasse zurückschlagen.“
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Trump blickt auf seine Uhr und sieht die Zeit für Clinton abgelaufen
Trump sprach vor seinen Anhängern in Sarasota im besonders stark umkämpften Florida und gab sich siegessicher. Sein Wahlsieg werde das Ende des „korrupten Washingtoner Establishments“ einläuten. „Wenn wir morgen gewinnen, werden wir den Sumpf trockenlegen“, sagte Trump vor einer begeisterten Menge. Sein Vertrag mit dem Wähler beginne damit, die „Korruption in der Regierung“ zu beenden und das Land „von Interessengruppen zu befreien“.
Erleichterung im Clinton-Lager
Für Erleichterung bei Clinton sorgte am Sonntag die Bundespolizei FBI, die die Politikerin in der E-Mail-Affäre vom Verdacht strafbarer Handlungen freisprach. Auf Ermittlungen könne verzichtet werden, schrieb FBI-Direktor James Comey in einem Brief an den Kongress. Seit der Entdeckung der neuen E-Mails habe das zuständige Team „rund um die Uhr gearbeitet“. Das FBI bleibe aber bei der im Juli getroffenen Einschätzung, dass gegen Clinton kein Ermittlungsverfahren eingeleitet werden müsse.
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Trump ortete ein „manipuliertes System“, das Clinton helfe
Trump reagierte verärgert auf die neuerliche Entlastung für Clinton. „Sie wird protegiert von einem manipulierten System“, sagte er auf einer Wahlveranstaltung in Michigan. „Hillary Clinton ist schuldig, sie weiß es, das FBI weiß es, die Leute wissen es.“ Das FBI lasse sie mit ihren „schrecklichen Verbrechen“ einfach laufen. Trumps Anhänger skandierten den Anti-Clinton-Slogan „Sperrt sie ein!“ Clintons Berater reagierten erleichtert. „Wir sind froh, dass die Angelegenheit nun geklärt ist“, sagte Wahlkampfdirektorin Jennifer Palmieri.
Kandidaten werden sich in New York aufhalten
Clinton und Trump haben angekündigt, den Wahlabend in New York zu verbringen. Bürgermeister Bill de Blasio kündigte die größte Polizeipräsenz bei einer Abstimmung in der Geschichte der Stadt an. Mehr als 5.000 Beamte sollten im Einsatz sein, zusammen mit sämtlichen Bombenspürhunden. „Wir wissen, dass die Augen der Welt auf New York gerichtet sein werden“, sagte De Blasio.
US-Behörden hatten am Freitag vor Anschlägen der Al-Kaida in der Wirtschaftsmetropole gewarnt. Clinton diente von 2001 bis 2008 als Senatorin des Bundesstaates New York. Sie wird nach der Abstimmung im Jacob K. Javits Kongresszentrum erwartet, der gebürtige New Yorker Trump im Hilton Hotel in Manhattan.
Ein für den möglichen Sieg Clintons geplantes Feuerwerk in New York ist Medienberichten zufolge abgesagt worden. Gründe für die Absage des von der Stadt genehmigten Feuerwerks über dem Hudson River seien nicht genannt worden, berichtete der TV-Sender NBC unter Berufung auf einen Behördenmitarbeiter.
Trump als Investorenschreck
Wall-Street-Banken bereiteten sich auf mögliche Finanzmarktturbulenzen nach der Präsidentenwahl vor. Sie reagieren damit auf Erfahrungen aus dem „Brexit“-Referendum Ende Juni, als sich eine knappe Mehrheit der Briten überraschend für einen Austritt aus der EU entschied. Am Tag nach der Abstimmung brach das US-Börsenbarometer S&P 500 um 3,6 Prozent ein. Daher planen die Geldhäuser eigenen Angaben zufolge Beratungen mit Kunden unmittelbar nach der Wahl.
Favoritin der Wall Street ist Clinton. Trump gilt wegen seiner Unberechenbarkeit als Investorenschreck. Händler gehen davon aus, dass es am Mittwoch auf den US-Aktienmärkten zu Kursausschlägen von zwei Prozent nach oben oder unten kommen könnte. Im Falle eines Siegs von Trump halten die Experten von Citigroup sogar einen Kurssturz des S&P 500 von drei bis fünf Prozent für möglich.
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