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Teilweise bereits gelebte Praxis

Der oberste Lehrervertreter Paul Kimberger (FCG) ist zwar prinzipiell ein Fan von mehr Schulautonomie, wenn diese Schülern und Lehrern mehr pädagogische Freiheit bringt. Beim am Dienstag präsentierten Reformvorschlag der Regierung zeigt er sich dennoch skeptisch: „Der Teufel steckt immer im Detail“, sagte er zur APA. Teile der Reform seien außerdem schon jetzt an vielen Schulen gelebte Praxis.

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Um das Schulautonomiepaket legistisch umzusetzen, sind laut Bildungsministerium Änderungen in 32 Bundesgesetzen und rund 400 Novellierungsanordnungen notwendig. Wegen dieser schieren Menge traut sich Kimberger vorerst noch keine Gesamtbewertung der Reform zu. Immerhin habe es in der Vergangenheit immer wieder Sparpakete gegeben, die unter dem Titel Schulautonomie verkauft worden seien.

Außerdem befürchtet Kimberger, dass im Zuge der Reform die Mitbestimmungsrechte der Schulpartner (Schüler-, Eltern-, Lehrervertretung) eingeschränkt werden könnten. So sei es zu wenig, wenn diese etwa bei der Entscheidung über die Klassengröße nur eine Stellungnahme abgeben dürfen.

Skepsis gegenüber „Clustern“

Der Zusammenschluss von bis zu acht Schulen in einem „Cluster“ mit gemeinsamen Schwerpunkten kann aus Sicht des Vorsitzenden der Pflichtschullehrergewerkschaft und der ARGE Lehrer in der Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) durchaus sinnvoll sein - „aber das ist immer abhängig von den regionalen Gegebenheiten“.

Problematisch findet Kimberger auch, dass Bildungsministerin Sonja Hammerschmid (SPÖ) von den Lehrern in den „Clustern“ „eine gewisse Mobilität“ einfordert. Das funktioniere in Ballungsräumen, aber nicht in der Peripherie mit langen Distanzen zwischen den Schulen: „Es kann nicht sein, dass die Lehrer mehr auf der Straße als in den Schulen sind.“

„Cluster“ sind für Kimberger ohnehin nur dann vorstellbar, wenn die Schulen mehr Unterstützungspersonal erhalten. Schwierigkeiten erwartet sich Kimberger auch bei der Suche nach den „Clusterleitern“. Schon jetzt gebe es teilweise nicht genug Bewerber für Schulleiterposten, die „Clusterleiter“ müssten laut Reformentwurf aber noch umfassendere Anforderungen erfüllen.

„Was bringt es Kindern und Lehrern?“

„Mir ist außerdem noch nicht klar, was das Paket den Kindern und Lehrern bringt.“ Er ortete einen zu großen Schwerpunkt auf der Schulorganisation. Sollte die Reform umgesetzt werden, müsse man den Schulen auf jeden Fall Zeit geben, diese auch umzusetzen und zu schauen, was gut klappt und wo es Änderungsbedarf gibt. „Derzeit sind wir konfrontiert mit einer Reformhysterie. Damit muss dann einmal Schluss sein.“

ÖVP: „Großer Wurf“

ÖVP-Generalsekretär Werner Amon nannte das Paket einen „großen Wurf“. Der ÖVP seien mehr Autonomie und Freiräume für die Schulen, ein individuellerer Unterricht und die „Clusterbildung“ „seit jeher von Bedeutung gewesen“. Für Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) wird mit dem Autonomiepaket „das Herzstück der Reform“ umgesetzt.

Grüne: „Kleine Brötchen“

Der grüne Bildungssprecher Harald Walser fürchtet, dass sich hinter der „Cluster“-Lösung, die er „vorsichtig positiv“ sieht, Einsparungen verstecken könnten. Außerdem werde die Segregation im Schulsystem verlängert, wenn gemeinsame Verwaltung von Pflicht- und Bundesschulen erst in einem zweiten Schritt möglich sein soll. Das Aufbrechen der 50-Minuten-Einheiten könnte wiederum am Lehrerdienstrecht scheitern. Insgesamt seien noch zu viele Fragen offen. Die Regierung backe „weiterhin nur kleine Brötchen“.

NEOS: „Mutiger Entwurf“

NEOS sprach von einem „mutigen Entwurf“. Immerhin sei es das größte Paket, das bisher vorgelegt wurde, so NEOS-Chef Matthias Strolz. Der Entwurf greife viele Ideen von NEOS auf - allerdings fehlten Punkte wie mehr Transparenz und Kostenwahrheit im Bildungsbereich und die Umsetzung eines Sozialindex. Auch müsse eine Verabschiedung von nicht geeigneten Lehrern möglich sein.

TS-Forderungen „endlich umgesetzt“

Das Team Stronach (TS) sieht seine Forderungen „endlich umgesetzt“, so Klubobmann Robert Lugar. Seit Jahren werde über Schulautonomie geredet, „aber passiert ist bis jetzt nichts. Der Einfluss durch die Politik ist viel zu hoch und verhinderte bis jetzt echte Reformen.“ Eine Verschiebung der Machtverhältnisse zugunsten des Bundes werde den Einfluss der Landesverwaltungen schwinden lassen.

IV und AK äußern sich positiv

Für den Präsidenten der Industriellenvereinigung (IV), Georg Kapsch, gehen die Vorschläge dagegen „weiter als alles, was wir bisher gesehen haben, und entsprechen auch zentralen Forderungen der IV“. Mit der Idee der „Schulcluster“ werde ein praktikables Modell für die Umsetzung von Autonomie an Ort und Stelle geschaffen. Allerdings brauche es „ein verlässliches Anreizsystem für die Schulen, sich tatsächlich in einem Cluster zu organisieren“, so Kapsch in einer Aussendung.

Die Arbeiterkammer (AK) reagierte ebenfalls positiv: „Da steckt einiges drin, was uns weiterbringt in Richtung gerechte Chancen auf Bildung“, so Präsident Rudolf Kaske. Vor allem die „Clusterbildung“ und die erweiterte Schulautonomie seien eine Verbesserung im Vergleich zum Status quo. Wermutstropfen: Nicht enthalten seien Schritte für eine Schulfinanzierung nach sozialen Kriterien über einen „Chancenindex“.

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