Gesamtes Ausmaß noch nicht bekannt
Die USA haben Russlands Regierung vorgeworfen, mit Hackerangriffen Einfluss auf den Präsidentschaftswahlkampf zu nehmen. Das Heimatschutzministerium und das Büro des nationalen Geheimdienstdirektors veröffentlichten letzte Woche eine entsprechende Erklärung. Man sei überzeugt, dass Russland hinter den Angriffen auf Computersysteme politischer Organisationen und Institutionen stehe.
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Die Enthüllungsplattform WikiLeaks hatte im August gehackte E-Mails von Mitgliedern und Mitarbeitern des Parteivorstandes der Demokraten veröffentlicht. Daraus ging hervor, dass das Führungsgremium im Vorwahlkampf stark zugunsten von Hillary Clinton und somit gegen ihren Rivalen Bernie Sanders voreingenommen war. Die Enthüllungen führten zum Rücktritt von Parteichefin Debbie Wasserman Schultz. Später wurde bekannt, dass der Hackerangriff auf die Demokraten noch umfangreicher war.
Russland: „Unsinn“
Schon damals verdächtigen Experten und Regierungskreise russische Hacker mit Verbindungen zu Regierungsorganisationen. Die Enthüllungen durch WikiLeaks und andere Websites stünden „im Einklang mit den Methoden und Motivationen Russlands“, hieß es in der Erklärung wörtlich. „Diese Diebstähle und Enthüllungen zielen auf Einmischung in den US-Wahlprozess ab. Wir glauben auf der Basis des Ausmaßes (...) dieser Bestrebungen, dass nur Russlands ranghöchste Beamte diese Aktivitäten genehmigt haben konnten.“ Die Nachrichtenagentur Interfax meldete, ein Sprecher des russischen Präsidialamts habe die Vorwürfe als „Unsinn“ zurückgewiesen.
Ob die USA auf die Cyberattacken mit Gegenmaßnahmen reagieren würden, blieb zunächst unklar. US-Regierungsvertreter hatten in der Vergangenheit gewarnt, dass Hackerangrife auf US-Institutionen eine entsprechende Antwort auslösen würden, entweder in Form diplomatischer oder wirtschaftlicher Sanktionen oder von Cybergegenattacken.
Angst vor Eingriff in Wahlresultate
Es sei zwar nach ihrer Einschätzung „extrem schwierig“ für einen Hacker, auch einen Staat, Stimmenauszählungen oder Wahlresultate durch Cybereingriffe zu manipulieren, hieß es vom Ministerium und vom Geheimdirektor am Freitag außerdem. Diese Einschätzung basiere darauf, dass das Wahlsystem in den USA dezentralisiert sei und es in Staaten sowie Kommunen eine Reihe von Schutzmaßnahmen gebe. Dennoch seien Wahlbeamte auf beiden Ebenen weiterhin dazu aufgerufen, wachsam zu sein.
Schon Anfang Oktober hatte das Heimatschutzministerium erklärt, dass die Wahlsysteme zahlreicher US-Bundesstaaten von Hackern sondiert worden seien. „Das könnte ein vorbereitender Schritt für Angriffsversuche sein“, hieß es damals. „Wir haben in einigen Fällen festgestellt, dass feindlich gesinnte Akteure Zugang zu wahlrelevanten Systemen gewonnen haben. Gegenwärtig ist uns allerdings keine Manipulation von Daten bekannt.“ Die Nachrichtenagentur Reuters hatte Ende August unter Berufung auf Unterlagen der Bundespolizei FBI von Hackerangriffen auf Wählerverzeichnisse berichtet.
Kommt die Oktober-Überraschung?
In den US-Medien wird zudem seit Wochen über eine unerwartete Enthüllung im letzten Abschnitt des Wahlkampfs diskutiert, die Clinton schweren Schaden zufügen könnte. Da in den USA immer Anfang November gewählt wird, werden derartige Ereignisse in der amerikanischen Politik als „October surprise“ bezeichnet. „Russland und Assange planen wahrscheinlich bereits eine Oktober-Überraschung, um die Wahl zu beeinflussen“, sagte der demokratische Stratege Craig Varoga jüngst dem Sender CNN. Assange selbst nährte diesen Verdacht vergangene Woche, als er anlässlich des zehnjährigen Jubiläums von WikiLeaks ankündigte, bedeutende Dokumente über Clinton zu veröffentlichen.
Dass er damit indirekt den republikanischen Kandidaten Donald Trump unterstützt, wies Assange in einem „Spiegel“-Interview zurück. Man verstehe sich als unabhängige Organisation und könne keine Rücksicht nehmen, wenn in einem Land gerade Wahlen anstünden, sagte Assange. Er habe keinerlei Affinität für den republikanischen Präsidentschaftskandidaten Trump, erklärte er.
Trump forderte Moskau zu mehr Veröffentlichungen auf
Trump selbst sorgte nach der Veröffentlichung der Mail-Wechsel für Empörung, als er Russland aufforderte, nun auch in das E-Mail-System Clintons einzudringen. Moskau solle die rund 30.000 Mails aus Clintons Zeit als Außenministerin besorgen, die diese nicht hatte veröffentlichen wollen. Trump sagte wenig später, diesen Appell an Moskau habe er sarkastisch gemeint.
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