Torys-Parteitag in Birmingham
Am Sonntag treffen sich die britischen Konservativen zum Parteitag in Birmingham. Das „Brexit“-Votum liegt schon 101 Tage zurück, doch noch immer ist nicht klar, wie der EU-Austritt ablaufen soll und wie sich London die künftigen Beziehungen zu Europa vorstellt. Doch das sind nicht die einzigen Herausforderungen für Premierministerin Theresa May. Eine Übersicht:
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Schottland: Die Mehrheit der Schotten stimmte gegen einen Austritt aus der EU; das ließ Forderungen nach der Unabhängigkeit des Landes laut werden. Der niedrige Ölpreis und jüngste Umfrageergebnisse machen ein baldiges zweites Referendum zwar unwahrscheinlich, haben aber die Gefahr einer Spaltung des Vereinigten Königreichs noch nicht gebannt. Ein allzu harter Bruch mit Brüssel könnte die Stimmung in Schottland kippen lassen.
Soziale Ungleichheit: Die Premierministerin hat die Unzufriedenheit mit der wachsenden sozialen Ungleichheit im Land als einen der Gründe für das „Brexit“-Votum erkannt. Sie hat sich daher das Thema soziale Gerechtigkeit auf ihre Fahnen geschrieben. Eine zerstrittene Labour-Partei machte es ihr bisher einfach, dieses Thema zu besetzen, das könnte nach der Wiederwahl des Labour-Vorsitzenden Jeremy Corbyn schwerer werden.
„Brexit“-Hardliner: Mit „Brexit“-Minister David Davis und Handelsminister Liam Fox hat May gleich zwei „Brexit“-Hardliner in ihrem Kabinett, die mit ihrer Forderung nach einer kompromisslosen Scheidung von Brüssel Druck machen. May wiederholt zwar gebetsmühlenartig „‚Brexit‘ bedeutet ‚Brexit‘“, doch sie zögert, diese Formel mit Inhalt zu füllen. Das könnte ihre Glaubwürdigkeit bei den „Brexit“-Anhängern beschädigen.
Befürchteter Banken-Exodus: Ihren New-York-Besuch zur UNO-Vollversammlung Mitte September nutzte May, um bei US-Großbanken dafür zu werben, ihren europäischen Sitz in London zu belassen. Ob sie damit Erfolg hatte, scheint fraglich. Auch Industrieunternehmen wie der japanische Autohersteller Nissan erwägen offenbar einen Umzug zu anderen europäischen Standorten, sollte Großbritannien den uneingeschränkten Zugang zum Europäischen Binnenmarkt verlieren.
Einwanderung: Das Hauptthema des „Brexit“-Wahlkampfs scheint noch immer die wichtigste Sorge der Briten zu sein. May ließ sich zwar, anders als ihr Vorgänger David Cameron, nicht auf konkrete Einwandererzahlen festlegen, doch sie versprach, ein „Brexit“-Deal werde „etwas Kontrolle“ über die Einwanderung bringen. Ob das die „Brexit“-Hardliner zufriedenstellt, ist fraglich. Und führende EU-Politiker signalisierten bereits, dass ein voller Zugang zum Binnenmarkt ohne Arbeitnehmerfreizügigkeit nicht zu haben ist.
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