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Wo sind Kösele und die „Yavuz“?

Weiterhin gibt es nach dem gescheiterten Putschversuch vom Freitag keine Nachricht von 14 Booten und Schiffen der türkischen Kriegsmarine, die in der Ägäis und im Schwarzen Meer im Einsatz waren. Die türkische Regierung gibt sich dazu schweigsam, Vizepremier Numan Kurtulmus dementierte lediglich Berichte, dass die Schiffe im engeren technischen Sinn vermisst seien.

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Tatsächlich ist es angesichts moderner Nachrichten- und Überwachungstechniken nachgerade denkunmöglich, dass 14 Schiffe sich auf offener See davonstehlen können. Kurtulmus dementierte ja auch nur, dass man um den Aufenthaltsort der Schiffe nicht wisse. Dass sie derzeit unter Kontrolle des türkischen Staates stünden, wollte er allerdings nicht bestätigen - offenbar mit gutem Grund.

Informationen über „Gespräche“

In Medien war die Rede von einem „Jagd auf Roter Oktober“-Szenario: Die Besatzung der Schiffe wolle rettende griechische Häfen erreichen, um sich der Verfolgung durch den türkischen Staatsapparat zu entziehen. Athen wollte das ebenso wenig wie die Türkei bestätigen oder dementieren. Offiziell heißt es, man wisse von keinem türkischen Schiff, das wegen des Putschversuchs in einen griechischen Hafen eingelaufen sei.

Am Mittwoch bestätigten Quellen innerhalb der griechischen Regierung aber gegenüber dem russischen Mediendienst Russia Today, dass es Kontakt gegeben habe: „Wir halten nach jedem Schiff Ausschau. Wir hatten Informationen über Gespräche, die zu einem bestimmten Zeitpunkt darüber stattfanden, dass sie sich in griechische Gewässer begeben wollten. Das ist aber dann doch nicht geschehen“, wird die anonyme Quelle zitiert.

Admiral möglicherweise als Geisel gehalten

Auf einem der Schiffe befindet sich offenbar der Oberkommandierende der türkischen Kriegsmarine, Admiral Veysel Kösele. Seine Rolle ist unklar. Manche halten es für denkbar, dass er einer der Anführer der Putschisten ist. Andere glauben, dass er von den Putschisten als Geisel genommen wurde. Gerüchteweise wurde Kösele in den Anfangsstunden des Putsches unter dem Vorwand, es habe einen Terroranschlag gegeben, an Bord der Fregatte „Yavuz“ gelockt.

Dass ein Kriegsschiff mit Kösele an Bord im türkischen Marinestützpunkt Gölcük gekapert worden sei, hatten auch Presseagenturen in der Putschnacht von Freitag auf Samstag gemeldet. Laut der griechischen Sonntagszeitung „Proto Thema“ handelt es sich dabei eben um die „Yavuz“, die unter anderem mit modernsten Raketensystemen bestückt ist, um feindliche Schiffe zu zerstören.

Auch Jagd auf zwei Küstenwacheboote

Die Besatzungen mehrerer türkischer Kampfflugzeuge machten sich Militärkreisen zufolge außerdem auf die Suche nach zwei vermissten Booten der Küstenwache. Hintergrund seien Berichte, laut denen die Boote in griechischen Gewässern in der Ägäis gesichtet worden seien, zitierte die Nachrichtenagentur Reuters am Mittwoch Quellen innerhalb des türkischen Militärs. Bei den Maschinen handle es sich um Kampfjets vom Typ F-16. Weitere Einzelheiten wurden zunächst nicht bekannt.

Weitere Hundertschaften an Beamten suspendiert

Der türkische Staatsapparat geht unterdessen weiterhin mit voller Härte gegen tatsächliche und vermeintliche Putschisten sowie mutmaßliche Gegner vor. Über 260 Mitglieder der Militärjustiz wurden allein am Mittwoch suspendiert, dazu weitere Hundertschaften an Staatsdienern aus anderen - tendenziell erdogankritischen - Verwaltungsbereichen. 6.500 Lehrer und andere Bedienstete des Bildungsministeriums dürfen mit Stand Mittwoch ihren Beruf nicht ausüben.

Mehr als 8.500 Menschen wurden festgenommen. 24 Fernseh- und Hörfunksendern wurde die Lizenz entzogen. Der Hochschulrat untersagte Dienstreisen des gesamten Lehrpersonals ins Ausland. Lehrpersonal im Ausland ohne zwingenden Aufenthaltsgrund werde aufgefordert, baldmöglichst in die Türkei zurückzukehren, meldete die Agentur Anadolu. Für das Lehrpersonal von privaten Bildungsinstitutionen gilt ein Berufsverbot. 626 private Schulen und andere Bildungsinstitutionen sollen geschlossen werden.

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