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„Staat siegreich hervorgegangen“

Der für äußerst strenge Rauchergesetze bekannte südamerikanische Staat Uruguay hat einen sechsjährigen Prozess gegen den US-schweizerischen Tabakriesen Philip Morris gewonnen. Der bei der Weltbank angesiedelte Internationale Schiedsgerichtshof (ICSID) in Washington habe die Klage zurückgewiesen, wie die Regierung in Montevideo mitteilte.

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„Der uruguayische Staat ist siegreich hervorgegangen, und die Forderungen des Tabakunternehmens wurden rundweg zurückgewiesen“, sagte Präsident Tabare Vazquez, ein ausgebildeter Onkologe, am Freitag (Ortszeit) in einer TV-Ansprache. Er rief die Staatengemeinschaft auf, dem Beispiel zu folgen und sich im Kampf gegen die Schäden durch das Rauchen nicht von Konzernen einschüchtern zu lassen.

Klage gegen strenge Tabakgesetze

Vazquez hatte in seiner ersten Amtszeit (2005 bis 2010) strenge Rauchergesetze auf den Weg gebracht. In dem 3,3-Millionen-Einwohner-Land ist das Rauchen in Restaurants und vielen anderen Gebäuden verboten. Zudem gibt es ein Werbeverbot, die Packungen sind mit großen drastischen Warnhinweisen versehen, Zigaretten dürfen auch nicht als „Lights“ verkauft werden. Auch wurden immer wieder die Tabaksteuern erhöht.

Uruquays Präsident Tabare Vazquez

AFP

Tabare Vazquez bei seiner Ansprache im TV

Philip Morris (u. a. Marlboro) wollte die Maßnahmen (konkret das 2006 verhängte Rauchverbot in der Öffentlichkeit sowie die untersagte Tabakwerbung) nicht akzeptieren und auch hohen Schadenersatz erwirken. 2010 brachte der Tabakgigant schließlich Klage ein und forderte 25 Mio. Dollar (22,6 Mio. Euro). Philip Morris argumentierte, das Land habe gegen ein mit der Schweiz geschlossenes Investitionsabkommen verstoßen.

Schadenersatz in Millionenhöhe

Nach der Niederlage vor Gericht muss der Konzern der uruguayischen Regierung nun sieben Mio. US-Dollar für die Anwaltskosten in dem Prozess erstatten, wie das Portal „El Pais“ berichtete. Philip Morris erklärte, das Unternehmen werde die Entscheidung respektieren. Der Schiedsspruch ist aber ohnehin verbindlich. Vizekonzernchef Marc Firestone hob hervor, Uruguays Vorgaben seien in den vergangenen sieben Jahren bereits eingehalten worden.

Die Entscheidung der Schiedsstelle ändere also „nicht den Status quo“. Mit seiner Beschwerde sei es Philip Morris vielmehr um eine „Klarstellung“ nach internationalem Recht gegangen.

Staatschef Vazquez kostete seinen Erfolg aus. „Wir bekräftigen unser Recht auf den Kampf gegen den Konsum von Tabak“, betonte er. Es sei nicht zulässig, „kommerzielle Aspekte über die Verteidigung der Grundrechte auf Leben und Gesundheit zu stellen“.

Uruguay als Vorreiter

Mit dem Gesetz aus dem Jahr 2006 war Uruguay damit das erste lateinamerikanische Land und das fünfte weltweit, das das Rauchen an öffentlichen Plätzen untersagte. Der Konzern mit Hauptsitz in den USA macht rund zehn Prozent seines Milliardengeschäfts auf dem lateinamerikanischen Markt - hatte aber zuletzt wegen der Verschärfung von Rauchergesetzen weltweit mit Einbußen zu kämpfen.

Für Philip Morris ist die nun verkündete Entscheidung eine weitere Niederlage in den Rechtsverfahren, mit denen das Unternehmen gegen zunehmend strenge Tabakgesetze in einer Reihe von Ländern kämpft. Anfang Mai hatte der Europäische Gerichtshof (EuGH) eine Klage von Philip Morris und anderen Tabakunternehmen gegen große Warnhinweise mit Schockfotos auf Zigarettenschachteln zurückgewiesen.

Kritiker fürchten Präzedenzfälle

Der Fall ist auch mit Blick auf die Debatten über die geplanten Freihandelsabkommen zwischen der EU und Kanada (CETA) sowie zwischen der EU und den USA (TTIP) interessant, da die Rolle von privaten Schiedsgerichten hierbei einer der Hauptstreitpunkte ist. Kritiker fürchten Präzedenzfälle, wenn Konzerne über diesen Weg unliebsame Gesetze in Ländern aushebeln könnten - was in Uruguay nun scheiterte.

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