Die Auswirkungen des VfGH-Spruchs
Unregelmäßigkeiten bei der Briefwahlauszählung sowie die vorzeitige Weitergabe von Teilergebnissen an Medien: Aus diesen beiden Gründen hat der Verfassungsgerichtshof (VfGH) am Freitag die Bundespräsidentenstichwahl aufgehoben. Bei der Wahlwiederholung im Herbst wird sich daher genau bei diesen beiden Punkten einiges ändern.
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Zunächst werden wohl die Wahlkommissionen diesmal genauer darauf achten, nicht gegen das Wahlrecht zu verstoßen. Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) kündigte für Beisitzer und Wahlbehörden einen neuen elektronischen Leitfaden an. Zudem soll es zu verpflichtenden Schulungen kommen. Inwieweit es dadurch schwieriger wird, von den Parteien gestellte Beisitzer zu finden, bleibt offen.
OSZE soll Beobachter schicken
Sobotka kündigte zudem an, bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) um Wahlbeobachter in jenen Bezirken anzusuchen, deren Fehler zur Aufhebung der Stichwahl geführt haben. Von der OSZE gibt es dazu noch keine Zusage. Pikanterie am Rande: Die OSZE hat ihren Sitz in Wien, wenige Meter vom Bundespräsidentensitz in der Hofburg entfernt.
Eine Reform des Wahlrechts, insbesondere der umstrittenen Briefwahlregelung, wird sich bis zur Neuaustragung der Stichwahl nicht ausgehen. Damit werden die Wahlkarten auch im Herbst erst am Montag ausgezählt.
Keine Daten an Medien vor 17.00 Uhr
Vor allem aber bei der Medienberichterstattung am Wahlabend wird sich einiges ändern. Das Innenministerium wird gemäß dem Spruch des VfGH bei der Wiederholung der Hofburg-Stichwahl bis zum Wahlschluss 17.00 Uhr am Wahlsonntag keinerlei Zahlen zur Verfügung stellen. Bisher hatte man Einzelergebnisse vor allem für die Erstellung von Hochrechnungen an ausgewählte Stellen wie die Austria Presse Agentur (APA) und den ORF weitergegeben. Diese Daten wurden freilich nur mit Sperrfrist und unter heftiger Strafandrohung veröffentlicht.
Wahlabend gestrichen?
Dass das seit gut 20 Jahren gelebte Praxis ist, merkte auch Sobotka an. Die Höchstrichter nahmen sich der Frage, dass Hochrechnungen zu Wahlschluss auf Basis solcher Zahlen erstellt werden, bis heute nicht an, weil sie bis dato nicht damit befasst wurden. Verstöße gegen die Sperrfrist gab es in Sozialen Netzwerken auch nur vereinzelt - und eher bei Behörden und Parteien und weniger bei Medien und Journalisten. Eher kam es zu kryptischen Postings und wortarmen Andeutungen, die aber kaum Rückschlüsse zuließen.
Ob nach Wahlschluss nun Daten für die Erstellung von Hochrechnungen freigegeben werden, ist noch nicht entschieden. Der Innenminister selbst wird als Leiter der Bundeswahlbehörde jedenfalls erst ein Endergebnis verkünden, wenn sämtliche Stimmen inklusive Briefwahl ausgezählt sind. Das wird im Laufe des Montagnachmittags oder am Abend sein. Bei einer sehr strikten Handhabung wird es also am Sonntagabend weder Hochrechnungen noch Teilergebnisse in den Medien geben.
ORF-Hochrechner gelassen
Beim SORA-Institut, das für den ORF die Hochrechnungen erstellt, sieht man das Urteil des VfGH bezüglich der Weitergabe von Resultaten „gelassen“. Allerdings fände es Christoph Hofinger „gut, wenn alle Hochrechner um 16.30 Uhr Daten bekommen. Das beeinflusst die Wahl nicht“, dafür wäre die erste Hochrechnung präziser, was letztlich auch wichtig sei für das Vertrauen in die Demokratie, sagte er im APA-Gespräch.
Je gründlicher - also länger - man die vorliegenden Zahlen analysieren könne, desto präziser falle die Hochrechnung aus, so Hofinger. SORA habe „sehr hohe Genauigkeitserwartungen aufgebaut und erfüllt“, und die Zuschauer bzw. Wähler rechneten damit.
Exit-Polls keine Alternative
Er verweist aber auch auf den Nutzen von Ergebnissen und Hochrechnungen vor Wahlschluss für Medien. Je länger die Redaktionen Zeit hätten, sich auf den Wahlausgang einzustellen, desto besser sei das für die Qualität der Berichterstattung.
Exit-Polls, also Wahltagsbefragungen, wie sie in andern Ländern üblich sind, hält Hofinger für keine wahrscheinliche Alternative. „Eine Exit-Poll, die die Genauigkeitserwartungen erfüllt, kostet eine Viertelmillion Euro“ und wäre ein „Riesenprojekt, bei dem um die 20.000 Leute vor Wahllokalen befragt werden müssten“. Diesen „enormen Aufwand“ werde sich in Österreich aber niemand antun. Denn immerhin lägen hierzulande mit 17.00 Uhr viel mehr Ergebnisse vor als in Ländern mit einheitlichem Wahlschluss wie etwa Deutschland.
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