Global 2000 kritisiert UNO-Gremium
Seit Monaten wird die Entscheidung hinausgezögert: Es geht darum, ob das umstrittene - in der konventionellen Landwirtschaft massenhaft im Einsatz befindliche - Pflanzenschutzmittel Glyphosat in der EU erlaubt bleibt. Das Mittel, das unter dem Verdacht steht, krebserregend zu sein, spaltet Europa.
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Auch am Donnerstag kam es bei einem Treffen von Vertretern der 28 Länder in Brüssel zu keiner Einigung für oder gegen die Neuzulassung von Glyphosat in Europa. Die EU verschob aufgrund des Widerstands von Deutschland und Frankreich die Entscheidung, da keine klare Mehrheit zustande komme, sagte eine Sprecherin der EU-Kommission. Damit wäre die Abstimmung nicht bindend, daher sei darauf verzichtet worden. Die Zeichen standen bis zuletzt auf eine Verlängerung der Zulassung - befristet auf neun Jahre. Die Kommission sprach sich bereits dafür aus, das EU-Parlament fordert eine Befristung auf sieben Jahre.
Streit in deutscher Regierung
Zuletzt waren auch innerhalb der deutschen Regierung Risse in dieser Frage aufgetreten. Die SPD fordert zumindest eine Stimmenthaltung, was wiederum die CSU-Landwirtschaftsminister Christian Schmidt empört, der eine Zustimmung fordert. Für die „Rolle rückwärts“ der Kollegen bei der Zulassungsverlängerung habe er kein Verständnis, sagte Schmidt der „Süddeutschen Zeitung“. Die SPD-Minister wollen einer Verlängerung der Zulassung für Glyphosat in der EU nicht zustimmen - damit müsste sich Deutschland in Brüssel der Stimme enthalten.
Wirrwarr an Studien
Auch hierzulande ist das Mittel, das unter anderem in dem vom Agrarriesen Monsanto vertriebenen Pestizid Roundup enthalten ist, höchst umstritten. Glyphosat ist das weltweit am häufigsten eingesetzte Herbizid und steht im Verdacht, krebserregend zu sein. Es gibt zahlreiche wissenschaftliche Studien - sowohl solche, die vor einer Gesundheitsgefährdung warnen, also auch solche, die es als eher oder gänzlich unbedenklich einstufen.
Kürzlich bestätigte die UNO-Weltgesundheitsorganisation (WHO) ihre frühere Einschätzung, wonach das Mittel wahrscheinlich nicht krebserregend sei. Das geht aus einem in Genf vorgestellten Bericht hervor, der unter anderem von Experten der WHO verfasst wurde. „Glyphosat birgt für die Menschen bei der Nahrungsaufnahme wahrscheinlich kein Krebsrisiko“, heißt es in dem am Montag vorgestellten Bericht.
Annahme: Begrenzte Mengen
Die WHO betonte, das nun vorliegende Untersuchungsergebnis stehe nicht in Widerspruch zu einem Bericht der zur WHO gehörenden Internationalen Agentur für Krebsforschung (IARC), die erklärt hatte, Glyphosat sei „wahrscheinlich krebserzeugend bei Menschen“.
Im IARC-Bericht sei untersucht worden, ob das Unkrautbekämpfungsmittel potenziell eine irdendwie geartete Gefahr für Menschen bedeuten könne, etwa auch bei extrem hohen Dosierungen. Der nun erstellte Bericht von Fachleuten der WHO und der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation (FAO) der UNO habe alle vorliegenden Erkenntnisse zu möglichen Risiken ausgewertet, die mit einer Aufnahme begrenzter Mengen über die Nahrung einhergehen könnten.
Die heimische Umweltschutzorganisation Global 2000 betonte in einer Aussendung, dass die „Einschätzung“ und der Zeitpunkt der Veröffentlichung „keine große Überraschung“ seien, und sprach von einem „schiefen Licht“ auf das WHO-Gremium. Global 2000 wirft dem Gremium vor, seit Jahrzehnten intransparent zu arbeiten und Experten mit engen Beziehungen zur Agrarlobby zu beschäftigen.
Österreich will Auflagen fordern
Die EU-Zulassung für den Wirkstoff endet am 30. Juni. Der EU-Ausschuss für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit will voraussichtlich am Donnerstag entscheiden, ob die Zulassung verlängert werden soll oder nicht. In dem Ausschuss sitzen Vertreter der 28 Mitgliedsstaaten. Derzeit ist unklar, ob eine Mehrheit für eine Verlängerung zustande kommt.
Österreich hat erklärt, es werde nicht ohne die Erfüllung einiger Umweltauflagen zustimmen. Die Agentur für Gesundheit und Ernährungssicherheit (AGES) definierte diese unter der Berücksichtigung der Zielsetzungen des integrierten Pflanzenschutzes nach dem Motto „So viel wie notwendig, so wenig wie möglich“. Die Meinung der Ratsgruppe ist allerdings nicht bindend. Die Kommission entscheidet alleine über die Verlängerung.
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