Konzern legte konkreten Plan vor
Volkswagen und die US-Behörden haben kurz vor dem Ablauf eines Ultimatums einen Kompromiss zur Lösung der Abgaskrise in den Vereinigten Staaten ausgehandelt. Entsprechende Eckpunkte stellten die Parteien dem zuständigen US-Richter Charles Breyer bei einer Anhörung am Donnerstag zur Prüfung vor.
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Die Einigung umfasse Rückkäufe und mögliche Reparaturen der manipulierten Fahrzeuge sowie eine substanzielle Entschädigung für Dieselbesitzer, teilte Breyer mit. Zudem sei ein Umweltfonds vorgesehen. Die Grundsatzvereinbarung betrifft laut Breyer die 480.000 Dieselfahrzeuge mit Zweilitermotoren. Insgesamt sind fast 600.000 Dieselwagen in den USA von der Manipulation der Abgaswerte betroffen.
Alternativ werde Kunden womöglich auch eine Reparatur ihrer Fahrzeuge angeboten, sofern die US-Aufseher dafür grünes Licht geben, so Breyer. In beiden Fällen würden die Besitzer der Autos zusätzlich eine Entschädigung erhalten, wofür ein Fonds mit einem Volumen von vermutlich mehr als einer Milliarde Dollar eingerichtet werden soll.
Breyer „sehr angetan“ von Angebot
„Ich bin sehr angetan, mitteilen zu können, dass die Parteien einen konkreten Plan vorgelegt haben“, verkündete Breyer zum Auftakt der Gerichtsanhörung in San Francisco. Die Lösung umfasse die Option, dass VW einen Großteil der betroffenen Dieselwagen zurückkaufe und „substanziellen Schadensersatz“ an die Besitzer zahle. Der für Hunderte Zivilklagen wegen Verstößen gegen US-Gesetze zuständige Richter hatte bis zum Donnerstag eine Lösung verlangt. Er hatte Volkswagen und der US-Umweltbehörde EPA eine Frist dafür gesetzt, die schon einmal verlängert worden war.
Keine Einigung mit US-Justizministerium
Noch keine Einigung gibt es Breyer zufolge über die vom US-Justizministerium verlangten Strafen wegen Verstößen gegen US-Umweltrecht. Weitere Details der Vereinbarung sollten bis zur Veröffentlichung der offiziellen Dokumente Ende Juni geheim bleiben.
VW bestätigte die Grundsatzeinigung und teilte mit, auch mit den Klägern in Gruppenverfahren in San Francisco habe man sich auf Grundzüge einer Vergleichsregelung verständigt. In den kommenden Wochen werde das „in einen umfassenden Vergleich überführt werden“. Außerhalb der USA hätten diese Einigungen keine rechtliche Wirkung.
Bericht: VW rechnet mit bis zu 20 Mrd. Euro
Volkswagen geht wegen des Dieselskandals in den USA offenbar von Rückstellungen in einer Größenordnung von zehn bis 20 Milliarden Euro aus. Laut Kreisen sollen es 16,4 Mrd. Euro sein. „Es gibt keine Indikation, die sehr deutlich oberhalb von 20 Milliarden Euro liegt“, sagte eine Person mit Kenntnis der Beratungen der Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag. „Aus dem, was wir bis jetzt wissen, sind es auf jeden Fall mehr als zehn Milliarden“, fügte der Insider hinzu.
Eine weitere mit den Zahlen vertraute Person sagte, das sei eine realistische Größenordnung. Der Insider sagte weiter, die für die USA geschätzte Summe umfasse eine Entschädigung der Kunden, die Reparatur der manipulierten Fahrzeuge sowie eine mögliche Strafe durch das US-Justizministerium und eine Kompensation für den jahrelangen überhöhten Stickstoffausstoß.
In der genannten Summe seien die wegen der Reparatur der weltweit rund elf Millionen von Manipulation der Dieselabgaswerte betroffenen Fahrzeuge bereits zurückgestellten 6,7 Milliarden Euro ebenfalls enthalten. Denkbar wäre, dass die Gesamtsumme buchhalterisch auf zwei Jahre aufgeteilt werde, sagte die Person.
Gleichberechtigung für deutsche Kunden gefordert
Ob ein Deal in den USA sich anschließend auf die Situation in Europa mit etwa 8,5 Millionen Fahrzeugen übertragen ließe, gilt als fraglich. Deutsche Verbraucherschützer haben VW jedenfalls aufgefordert, deutschen Kunden den Rückkauf von betroffenen Dieselautos anzubieten. „Das wäre ein gutes Angebot und eine kulante Lösung, die dem VW-Image gut tun würde“, sagte der Chef des Bundesverbandes der Verbraucherzentralen (vzbv), Klaus Müller, dem „Tagesspiegel“ (Freitag-Ausgabe).
Alternativ schlug er eine Entschädigung in Höhe von rund 1.000 Euro vor. Bei einem Rückkauf könnten Kunden nur den Zeitwert verlangen, nicht den Neupreis, räumte Müller ein. Für Kunden, die ihr Auto behalten wollen, sollte VW alternativ eine Entschädigung anbieten, um den absehbaren Mehrverbrauch beim Kraftstoff oder die Leistungseinschränkungen auszugleichen.
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