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Kaum Kontrolle über Content

Im US-Bundesstaat Ohio ist Medienangaben zufolge eine Frau unter dem Vorwurf verhaftet worden, die Vergewaltigung ihrer 17-jährigen Freundin mit der Livestream-App Periscope im Internet übertragen zu haben. Die Behörden wurden laut BBC durch Hinweise von Usern auf die bereits zwei Monate zurückliegende Tat aufmerksam gemacht.

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Das Opfer habe sich Angaben der Nachrichtenagentur AP zufolge am 27. Februar mit der Festgenommenen in einer Wohnung in Columbus verabredet, in der bereits deren Freund wartete. Dieser sei dann über die Frau hergefallen und habe sie vergewaltigt. Seine Freundin filmte die Tat und streamte diese über den Twitter-Dienst Periscope. Laut ihrem Anwalt bestreitet die Frau die Tat.

Gewalt in Echtzeitübertragung

Twitter gab vorerst keinen Kommentar zu den Vorwürfen ab. Die Nutzungsbedingungen von Periscope untersagen gewalttätige Darstellungen, doch in der Praxis kann der via Livestreamingdiensten verbreitete Content kaum kontrolliert werden. Die Echtzeitübertragung von Gewalt und Verbrechen ist kein Ausnahmefall. Ende März etwa tauchte ein Video auf, in dem sich ein Mann in Chicago beim Besuch der Nachbarschaft seiner Kindheit selbst filmte. Im Laufe des Videos wird der Mann von einem unbekannten Angreifer von 16 Schüssen getroffen und schwer verletzt.

In anderen Fällen der letzten Monate wurden etwa ein Raubüberfall in Utah, Kämpfe zwischen rivalisierenden Banden in London und die Autofahrt einer unter Drogen stehenden Frau live übertragen. In den genannten Beispielen alarmierten Zuseher der Videos die Einsatzkräfte, doch die Vorfälle werfen die Frage auf, wie Betreiber der Dienste in Zukunft mit derartigem Content umgehen wollen. Schon jetzt tun sich Social-Media-Dienste schwer dabei, illegale Inhalte aus der Masse der Postings herauszufiltern und zu löschen - Stichwort Hasspostings.

Nutzer sollen Inhalte melden

Wie das Onlineportal Wired berichtet, setzt etwa Facebook dabei voll und ganz auf die Nutzer, um illegale, unangemessene und pornografische Inhalte zu filtern und entfernen. Via Button soll derartiger Content von Sehern gemeldet und von einem Team bearbeitet werden. Diese Strategie hat freilich einige Schwachstellen.

Zum einen bedeutet eine Meldung, dass man den betreffenden Content de facto schon gesehen hat. Zum anderen melden viele Menschen laut einer Community-Managerin auch Inhalte, die ihnen einfach nicht gefallen. Moderatoren müssen sich damit durch eine Vielzahl auch unbegründeter Beschwerden kämpfen. Bei einem Livestream keimt da die Vermutung auf, dass ein Ereignis schon Vergangenheit sein dürfte, bis das Community Management Zeit für die Bearbeitung hat. In den Fällen der letzten Monate konnte jedenfalls kein Unternehmen rechtzeitig reagieren.

Unkontrollierbare Datenmenge

„Die Menge des täglich erstellten und hochgeladenen Contents ist viel zu groß, um sie manuell zu moderieren. Automatische Systeme arbeiten allerdings zu ungenau, um wirksam zu sein“, zeigt sich auch Joss Wright vom Oxford Internet Institute gegenüber der BBC überzeugt. „Es gibt fast keinen geeigneten Weg, um zu verhindern, dass Content wie dieser hochgeladen und geteilt wird.“

Jedes System, dass das Teilen verhindern würde, hätte außerdem schwerwiegende Folgen für die Meinungsfreiheit und die Publikation von legalem, aber kontroversiellen Content, so Wright. Das Internet habe die Situation für das Opfer im konkreten Fall schlimmer gemacht. Es sei aber wie bei anderen Verbrechen - Vermeidung sei nicht immer möglich.

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