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Hintergrund zur internationalen Recherche

Die Enthüllungen der Panama-Papers haben schon in den ersten Tagen hohe Wellen geschlagen und für Rücktritte in Wirtschaft und Politik gesorgt. Zugleich mehrten sich die Kritik an der und die Fragen zur Recherche des internationalen Recherchenetzwerks ICIJ und seiner Medienpartner - in Österreich der ORF und „Falter“. Im Folgenden Antworten auf die wichtigsten Fragen:

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Woher stammen die Informationen?

Ein anonymer Informant spielte der „Süddeutschen Zeitung“ („SZ“) den Datensatz zu. „Ich will, dass diese Straftaten öffentlich werden“, erklärte diese Quelle gegenüber der „SZ“ ihre Beweggründe. Unklar ist, woher diese Quelle Zugang zu den Daten hatte. Zur Aufarbeitung der Daten wählte die „SZ“ das Internationale Konsortium investigativer Journalisten (ICIJ) und dessen Medienpartner.

Wer steckt hinter dem ICIJ?

Das ICIJ mit Sitz in Washington wurde als internationaler Verein 1997 gegründet. Derzeit gehören dem Verein weltweit rund 200 investigative Journalisten an, die lose zusammenarbeiten. Das ICIJ ist Teil des Center for Public Integrity (CPI), einer US-amerikanische Non-Profit-Organisation für Investigativjournalismus.

Wer finanziert das Investigativnetzwerk?

CPI und ICIJ werden von Spendengeldern finanziert - zuletzt etwa von Stiftungen aus Australien, Großbritannien, den Niederlanden und den USA, darunter die Ford Foundation, die Adessium Foundation, die Open Society Foundation und das Pulitzer Center of Crisis Reporting. Unterstützung von Regierungen wird nicht angenommen.

Steckt eine „Verschwörung“ des Westens dahinter?

Auf Kritik an der Berichterstattung über die Panama-Papers stieß etwa, dass Russlands Präsident Wladimir Putin in diesem Zusammenhang in großem Umfang erwähnt wurde, obwohl sein Name gar nicht direkt in den Dokumenten zu finden war. Dafür tauchte aber sein enger Vertrauter, der Cellist Sergej Roldugin, immer wieder als Besitzer von Offshore-Firmen auf - obwohl er eigenen Angaben zufolge „sicher kein Businessmann“ sei. Das ICIJ zog den Schluss, dass über Roldugins Firmen Bestechungszahlungen in Putins Umfeld geflossen sind.

Der Kreml bezeichnete die Berichterstattung als „Verschwörung“ des Westens. Auch der ehemalige britische Botschafter in Usbekistan, Craig Murray, kritisierte den westlichen „Filter“ bei der Aufarbeitung der Panama-Papers. Berichtet werden und wurden aber weltweit die Verbindungen von Politikern und Vermögenden zu Offshore-Gesellschaften - auch mit Konsequenzen in westlichen Ländern. So trat etwa der isländische Premier Sigmundur David Gunnlaugsson bereits zurück, sein britischer Amtskollege David Cameron kam in Erklärungsnot.

Wo sind die US-Amerikaner in den Panama-Papers zu finden?

Laut dem an den ICIJ-Recherchen beteiligten US-Kabelsender Fusion wurden bisher über 200 Personen mit US-Adressen in den Daten der panamaischen Anwaltskanzlei Mossack Fonseca (Mossfon) gefunden, allerdings wurde dafür nur ein Bruchteil der gesamten Dokumente durchgearbeitet. Die meisten sind laut Fusion noch gar nicht identifiziert. Bisher sind keine US-Politiker oder prominente Amerikaner bekannt.

Warum die US-Amerikaner im internationalen Vergleich unterrepräsentiert sind, kann zudem weitere Ursachen haben. So haben Amerikaner etwa Steueroasen direkt in den USA - etwa Delaware und Nevada. Sie müssen daher nicht unbedingt über Panama aktiv werden. Der „New Yorker“ berichtete über einen weiteren möglichen Faktor: ein 2010 zwischen den USA und Panama geschlossenes Handelsabkommen, das Panama verpflichtete, den US-Behörden auf Anfrage Informationen über Eigentümer von Unternehmen, Stiftungen und Trusts mitzuteilen. Das machte Panama für Offshore-Business von Amerikanern unattraktiver.

Warum werden nicht alle Namen veröffentlicht?

Die Aufarbeitung der Panama-Papers enthüllt systemische Missstände im Offshore-Business und zeigt, wie Politiker, Banken, Kriminelle und prominente Vermögende von der Verschwiegenheit von Steueroasen profitieren - zulasten der Steuerzahler. Nicht berichtet wird über Firmen und Personen, die nicht im öffentlichen Informationsinteresse stehen. Zudem sind nicht alle Aktivitäten in Zusammenhang mit Offshore-Firmen illegal.

Warum werden nicht alle Daten öffentlich zugänglich gemacht?

WikiLeaks kritisierte, dass ICIJ den Datensatz, der der „Süddeutschen Zeitung“ zugespielt worden war, nicht der Allgemeinheit und auch nicht der Justiz zur Verfügung stellen wird. „Weil wir das Redaktionsgeheimnis wahren und wir keine Hilfssheriffs des Staates sind“, argumentierte „Falter“-Chefredakteur Florian Klenk. Das Redaktionsgeheimnis ist in Österreich gesetzlich verankert und soll es Medien ermöglichen, ihre Informanten zu schützen und Aufdeckungsarbeit im öffentlichen Interesse zu betreiben.

WikiLeaks hatte 2007 teilweise geheime Dokumente aus Wirtschaft, Politik und Diplomatie veröffentlicht - ohne journalistische Aufarbeitung. Am 9. Mai will das ICIJ aber die Namen der über 214.000 Offshore-Gesellschaften veröffentlichen, die über Mossfon liefen sowie die Namen der Menschen, die mit diesen Firmen verbunden sind.

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