Passagierflugzeuge heben wieder ab
Der seit dem Terroranschlag vom 22. März geschlossene Flughafen Brüssel-Zaventem soll am Sonntag teilweise wieder geöffnet werden. Der Passagierverkehr werde anlaufen, teilte der Betreiber am Samstag mit. Passagiere müssen sich aber auf verschärfte Sicherheitskontrollen einstellen.
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Passagiere und deren Gepäck sollen schon an der Schwelle des Gebäudes kontrolliert werden. Darauf hatten sich Gewerkschaften der Flughafenpolizei und der engste Mitarbeiterstab des belgischen Innenministers Jan Jambon verständigt. Bei den Attacken islamistischer Terroristen waren am 22. März auf dem Flughafen Zaventem und in der Brüsseler U-Bahn 32 Menschen ums Leben gekommen. Der Airport war seitdem für den Passagierverkehr geschlossen. Die Gewerkschaften hatten die verstärkten Kontrollen gefordert und auch mit Streik gedroht.

APA/AFP/John Thys
Der Brüsseler Flughafenterminal am Tag des Anschlags
Zunächst nur mit dem Auto zum Flughafen
Flughafenchef Arnaud Feist sagte, am Sonntag seien drei Flüge von Brussels Airlines geplant - nach Faro, Turin und Athen. Ein Sprecher der Polizei riet Fluggästen, mindestens zwei Stunden vor Abflug zum Airport zu kommen. Mit einer Rückkehr zur vollen Auslastung rechnet der Betreiber bis Ende Juni oder Anfang Juli, wie Feist am Samstag mitteilte. Zunächst sollen nur etwa 800 Fluggäste pro Stunde von Brüssel aus abfliegen können. Das wäre gut ein Fünftel der üblichen Kapazität.
Belgiens größte Fluglinie, eine Lufthansa-Tochter, ist am stärksten von der Schließung betroffen. Das Unternehmen schätzt die Kosten auf fünf Mio. Euro pro Tag. Insgesamt fliegen von Brüssel aus 77 Fluggesellschaften 226 Ziele an. Zunächst soll der Airport nur mit dem Auto angefahren werden dürfen, erläuterte der Flughafenbetreiber. Zur Kontrolle der Nummernschilder werden Spezialkameras aufgestellt. Zudem sollen Fahrzeuge stichprobenartig untersucht werden. Patrouillen von bewaffneter Polizei und Militär werden erhöht.
Bericht: IS-Sympathisanten auf Flughafen beschäftigt
Neben Flughafenpolizisten prangerten auch Gewerkschaften der Airport-Beschäftigten zuletzt Sicherheitsprobleme an. „Die Behörden haben es versäumt, den Beschäftigten einen sicheren Arbeitsplatz zu bieten“, hieß es in einem offenen Brief. Nach einem unbestätigten Bericht der Tageszeitung „De Standaard“ sollen bis zu 50 Sympathisanten der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) auf dem Flughafen beschäftigt sein.
Krawalle in Molenbeek
Im Brüsseler Problembezirk Molenbeek, in dem viele Einwanderer leben, kam es unterdessen am Samstag zu Krawallen. Trotz des Verbotes einer anti-islamistischen Demonstration versammelten sich mehrere hundert Menschen. Im Brüsseler Zentrum kamen nach Polizeiangaben zudem mehrere linksgerichtete Gruppen zusammen. Beamte lösten die Versammlungen auf. Sie nahmen vorübergehend mehr als hundert Menschen in Gewahrsam, von denen jedoch nur zwei weiter festgehalten wurden.

AP/Olivier Matthys
In Molenbeek marschierten mehrere hundert Rechtsextreme auf, Gegendemonstranten erwarteten sie bereits
Bei einem der Festgenommenen soll es sich um einen Kraftfahrer gehandelt haben, der eine Polizeikette durchbrach und eine Passantin verletzte. Gegen Abend beruhigte sich die Lage. Die Bürgermeisterin von Molenbeek, Francoise Schepmans, hatte das Demonstrationsverbot am Mittwoch damit begründet, dass Proteste zu gewalttätigen Auseinandersetzungen führen könnten. Der Aufruf zu der Kundgebung stammte von der rechtsextremen Gruppierung Generation Identitaire.
Am Ostersonntag hatten im Stadtzentrum von Brüssel rund 300 Hooligans für Entsetzen gesorgt, als sie auf dem zentralen Börsenplatz nationalistische Parolen verbreiteten. Molenbeek geriet in den vergangenen Monaten immer wieder wegen islamistisch motivierter Anschläge in die Schlagzeilen.
Abdeslam lehnte Selbstmordanschlag angeblich ab
Der mutmaßliche Attentäter von Paris, Salah Abdeslam, weigerte sich nach Angaben seines Bruders Mohammed, sich am Tag der Anschläge ebenfalls in die Luft zu sprengen. Er sagte dem französischen Fernsehsender BFM, sein Bruder habe das ihm gegenüber erklärt. Salah habe gesagt, wenn er wie die anderen Attentäter am 13. November seinen Sprengsatz gezündet hätte, hätte es mehr Opfer gegeben.
„Glücklicherweise konnte ich das nicht durchziehen“, habe Salah gesagt. Salah Abdeslam war am 18. März nach monatelanger Fahndung in Brüssel festgenommen worden und soll bald nach Frankreich ausgeliefert werden. Er ist seinen Anwälten zufolge bereit, mit den französischen Behörden zu kooperieren.
„Attentat in Frankreich vereitelt“
Im Zusammenhang mit Ermittlungen gegen den in Frankreich festgenommenen Terrorverdächtigen Reda K. stellte die belgische Justiz unterdessen Haftbefehl gegen den 33-jährigen Belgier Y. A. aus. Diesem wird von der Staatsanwaltschaft vorgeworfen, an einer terroristischen Vereinigung teilgenommen zu haben. Zu Details machten die Ermittler keine Angaben. Nach Medieninformationen wurde der Mann im Zentrum Brüssels festgenommen.
Gegen den 34-jährigen Reda K. wurde in Frankreich ein Anklageverfahren wegen Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung eingeleitet. Nach Angaben von Frankreichs Innenminister Bernard Cazeneuve wurde durch die Festnahme des 34-jährigen Franzosen ein „im fortgeschrittenen Stadium geplantes Attentat in Frankreich vereitelt“. Bei der Durchsuchung seiner Wohnung in Argenteuil bei Paris wurden unter anderem Sprengstoff, wie er auch vom IS verwendet wird, und weiteres Material zum Bau von Sprengsätzen sowie ein gutes Dutzend Schusswaffen gefunden.
Italien will Algerier ausliefern
Ein im Zusammenhang mit den Terrorattacken von Paris und Brüssel festgenommener Algerier soll zudem von Italien nach Belgien ausgeliefert werden. Das beschloss ein Gericht im süditalienischen Salerno. Der Mann soll zu einer Bande von Passfälschern gehören, die mit den Attentätern in Verbindung standen. Belgien hatte den Algerier mit einem europäischen Haftbefehl gesucht. Er war am vergangenen Samstag in der Nähe von Salerno in der Region Kampanien inhaftiert worden.
Pässe für Attentäter gefälscht?
Laut Polizei soll die auf Passfälschungen spezialisierte Bande auch Dokumente produziert haben, die von den Verantwortlichen der Anschläge in Brüssel im März und in Paris im November genutzt wurden sowie vom inhaftierten Terrorverdächtigen Salah Abdeslam, der bald von Belgien nach Frankreich ausgeliefert werden soll. Der Algerier hatte nach seiner Festnahme betont, er sei unschuldig.
Das Gericht in Salerno wies den Antrag der Staatsanwaltschaft zurück, die Auslieferung 60 Tage auszusetzen, um zunächst in Italien weitere Ermittlungen zu ermöglichen. Der Anwalt des Verdächtigen kündigte an, er werde die Entscheidung vor dem höchsten Gericht anfechten.
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