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Zwölf Ausländer unter Verletzten

Bei einem Selbstmordanschlag in der türkischen Metropole Istanbul hat ein Attentäter am Samstag laut Behörden vier Menschen mit sich in den Tod gerissen. Zudem wurden mindestens 36 Personen verletzt, bei zwölf von ihnen handelt es sich laut türkischem Gesundheitsministerium um Ausländer.

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Bei den Todesopfern handelt es sich offenbar um zwei Israelis und - wie das Weiße Haus am Abend mitteilte - zwei US-Bürger. Zuvor hatten türkische Medien von drei getöteten Israelis und einem toten Iraner berichtet.

Der Tatort im Stadtzentrum wurde weiträumig abgeriegelt. Die Polizei war mit einem Großaufgebot an Ort und Stelle. Hubschrauber kreisten über der Detonationsstelle, zahlreiche Rettungswägen waren an Ort und Stelle. Österreicher sind laut dem Außenministerium nicht unter den Opfern. Unter den Verletzten sind Bürger aus Israel, Irland, Dubai, Island und dem Iran.

„Tote Menschen, schreckliche Szenen“

Die Nachrichtenagentur Dogan veröffentlichte Aufnahmen von Überwachungskameras, die offenbar zeigen, wie der Sprengsatz neben einer Gruppe von Passanten detoniert. „Wir haben eine laute Explosion gehört und sind zum Fenster gerannt“, berichtete ein Anwohner. Auf der Straße habe er Leichenteile gesehen. Auch auf dem zentralen Taksim-Platz seien die Erschütterungen zu spüren gewesen, sagte ein weiterer Zeuge.

Auch die britische Sängerin Skin, Gründerin der Band Skunk Anansie, wurde Zeugin des Anschlags. „Massive Bombenexplosion vor unserem Hotel“, schrieb die 48-Jährige am Samstag auf Twitter. „Ich bin ok, sehr erschüttert, tote Menschen, schreckliche Szenen“, postete Skin bei dem Kurzmitteilungsdienst. Das Gebäude habe gezittert, und viele Menschen seien verletzt. „Die Stadt ist gesperrt, überall bewaffnete Polizisten in Zivil, beängstigende Zeiten“, schrieb die Sängerin weiter und sprach den Opfern und Familien ihre Anteilnahme aus.

Mehrere Tote nach Anschlag in Istanbul

In Istanbul ist es am Samstagvormittag erneut zu einem Terroranschlag gekommen. Fünf Menschen sollen getötet worden sein, darunter auch der Attentäter.

Polizei konnte noch Schlimmeres verhindern

Noch hat sich niemand offiziell zu dem Anschlag bekannt. Erste Spuren wiesen auf eine Urheberschaft der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK bzw. einer ihrer verbündeten Gruppen hin, erklärte ein namentlich nicht genannter türkischer Behördenvertreter kurz nach der Explosion gegenüber Reuters. Später relativierten Behördenvertreter diese Aussage; der Anschlag sei von der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) oder der PKK verübt worden, hieß es.

Anschlagsort in Istanbul

APA/AP/Emrah Gurel

Der Anschlagsort wurde weiträumig abgeriegelt

Laut der Quelle habe die Polizei noch Schlimmeres verhindern können. Der Attentäter habe seine Bombe „aus Angst“ zu früh gezündet; die Detonation hätte an einer noch belebteren Stelle stattfinden sollen. Der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu kündigte an, sein Land werde „mit ganzer Kraft“ gegen den Terrorismus vorgehen. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu sagte, der „inhumane“ Anschlag zeige nicht zuletzt, wie „korrekt“ das derzeitige Vorgehen der Türkei sei.

Der iranische Außenminister Mohammed Dschawad Sarif verurteilte den Anschlag. Der Terrorismus habe seine „hässliche Fratze“ gezeigt. Der französische Außenminister Jean-Marc Ayrault sprach von einer „verabscheuungswürdigen und feigen“ Attacke. NATO-Chef Jens Stoltenberg sah darin eine „Gräueltat gegen die zivile Bevölkerung und unseren Verbündeten“. Auch die türkische prokurdische Partei HDP äußerte sich mit Abscheu über den Anschlag und lehnte Gewalt gegen Zivilisten ab.

Istanbul-Anschlag: ORF-Korrespondent zu den Hintergründen

ORF-Korrespondent Jörg Winter erklärt in Istanbul die möglichen Hintergründe des Anschlags.

AKP-Politikerin sorgte für Skandal

Für einen Skandal sorgte die Abgeordnete der türkischen Regierungspartei AKP, Irem Aktas, die per Twitter verkündete, sie wünsche sich, dass die bei dem Anschlag verletzten Israelis sterben mögen. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu wies das israelische Außenministerium an, eine Verurteilung des Tweets durch das türkische Außenamt zu fordern. Aktas sei auch Direktorin für die digitale Kommunikation von Präsident Recep Tayyip Erdogan, berichtete die israelische Nachrichtenseite Ynet.

Der Tweet löste zahlreiche empörte Reaktionen in den Sozialen Medien aus und wurde kurze Zeit später gelöscht. Die Frauensprecherin der AKP erklärte in einer Twitter-Botschaft, die Partei habe bereits Schritte gegen die Abgeordnete eingeleitet. Deren Ansichten würden nicht den Positionen der AKP entsprechen.

Zweiter Anschlag binnen einer Woche

Erst vergangenen Sonntag gab es einen Anschlag in der Hauptstadt Ankara mit 37 Toten, zu dem sich eine Splittergruppe der verbotenen kurdischen Arbeiterpartei PKK bekannte. Die TAK ging 2004 aus der PKK hervor und verübte Anschläge in Städten. Die Gruppe hatte sich schon im Februar zu einem Anschlag auf einen Militärkonvoi in Ankara bekannt.

Am Donnerstag und Freitag waren das deutsche Generalkonsulat in Istanbul, die Botschaft in Ankara und weitere deutsche Einrichtungen wegen einer Terrorwarnung geschlossen worden. Das Auswärtige Amt hatte Deutsche am Wochenende zu Achtsamkeit in Istanbul aufgerufen.

In der Türkei kommt es immer wieder zu Anschlägen. In Istanbul hatte im Jänner ein Selbstmordattentäter zwölf deutsche Touristen mit in den Tod gerissen. Die Tat wurde der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) zugerechnet. Am 10. Oktober 2015 sprengte sich ein Selbstmordattentäter während einer kurdischen Demonstration in Ankara in die Luft. 103 Menschen starben damals. Auch für diesen Angriff machen die türkischen Behörden den IS verantwortlich.

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