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Albanien im Blickfeld

Seit Langem wird spekuliert, welche Wege die Zehntausenden Flüchtlinge in Richtung Mittel- und Westeuropa, vor allem nach Deutschland, einschlagen könnten, wenn die Balkan-Route von Mazedonien weiter abgeriegelt wird. Auch wird das Szenario beschrieben, Tausende im nordgriechischen Idomeni festsitzende Menschen könnten sich gewaltsam nach Mazedonien durchschlagen.

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Die an der mazedonischen Grenzstadt Gevgelija blockierte Grenze ist mit einem stark gesicherten doppelten Zaun gesperrt. Spezialpolizisten zur Abwehr von Demonstranten sind mit Wasserwerfern, Blendgranaten und gepanzerten Fahrzeugen ausgerüstet. Sie werden logistisch beraten und unterstützt von Polizisten aus Slowenien, Ungarn, Tschechien, der Slowakei und Kroatien. Besonders die Erfahrungen Ungarns bei der Grenzschließung im letzten September dürften genutzt werden. Ein gewaltsames Einreißen dieser Befestigungen gilt als unwahrscheinlich.

Auch Verteidigungsminister Hans Peter Doskozil (SPÖ) hatte Mitte Februar angekündigt, Mazedonien mit österreichischen Soldaten bei der Grenzsicherung zu unterstützen. Bisher wurden keine Soldaten aus Österreich entsandt, hieß es aus dem Verteidigungsministerium gegenüber ORF.at: „Die konkrete Unterstützung ist natürlich vom mazedonischen Bedarf abhängig.“ Die Regierung habe dazu erste Gespräche mit Mazedonien geführt.

Umweg über Italien möglich

Eine neue Flüchtlingsroute könnte über Westgriechenland mit Schiffen nach Italien laufen. Allerdings gibt es bei Weitem nicht solche Infrastrukturen wie an der türkischen Küste. Auch ist die Entfernung zum Beispiel zwischen Igoumenitsa und Otranto in Italien mit 168 Kilometern deutlich größer als von der Türkei zu den ostägäischen Inseln, wo die Überfahrt oft nur eine gute Stunde dauert.

Eine zweite potenzielle Route führt über Albanien. Regierungschef Edi Rama hat angekündigt, sein Land werde sich dem Transit von Flüchtlingen mit allen Mitteln widersetzen. Das Gelände zwischen Griechenland und Albanien ist gebirgig und wahrscheinlich nicht lückenlos von der Polizei zu überwachen. Allerdings gibt es in Südalbanien keinerlei Eisenbahnverbindungen, um Zehntausende Menschen wie zuletzt über die Balkan-Route zu transportieren.

Schwierige Route über Albanien

Sollten es die Menschen meist zu Fuß über Gebirgspässe doch bis nach Durres schaffen, dem wichtigsten albanischen Hafen, müssten sie mit Schiffen nach Italien übersetzen. In den 90er Jahren nutzten kriminelle Banden mit stark motorisierten Schnellbooten diese Strecke zum Schmuggel von Zigaretten und Drogen. Die von der Motorenleistung hoffnungslos unterlegene italienische Küstenwache hatte oft das Nachsehen. Ob allerdings Zehntausende Menschen so transportiert werden könnten, ist fraglich.

Schließlich bleibt der Landweg von Albanien über Montenegro und Kroatien oder Bosnien-Herzegowina nach Slowenien und Österreich. Im südkroatischen Dalmatien, in Montenegro und in Bosnien gibt es keine nennenswerten Zugsverbindungen. Auch die Straßen - von der kroatischen Küstenautobahn im Hinterland der Adria abgesehen - sind oft in einem schlechten Zustand. Es ist wenig wahrscheinlich, dass in der sehr gebirgigen Region schnell eine Infrastruktur aus dem Boden gestampft werden kann, die Tausende Menschen durchschleust.

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