Virale Spots, bevor es das Wort gab
Als die damalige Frauenministerin Helga Konrad Mitte der 1990er Jahre die Werbefirma Demner, Merlicek & Bergmann mit einer Kampagne beauftragt hat, konnte wohl keiner absehen, dass diese in den österreichischen Alltagswortschatz Eingang finden würde - und das, obwohl die drei TV-Spots mit den jungen Männern, die es anders machen, nur wenige Wochen zu sehen waren.
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Heute würde frau sagen: Die Kampagne wurde viral, 1996 war aus Social-Media-Perspektive aber noch die mediale Steinzeit. Die Kurzvideos sorgten trotzdem für enormes Aufsehen. Ganz Österreich sprach darüber - und über die damit verknüpfte politische Forderung der Frauenministerin, Männer per Gesetz in Sachen unbezahlte Arbeit wie Hausarbeit, Kinderbetreuung und Pflege stärker in die Pflicht zu nehmen.
Ironisch gebrochen
Drei junge Männer erzählen, wie sie mittlerweile zu „ganzen Männern“ geworden sind und sich mit ihrer Freundin bzw. Frau die Arbeit in Haushalt und die Sorge für die Kinder teilen. Das Ganze wird knapp und launig erzählt, mit ironischem Blick auf die „Pioniere“ und einem Gespür für Zweideutigkeiten - ohne dabei die nun selbst erspürten Mühen des häuslichen Alltags aus dem Blick zu verlieren. Die Protagonisten - darunter der heute aus „Soko Donau“ bekannte Schauspieler Gregor Seberg - dürfen dabei dem gemütlichen Couchleben ohne lästige Verpflichtungen durchaus eine Träne nachweinen.
„Halb so schlimm“
Das Ganze sei halb so schlimm, sagt der „ganze Mann“ Nummer eins. Und das Beste sei, „man lernt jedes Mal etwas dazu“.
Versagensängste beim Putzen
Angst zu versagen habe er schon gehabt, meint er. Und: „So toll wie am Anfang ist es mittlerweile nicht mehr.“ Trotzdem kommt er zum Schluss: „Aber was sein muss, muss sein.“
„Ich mach’s“
Der „ganze Mann“ Nummer zwei, Typ Yuppie, gibt es nur ungern zu, aber ja: „Ich mach’s.“ Die „Gattin“ habe ja auch einen wichtigen Posten in der Firma, daher mache er dann eben „solche Sachen“.
„Auch mein Sohn“
Besonders gut findet es die Frau des Yuppies, „wenn ich es vor den Kindern mache“. Damit sie etwas lernen. „Und ich will ja auch, dass mein Sohn einmal so ein ganzer Mann wird.“
„Und so war’s dann“
Der „ganze Mann“ Nummer drei wollte zunächst gleich gar nicht - nicht zuletzt aus Rücksicht auf seine „total konservativen“ Eltern, wie er sich gekonnt tolpatschig rechtfertigt.
Weiblicher Vertrauensvorschuss
Die Freundin habe ihm „total geholfen“. Sie habe gesagt, dass er das schon schaffe. Und tatsächlich: Dadurch sei er „zum ganzen Mann geworden“.
Die Bewusstseinskampagne traf 1996 einen Nerv - der Slogan blieb hängen und ist längst Teil des österreichischen Wortschatzes - selbst andere Werbekampagnen spielten schon darauf an, etwa zum zehnjährigen Jubiläum eine Plakataktion für einen heimischen Kabelbetreiber. Von den inhaltlichen Forderungen wurde allerdings vieles bis heute nicht umgesetzt.
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