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„Asylrecht nun noch strenger“

Österreich will Afghanen davon abhalten, sich überhaupt auf den Weg nach Österreich zu machen. Deshalb startet das Innenministerium an Ort und Stelle eine „Informationskampagne“. Im Internet, im Fernsehen, in Zeitungen und sogar auf Bussen werden Slogans wie „Österreichs Asylrecht nun noch strenger“ unters Volk gebracht.

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Dass sich die Kampagne an die Afghanen wendet, ist nicht überraschend. Mit rund 25.500 Asylanträgen waren sie im Vorjahr die stärkste Flüchtlingsgruppe in Österreich. Gleichzeitig kehrten nur 189 Afghanen heim. Freilich gab es mit rund 45 Prozent auch eine hohe Asylanerkennungsquote für Bürger dieses Landes.

„Viele innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten“

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) ficht das nicht wirklich an. Bei der Präsentation der Kampagne am Dienstag sprach sie von „sehr vielen innerstaatlichen Fluchtmöglichkeiten“ in Afghanistan. Allerdings: Die Website des Außenministeriums rät allen Österreichern „dringend“, das Land zu verlassen. Die österreichische Botschaft in Kabul sei „aus Sicherheitsgründen“ geschlossen. Als Ursache werden stichwortartig „(bürger)kriegsähnliche Zustände, verhängtes Kriegsrecht, Krieg, Bürgerkrieg“ genannt.

Innenministerin Johanna Mikl-Leitner präsentiert neue Plakate

APA/Herbert Pfarrhofer

Ein Plakat auf Persisch

Österreich habe mittlerweile das strengste Asylrecht Europas, so Mikl-Leitner. Die Afghanen darüber zu informieren sei ein „Gebot der Fairness“. Denn diese würden oft durch Lügen von Schleppern angelockt. Bereits im Vorjahr kamen im Kosovo ganz ähnliche Sujets zum Einsatz - mit großem Erfolg, wie das Ministerium meinte.

Spots, Inserate, Plakate, Social Media

Besonders setzt die Innenministerin auf die geplanten Fernsehspots, gebe es in Afghanistan doch viele Menschen, die des Lesens nicht mächtig seien. Gesendet werden vor allem Beiträge mit Heimkehrern, die von enttäuschten Erwartungen berichten sollen. Bespielt werden auch Soziale Netzwerke in den Heimatsprachen. Die Facebook-Präsenz des Innenministeriums in Afghanistan hat, obwohl erst vor Kurzem gestartet, bereits 32.000 Likes. Allerdings verweist die Seite wiederum auf Refugee Guide, eine Seite, die sich an bereits in Österreich befindende Flüchtlinge richtet.

Dazu kommen Inserate in diversen Zeitungen, Onlineinserate sowie Großplakate in den fünf bevölkerungsreichsten Städten Afghanistans. Nur in der Hauptstadt Kabul werden Autobusse mit den unterschiedlichsten Slogans durch die Straßen fahren.

Ähnlichkeit mit FPÖ-Plakaten

Die vermittelten Botschaften sind jedenfalls ganz darauf ausgelegt, die Afghanen von der Flucht abzuhalten. So wird jeweils in großen Lettern betont, dass es ohne Einkommen keinen Familiennachzug gibt und dass Familiennachzug erst nach drei Jahren möglich ist. Dass das nur für subsidiär Schutzberechtigte gilt, ist wesentlich kleiner gehalten.

Das gleiche Schema bei einem der Hauptsujets: „Kein Asyl in Österreich“ sticht ins Auge, das vorangestellte „Bei wirtschaftlichen Gründen“ geht zumindest beim ersten Blick unter. „Asyl nur befristet“ verweist auf „Asyl auf Zeit“, das im Parlament noch gar nicht beschlossen wurde. Kritiker fühlen sich - nicht nur inhaltlich, sondern auch optisch - an FPÖ-Kampagnen erinnert. In der deutschen Version ähneln Schriftbild und Farbgebung tatsächlich den freiheitlichen Plakaten.

Vorbild Australien

Das Ministerium gab als Vorbild laut „Kronen Zeitung“, die als erstes Medium vorab über die Aktivitäten des Ministeriums berichtete, allerdings eine australische Flüchtlingsabschreckungskampagne an. Diese war im Frühjahr 2014 gestartet worden, der Slogan „No Way. You will not make Australia home“ sorgte international für Kritik. Die Aussage, dass „Schlepper lügen“, findet sich auch im australischen Original. Die Kampagne sorgte aber auch deshalb für Aufregung, weil sie allein im ersten Jahr mehr als 20 Millionen Dollar gekostet hatte.

Infokampagne in Afghanistan

Die Regierung greift jetzt zu einem ungewöhnlichen Mittel: Mit Plakaten und einer großangelegten Kampagne in Afghanistan sollen Flüchtlinge davon abgehalten werden, nach Österreich zu flüchten.

Für Österreich wird es billiger: Was die Kosten angeht, profitiert das Innenministerium von den örtlichen Preisen. Die gesamte Kampagne wird nur mit rund 10.000 Euro zu Buche schlagen. Allerdings ist Afghanistan erst Land eins der „Informationsoffensive“. In den nächsten Wochen werden ähnliche Aktionen in den Maghreb-Staaten Tunesien, Marokko und Algerien gestartet.

Wie konkret sind Fluchtpläne?

Ungarn, das nach seiner umstrittenen Plakatkampagne im eigenen Land im Vorjahr gegen Flüchtlinge ebenfalls „Informationen“ in Syrien und Afghanistan geplant hatte, sah sich übrigens auch ganz anderer Kritik ausgesetzt. Die meisten Menschen in diesen Ländern würden den Namen Ungarn zum ersten Mal hören, wenn sie an die Grenze des Landes gelangen. Ein Großteil der Flüchtlinge habe zu Beginn ihrer Flucht nur eine vage Vorstellung von dem Weg, der vor ihnen liegt. Viele von ihnen wissen nur, dass sie irgendwohin in Europa wollen.

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