„Bereiten uns längerfristig vor“
Wegen des österreichischen Grenzmanagements befürchtet die Slowakei, zum Zielland für Flüchtlinge zu werden. Ministerpräsident Robert Fico erwägt daher auch Absperrungen an der österreichischen Grenze, wie er am Rande des EU-Gipfels in Brüssel sagte.
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„Wir müssen auch technische Barrieren vorbereiten“, sagte der um einen Sieg bei der Parlamentswahl am 5. März kämpfende Ministerpräsident. „Wenn einige Länder so wie Österreich einseitig Maßnahmen treffen, könnte das zur Folge haben, dass wir unter einen riesigen Migrationsdruck geraten, und deshalb müssen wir ebenfalls einseitige Maßnahmen treffen“, erläuterte Fico. Die Vorbereitungen seien bereits im Laufen, versicherte der linkspopulistische Politiker. „Wir bereiten uns längerfristig darauf vor. Innenminister Robert Kalinak weiß, was er zu tun hat“, meinte Fico.
Mobile Barrieren
Laut Informationen der Tageszeitung „Die Presse“ (Onlineausgabe) sollen dabei „Hesco Raid 7 Concertainer“ zum Einsatz kommen. Mit Hilfe von solchen mobilen Barrieren sollen Flüchtlinge zu bestimmten Punkten geführt werden. Ob und wann das Material, das für einige Kilometer ausreicht, eingesetzt werde, sei noch nicht entschieden, so der Bericht.
Es könnte aber nicht nur an der Grenze zu Österreich verwendet werden. Nächste Woche soll eine Polizeiübung nahe der slowakischen Grenze zu Österreich und Ungarn stattfinden, wie mit den Barrieren, die aus geschweißten Aluminium-Zink-Geflecht ummantelt von einem Stahlgeflecht bestehen, umzugehen sei, so „Die Presse“.
Mikl-Leitner will Tagesquote senken
Österreich hält ungeachtet der scharfen EU-Kritik an seinem Kurs in der Flüchtlingspolitik fest. Das Innenministerium stellte am Freitag wie geplant auf tägliche Höchstzahlen für Flüchtlinge um: Seit 8.00 Uhr werde das neue „Grenzmanagement“ angewendet, hieß es aus dem Innenressort.
Es sieht vor, dass maximal 80 Asylanträge pro Tag an der Grenze angenommen werden. Dazu kommen noch jene Flüchtlinge, die in einen anderen Staat weiterreisen wollen. Hier lässt Österreich ab sofort nur noch 3.200 Personen pro Tag durch. Grundsätzlich werden ab Samstag die Übergänge von 6.00 bis 22.00 Uhr geöffnet sein. Ist das Kontingent ausgeschöpft, müssen die Asylsuchenden auf slowenischer Seite warten, bis am nächsten Tag um 6.00 Uhr Österreich wieder die Grenze öffnet.
„Gemeinsam die Bremse einlegen“
Die tägliche Höchstzahl von 80 Asylanträgen ist aber nach Ansicht von Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) auf Dauer nicht zu halten. „In weiterer Folge werden wir die täglichen Obergrenzen weiter senken müssen“, sagte sie am Freitag in einem Statement gegenüber der APA. Auch das werde aber strukturiert und abgestimmt mit den Nachbarstaaten erfolgen.
In der ersten Phase gehe es darum, die Balkan-Länder mit dem Rückstau nicht zu überfordern: „Wir dürfen nicht gegeneinander arbeiten, sondern legen gemeinsam die Bremse ein.“ Es sei wichtig, dass jedes Land entlang der Balkan-Route an seiner Grenze restriktiver vorgehe.

AP/Ronald Zak
Am steirischen Grenzübergang Spielfeld kamen bis Freitagmittag keine Flüchtlinge an
Während am Freitag in Spielfeld keine Flüchtlinge ankamen, verbuchte Mazedonien 1.200 Neuankömmlinge innerhalb von 24 Stunden. Serbische Medien berichteten, dass Serbien die Grenze zu Mazedonien bereits geschlossen habe. Serbische Behörden wiesen diese Berichte zurück, es gebe aber strengere Kontrollen, hieß es. Die Slowakei erwägt laut Ministerpräsident Robert Fico eigene „technische Barrieren“ an der Grenze zu Österreich zu bauen.
Für De Maiziere „inakzeptabel“
Ohne Österreich explizit zu nennen, drohte der deutsche Innenminister Thomas de Maiziere (CDU) mit einer Gegenreaktion Berlins auf das neue „Grenzmanagement“. „Falls einige Länder versuchen sollten, das gemeinsame Problem einseitig und zusätzlich auf den Rücken Deutschlands zu verlagern, so wäre das inakzeptabel und würde von uns auf Dauer nicht ohne Folgen hingenommen“, sagte er am Freitag.
Seine Parteikollegin, Kanzlerin Angela Merkel, hatte zuvor auf dem laufenden EU-Gipfel in Brüssel allerdings zu beruhigen versucht. Es habe keine hitzige Diskussion mit österreichischen Vertretern gegeben, dementierte sie kolportierte Gerüchte. Der Beschluss Wiens zu Asylquoten habe zwar „viele überrascht, besonders auf der Balkan-Route“, sagte Merkel Freitagfrüh. Die Entscheidung habe aber die Notwendigkeit zu einer EU-Lösung gemeinsam mit der Türkei deutlich gemacht.
Mikl-Leitner: „Wir stehen an der Seite von Merkel“
Auch Mikl-Leitner zeigte sich am Freitag bemüht, Einigkeit mit Merkel zu demonstrieren. „Wir stehen an der Seite von Angela Merkel“, so die Innenministerin im ZDF-„Morgenmagazin“. Auch sie wolle eine europäische Lösung. Man könne auf diese aber nicht warten, weshalb Österreich nationale Maßnahmen ergriffen habe. Diese seien „Tempomacher“, so Mikl-Leitner.

APA/Herbert Pfarrhofer
Mikl-Leitner sieht die österreichischen Maßnahmen als „Tempomacher“
Erneut bekräftigte die Innenministerin, dass es in puncto „Flüchtlingsobergrenzen“ keine Kursänderung seitens der Regierung geben werde. Die Kritik der EU-Kommission von Donnerstag, die in der österreichischen Regelung einen Rechtsbruch ortet, sei nicht berechtigt. Die „Koalition der Willigen“ - also jene Länder, die sich dazu bekennen, verstärkt nach Lösungen in der Flüchtlingskrise zu suchen, und dabei eng mit der Türkei kooperieren wollen - sieht Mikl-Leitner „sehr kritisch“, merkte jedoch gleichzeitig an, dass man das „Gemeinsame vor das Trennende stellen“ müsse.
Juristenkritik an Regierungsexperten
In der Tat könnten die österreichischen Beschlüsse zu Asylquoten gerichtliche Folgen haben. Die EU-Kommission hält das Vorgehen für unvereinbar mit der Europäischen Menschenrechtskonvention, der Genfer Konvention sowie mit Artikel 18 der EU-Grundrechtecharta. Sollte der juristische Dienst der EU-Kommission Fragen haben, werde Österreich darauf antworten, sagte Faymann am Freitag in Brüssel. „Unsere Juristen haben sich das genauso gut überlegt.“ Aus dem Umfeld des Bundeskanzlers hieß es am Rande des Gipfels gegenüber ORF.at, man werde es auf eine Klage durch die Kommission beim EuGH ankommen lassen.
Der Innsbrucker Europarechtler Walter Obwexer, der sich am Donnerstag gegen die Vorwürfe der EU-Kommission bezüglich Österreichs Flüchtlingsmaßnahmen gestellt hatte, stößt unterdessen an der eigenen Universität auf schwere Kritik. Obwexers Argumentation sei „rechtlich völlig falsch, ja geradezu hanebücherner Unsinn“, so Obwexers Kollege Peter Hilpold am Freitag. Die Vorwürfe gingen grosso modo ins Leere, sagte Obwexer zuvor - mehr dazu in oesterreich.ORF.at.
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