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„Ein möglicher Fall dokumentiert“

„Extrem beunruhigend“ findet Margaret Chan, Generalsekretärin der Weltgesundheitsorganisation (WHO), die Nachrichten über Ausbreitung und Folgen des Zika-Virus in Brasilien, wo die Infektion mit schweren Missbildungen bei Säuglingen in Verbindung gebracht wird. Laut dem jüngsten Bericht der WHO vom Montag gibt es Anhaltspunkte dafür, dass das Virus durch eine Mutation gefährlicher geworden ist.

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Für das brasilianische Gesundheitsministerium steht inzwischen fest, dass die Ausbreitung des Zika-Virus und eine Verdreißigfachung der Fälle von Mikrozephalie bei Neugeborenen zusammenhängen. Bei Mikrozephalie kommen Babys mit viel zu kleinem Kopf zur Welt, was meist mit schweren geistigen Beeinträchtigungen verbunden ist. Alles spreche für einen Zusammenhang, Beweise gebe es aber noch nicht, betonte Chan am Montag.

Mehr Fragen als Antworten

Der WHO-Bericht untermauert die bedenkliche Ausbreitungsgeschwindigkeit des Virus: Seit Mai 2015 wurden Zika-Infektionen in 21 Ländern nachgewiesen, die zuvor noch nie mit der Krankheit zu tun hatten. In Afrika, Südostasien und dem pazifischen Raum ist das Virus seit Langem bekannt. Der etwa einwöchige Krankheitsverlauf, wie man in bisher kannte, entspricht etwa jenem einer Grippe, mit Hautausschlag als typisches Symptom und Unterscheidungsmerkmal zugleich.

Dafür, dass das Virus nun offenbar bisher unbekannte dramatische Auswirkungen hat, hat die WHO bisher keine Erklärung. Eine These ist, dass die Bevölkerung im bisherigen Verbreitungsgebiet über lange Zeit hinweg Resistenzen gegen das Virus aufbauen konnte - was in den Ländern, die bisher nicht mit dem Virus zu tun hatten, nicht der Fall ist. Eine andere These ist, dass das Virus, das nach bisherigem Kenntnisstand nur durch Mückenstiche übertragen werden kann, sexuell übertragbar geworden ist.

Ausbreitung auf ganz Amerika „wahrscheinlich“

Mikroskopische Aufnahme des Zika-Virus

APA/AP/CDC/Cynthia Goldsmith

Das Zika-Virus unter dem Mikroskop

Es gebe nur „begrenzte Hinweise“ zur Übertragbarkeit, heißt es in dem Bericht weiter. Das Virus sei „in menschlichem Samen isoliert worden, und ein Fall von möglicher sexueller Mensch-zu-Mensch-Übertragung ist dokumentiert. Dennoch sind mehr Belege für eine Bestätigung nötig, dass sexueller Kontakt ein Weg der Zika-Übertragung ist“, so die WHO. Hinweise auf eine Übertragung durch Muttermilch gebe es umgekehrt nicht.

Schwangeren wird in dem WHO-Bericht geraten, sich vor Reisen in betroffene Länder beraten und sich nach der Rückkehr untersuchen zu lassen. Die Zahl betroffener Länder könnte zudem nach Einschätzung der Organisation rasch wachsen: „Wahrscheinlich“ werde sich das Virus auf alle Länder auf dem amerikanischen Kontinent mit Ausnahme Kanadas und Chiles ausbreiten, prognostiziert die WHO.

Rio verspricht Kontrollen vor Olympischen Spielen

In Brasilien will unterdessen die Verwaltung von Rio de Janeiro laut eigenen Angaben alles unternehmen, um Athleten und Besucher der Olympischen Sommerspiele vor einer Ansteckung mit dem Zika-Virus zu schützen. Einen Monat vor der Eröffnungszeremonie am 5. August werden Experten alle Wettkampfstätten inspizieren und Brutstätten der Stechmücken der Gattung Aedes (vor allem Aedes aegypti) beseitigen, die als Virenüberträger gelten.

Während der Spiele selbst soll es tägliche Inspektionen der Spielstätten und anderer Schauplätze in und um Rio geben, wie die Organisatoren versprachen. Zuvor bildet allerdings noch der kommende Karneval von Rio durch den damit verbundenen Tourismus einen möglichen weiteren Gefahrenherd für eine weitere Ausbreitung der Krankheit über die nun betroffenen Länder hinaus.

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