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„Kein Anreiz“

Der kleine Schweizer Kanton Zug weist eine besonders hohe Dichte an reichen Schweizern und Ausländern auf, die hier ihren Hauptwohnsitz haben. Der Grund ist einfach: Die Abgabenpflicht ist hier rekordverdächtig niedrig. Und nun hat es der Kanton nicht einmal mehr eilig, das wenige Geld rasch in seine Kassen zu bekommen.

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Was gegen jede Logik und das normale Verhalten von Finanzbehörden spricht, hat aber durchaus seinen Sinn: Mittlerweile ist der Zinssatz für Sparguthaben - in Folge der Aufhebung der festen Bindung des Schweizer Franken an den Euro vor rund einem Jahr - ins Minus gerutscht. Der Kanton müsste für Steuergeld, das auf seinem Konto einlangt, Strafzinsen berappen.

„Angesichts der lang anhaltenden Niedrigzinsperiode in der Schweiz und der negativen Zinssätze hat der Kanton keinen Anreiz, seine Steuerzahler zu vorzeitigen Zahlungen zu bewegen“, zitiert die „Financial Times“ die Behörde. „Der Kanton hat im Gegenteil ein Interesse daran, Geld so spät wie möglich zu erhalten, damit er weniger Negativzinsen zahlt.“

Altstadt von Zug

Fotolia/bill_17

Blick auf die Altstadt von Zug

Millionenersparnis durch Verzicht

Bereits im Dezember hatte der Kanton daher die Verordnung zum Steuergesetz-Skontoabzug geändert. Für heuer gibt es bei frühzeitiger Zahlung der Steuer keinen Rabatt mehr. Bisher gab es ein Prozent Skonto, wenn jemand die provisorische Steuer für das ganze Jahr bis Jahresmitte zahlte. Die Änderung trat mit Jahresbeginn in Kraft.

Gleichzeitig müssen Bürger, die ihre Steuer zu spät zahlen, keine Verzugszinsen mehr zahlen. Es gilt vielmehr für 2016 eine Nullverzinsung. Aus dem Verzicht auf den Skontoabzug erwartet sich der Kanton einen „Minderaufwand“ von 4,5 Millionen Franken (4,1 Mio. Euro) für Kanton und Gemeinden. Die Nullverzinsung soll zusätzlich mehr als eine Million Franken (eine Mio. Euro) an Einsparungen bringen.

Die Zuger Entscheidung ist eine weitere der unbeabsichtigten Folgen der Aufhebung der Franken-Bindung an den Euro. In der Folge stieg der Franken massiv. Seither versucht die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit allen Mitteln, die eigene Währung wieder zu schwächen, da der starke Franken die Exportindustrie belastet.

„Unerträgliches Szenario verhindert“

Die SNB eroberte sich mit der Aufgabe des Euro-Mindestkurses Mitte Jänner 2015 trotz aller negativen Folgen Unabhängigkeit gegenüber der Europäischen Zentralbank (EZB) zurück. Der Nationalbank-Entscheid habe ein „unerträgliches Szenario“ verhindert, erklärt Angelo Ranaldo, Professor für Finanzen und Systemrisiken an der Universität St. Gallen.

Anfang 2015 sei klar gewesen, dass die Schweizer Wirtschaft sich besser halte als andere Volkswirtschaften und dass die EZB eine massive Lockerung der Geldpolitik plane. Damit geriet der Franken unter massiven Aufwertungsdruck.

Des Weiteren kann eine Nationalbank die Währungskurse und den Leitzins nicht gleichzeitig effektiv kontrollieren, erklärt der Spezialist Ranaldo. In dem Moment, in dem sie den Euro-Kurs festmachte, verlor sie die Macht, den Leitzins zu steuern. Mit der Aufgabe des Mindestkurses erhielten die Nationalbanker laut dem Experten Unabhängigkeit gegenüber der EZB und Spielraum für ihre Geldpolitik zurück.

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