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Hardliner in Flüchtlingsfragen

Angesichts der Flüchtlingskrise hat der dänische Regierungschef Lars Lökke Rasmussen eine Überarbeitung der UNO-Flüchtlingskonvention ins Gespräch gebracht. Wenn die Flüchtlingszahlen weiter in dem Maße anstiegen wie bisher, werde der Moment kommen, wo über eine „Anpassung der Spielregeln“ gesprochen werden müsse, so Rasmussen.

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Rasmussen sagte in dem Interview, das er dem Fernsehsender TV 2 Ende Dezember gegeben hatte, dass insbesondere die Rechte der Flüchtlinge im Erstaufnahmeland zu klären seien. Er kritisierte in diesem Zusammenhang, dass die Konvention von 1951 es Flüchtlingen selbst nach einem mehrjährigen Aufenthalt in einem Erstaufnahmeland noch ermögliche, in Europa Asyl zu beantragen. Die Europäische Union sollte sich um eine Modifizierung der Flüchtlingskonvention bemühen.

Wertsachen sollen konfisziert werden

Dabei hatte Dänemark selbst zuletzt die Asylregeln drastisch verschärft, um Flüchtlinge fernzuhalten. So dürfen nach den neuen Regeln Flüchtlinge erst nach drei Jahren Familienangehörige nachholen. Allerdings war die Zahl der Asylanträge in Dänemark anders als in Österreich, Schweden und Deutschland in diesem Jahr nur leicht gestiegen. Die Asylverschärfung wurde von Hilfsorganisationen mit Kritik aufgenommen.

Für Aufsehen sorgten vor allem die Pläne, die Wertsachen von Flüchtlingen zu beschlagnahmen, um damit deren Aufenthalt in Dänemark zu finanzieren. Die als Hardlinerin bekannte dänische Integrationsministerin Inger Stojberg, Parteikollegin von Regierungschef Rasmussen, betonte, es gebe „keinen Grund für Kritik“, denn auch Dänen müssten Besitztümer im Wert von mehr als 10.000 Kronen (1.340 Euro) verkaufen, bevor sie etwa Arbeitslosenhilfe in Anspruch nehmen könnten, so Stojberg.

Internationale Empörung

Konkret sieht das neue Gesetz vor, dass das Gepäck von Flüchtlingen durchsucht und Wertsachen oder Bargeld über 3.000 Kronen (402 Euro) beschlagnahmt werden können. Gegenstände von persönlichem Wert, etwa Eheringe, sowie Handys sollen von der Maßnahme jedoch unberührt bleiben. Die Pläne hatten dennoch international für Empörung gesorgt, insbesondere in den USA.

Flüchtlinge in Dänemark

Reuters/TT News Agency/Johan Nilsson

Dänemark will so wenige Flüchtlinge wie möglich aufnehmen

Die „Washington Post“ hatte einen Vergleich zu Nazi-Deutschland gezogen, als Gold und andere Wertsachen von Juden konfisziert worden waren. Schmuck von Flüchtlingen zu beschlagnahmen, habe „in Europa eine besonders bittere Konnotation“, urteilte die Zeitung. Rasmussen selbst warf den Medien vor, ein „falsches Bild“ von seinem Land zu zeichnen. Viele US-Bürger verstünden einfach nicht, wie großzügig der dänische Sozialstaat sei.

Vier neue Zeltlager

Das im November vorgelegte Gesetzesvorhaben soll jedenfalls im Jänner im dänischen Parlament debattiert werden, ebenso wie eine Onlinepetition, die sich gegen das Vorhaben richtet. Ebenfalls im Jänner will Dänemark vier Zeltlager für Flüchtlinge eröffnen. Die Unterkünfte sollen Platz für rund 1.200 Asylbewerber bieten. Während in einem bereits bestehenden Lager nur Männer untergebracht sind, sollen in zwei der neuen Lager „Baracken“ für Familien entstehen.

Außerdem kündigte die Regierung ein neues Ausreisezentrum für abgelehnte Asylbewerber an. Auch zur Abschiebung verurteilte Kriminelle und geduldete Personen sollten dort untergebracht werden. Diese Menschen sollten „merken können, dass sie vonseiten der Regierung in Dänemark unerwünscht seien“, sagte Integrationsministerin Stojberg. Wie bei der Konfiskation von Wertgegenständen, bei der es der dänischen Regierung weniger um den finanziellen Gewinn geht, ist die Signalwirkung ausschlaggebend.

Zugsverkehr vorübergehend eingestellt

Und das Signal ist: Flüchtlinge sind nicht willkommen. Bereits im September wurde etwa der Zugsverkehr von und nach Deutschland der Flüchtlingskrise wegen vorübergehend eingestellt. Auch Fähren waren von der Polizei gestoppt worden. Dabei wollten die meisten aus Deutschland einreisenden Flüchtlinge ohnehin nicht in Dänemark bleiben, sondern nach Schweden weiterreisen.

Anfang Dezember wiederum stimmten die Dänen in einem Referendum mit 53,1 Prozent gegen eine engere Zusammenarbeit mit den Polizei- und Justizbehörden der EU. Speziell ging es um Gesetze, die für einen Verbleib Dänemarks in der Polizeibehörde Europol nötig wären. Der Ausgang war allerdings nicht im Sinne der Regierung, die lieber von Fall zu Fall im Parlament abgestimmt hätte und dafür die weitere Mitgliedschaft bei Europol garantiert gehabt hätte.

Zugeständnisse Anfang der 1990er Jahre

Die rechtspopulistische Dänische Volkspartei hingegen hatte vor dem Referendum davor gewarnt, die Souveränität über wichtige Sicherheitsfragen nach Brüssel abzugeben. Die Abstimmung war auch in Großbritannien aufmerksam verfolgt worden, wo ein Referendum über einen Verbleib in der EU ansteht. Dänemark, Großbritannien und Irland hatten Anfang der 1990er Jahre das Zugeständnis erhalten, zumindest im Bereich der Justiz- und Innenpolitik bei der europäischen Integration abseits zu bleiben.

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