China will auch als Medienmacht punkten
Wirtschaftsgroßmacht, Umweltverschmutzung, militärische Muskelspiele, Olympische Winterspiele - China hat Erklärungsbedarf. Staatlich gelenkte und staatlich kontrollierte Medien sollen das Image Chinas in der Welt wieder hochpolieren. Für chinesische Journalisten bedeutet das mehr Arbeit, aber nicht mehr Freiheit.
Dieser Artikel ist älter als ein Jahr.
„Wir müssen die gesellschaftliche Verantwortung der Medien überprüfen“, erklärte der Vorsitzende der chinesischen Journalistenvereinigung, Chen Tao, „Falschmeldungen, vulgäre oder staatsgefährdende Inhalte sowie böse Gerüchte müssen herausgefiltert werden.“ Diese Aufgabe wird in den klassischen Medien wie Tageszeitungen, Radio und Fernsehen routiniert abgewickelt. Mehr Sorgen bereiten den Zensoren die neuen Medien, vor allem Blogger.
Neue Medien im Visier
Das Sonderbüro für Internetverwaltung zieht in Peking die Fesseln stramm. Dieses Sonderbüro ist zuständig für Facebook, Twitter und Google, die bekanntlich in China nicht zugelassen sind. Nur wenigen staatlich kontrollierten Redaktionen wird der Zugang zu Facebook und Twitter über Server im Ausland gewährt. Derzeit gibt es 250 Lizenzen für das Verbreiten von Nachrichten im Internet. Die Beurteilung, was eine Nachricht ist, behält sich die Behörde vor.
Expansionskurs im Ausland
Chinesische Medien verstärken derzeit ihre Präsenz im Ausland. Die amtliche Nachrichtenagentur Xinhua beschäftigt bereits 200 Korrespondenten in 140 Ländern der Welt. Der Staatssender CCTV wird in immer mehr Ländern empfangen. Chinesische Staatsmedien erweitern ihre Internetpräsenz. Die englischsprachige Tageszeitung „China Daily“ meldet bereits 50 Millionen Klicks auf ihrer Website pro Tag.
China.com als reines Internetmedium verzeichnet eigenen Angaben zufolge 120 Millionen Page-Views pro Tag. Ob klassische oder neue Medien - bei heiklen Themen entscheidet an Ende die Behörde. Daran wird die jüngste Medienoffensive Chinas nichts ändern. Ganz im Gegenteil, der Druck vor allem auf Blogger wächst von Tag zu Tag. Einträge werden gelöscht, Blogger eingeschüchtert oder verhaftet.
Wohlverhalten zahlt sich aus
Wer die roten Linien, die Peking vorgibt, respektiert, kann in China auch als Medienmitarbeiter gut leben. Das regionale Medienzentrum in Guangzhou, Provinzhauptstadt von Guangdong, weitet sein - regimekonformes - Medienangebot kontinuierlich aus. 700 Mitarbeiter, 500 davon für das regionale TV, produzieren ideologisch einwandfreien Content, vertrieben über Dutzende Radio- und TV-Kanäle via Kabel, Internet oder auf Smartphones. Mit derartigem Erfolg, dass man im nächsten Jahr an die Börse in Shenzhen gehen will.
Journalistenchef Chen Tao sieht durchaus die Differenzen zur westlichen Definition der Pressefreiheit. „Aber haben wir nicht alle dasselbe Ziel: Das Streben nach der Wahrheit?“, fragt Chen Tao, der einmal mehr beweist, dass der Standort den Standpunkt bestimmt. Wenn es nach Wunsch Pekings geht, sollen in der weltweiten Medienflut auch die chinesischen Wahrheiten ihren Weg in den Westen finden.
Josef Dollinger, ORF, China
Links: