Vor allem Kinderspiele betroffen
Ob Schifferlversenken, Vogeljagd oder Rennspiel - vor allem Kinder lieben kurzweilige Handyspiele, die oft als Gratis-Apps angeboten werden. Doch was die Eltern oft nicht wissen: Das Game selbst ist zwar kostenlos, der Spieler wird aber im laufenden Spielbetrieb permanent dazu animiert, Geld für diverse Extras auszugeben.
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Das Prinzip nennt sich „Freemium“, ein Kunstwort als Mischung aus „Free“ und „Premium“. Dabei lädt der Spieler das Grundgerüst des Games auf sein Gerät und stattet es später nach Belieben (und je nach Geldbörse) mit Erweiterungen und Extras aus.
Der spieleigene In-Game-Store lockt mit verschiedensten virtuellen Gütern. Das Angebot reicht von Artikeln zum rein optischen Aufmascherln (Speziallackierung beim Autorennspiel, rosa Zaumzeug bei der Pferdestallsimulation) über Energie bzw. Lebenspunkte bis zur spieleigenen Währung, die für echtes Geld gleich säckeweise gekauft werden kann. Die Preise der Artikel reichen dabei von wenigen Cent bis zu über 100 Euro.
Spielablauf beschleunigen
Besonders verlockend ist auch die Möglichkeit, den Spielablauf mittels In-Game-Kauf zu beschleunigen. Statt sich mühsam in das nächste Level vorzuarbeiten, kann das gegen Geld sofort erfolgen. So kann man zum Beispiel Früchte schneller wachsen lassen oder die Uhr im Spiel verstellen. Das soll vor allem jene Nutzer locken, die nicht genug Zeit für lange Spielsessions haben.

Electronic Arts
Freemium-App „Need for Speed“
Die kostenlos downloadbaren Apps, die In-App-Käufe anbieten, gehören zu den umsatzstärksten. Sie machen einen Großteil der Umsätze der Download-Stores aus. Selbst große Player der Branche wie Electronic Arts (EA) setzen mittlerweile auf Games, die sich über In-App-Käufe finanzieren. So ist derzeit „Need for Speed“, eine mobile Freemium-Version des beliebten Rennspielklassikers, prominent in den Download-Charts vertreten. Will der Spieler aber mehr als nur die Grundausstattung, muss bei laufendem Spiel bezahlt werden.
Spielspaß erst durch Kauf von Extras
Grundlage für den Erfolg des Freemium-Modells ist eine große Nutzerbasis. Die Spielehersteller setzen hier darauf, dass die Games vor allem durch Empfehlungen im Freundeskreis und via Soziale Netze bekannt gemacht werden. Da die Freemium-Apps kostenlos sind, fällt die finanzielle Einstiegshürde weg. Interessierte können sich das Spiel einfach schnell herunterladen und ausprobieren.
Doch gerade hier wird von Spielerseite Kritik geübt. Es stimme zwar, dass man das Spiel kostenlos testen und spielen könne, der richtige Spielspaß eröffne sich aber erst durch den Erwerb von Zusatzartikeln, so der Tenor in Onlineforen.

Arbeiterkammer Wien
Freemium-App „Talking Tom“
Kleinbeträge summieren sich schnell
Auch Konsumentenschützer warnen vor den Gefahren beim In-Game-Kauf. Denn statt einmal einen bestimmten Betrag zu investieren, werden die Spieler häppchenweise zur Kasse gebeten. Ist der Spieltrieb einmal geweckt, können sich die Kleinbeträge schnell summieren, so die Kritik.
Vor allem Kindern fehle hier der nötige Überblick. Aufpoppende Mitteilungen wie „Deine Lebenskraft schwindet, möchtest du nachkaufen?“ verleiten sie zum Kauf, ohne die Gesamtkosten im Blick zu haben. Oft können die Kinder auch nicht zwischen der Spielwährung und dem Bezahlen mit echtem Geld unterscheiden.
Sohn kaufte Spielextras für 1.200 Euro
In-App-Käufe werden etwa zum Problem, wenn Kinder mit dem Smartphone oder Tablet-PC der Eltern spielen und den Kauf fälschlicherweise für einen Teil des Spiels halten. So sind inzwischen zahlreiche Fälle bekannt, bei dem Kinder den finanziellen Rahmen durch solche Ausgaben sprengten.
So etwa ein Zehnjähriger, der beim Spielen auf dem iPad um rund 1.200 Euro eingekauft hatte. Der Sohn hielt die „Käufe“ bloß für einen Teil des Spiels. Der Vater wandte sich an das Portal „Internet Ombudsmann“, das schließlich eine Rückbuchung der Beträge durch den App-Shop erwirken konnte.

Arbeiterkammer Wien
Tipp: Handyeinstellungen anpassen
Doch wie können sich Eltern vor der virtuellen Einkaufstour in Spiele-Apps schützen? Neben dem Informieren des Nachwuchses über die potenziellen Kostenfallen sollten technische Sperren genutzt werden. „Die Smartphone-Betriebssysteme bieten Sperren und Sicherheitsfunktionen an. Eltern sollten die Sperre von In-App-Käufen aktivieren, um teure Rechnungen zu vermeiden“, empfiehlt AK-Konsumentenschützerin Daniela Zimmer.
Wie es geht
Bei Apples iPhone und iPad erfolgt das über den Menüpunkt „Einstellungen - Allgemein“. Hier müssen erst die „Einschränkungen“ aktiviert und mittels Zahlencode gesichert werden. Dann können weiter unten im Bereich „Zulässiger Inhalt“ mittels Schieberegler „In-App-Käufe“ deaktiviert werden. Es gibt auch die Möglichkeit, In-App-Käufe nur mit Passworteingabe zu gestatten. Dazu muss man bei „Kennwort erforderlich“ die Option „Sofort“ aktivieren.
Bei Android-Smartphones und Tablet-PCs erfolgt die Einschränkung über den Menüpunkt „Market-Einstellungen“. Bei Auswahl des Punktes „PIN festlegen oder ändern“ (oder auch „Passwort festlegen“ bzw. „Authentifizierung für Käufe erforderlich“) muss erst ein Zahlencode eingegeben werden, der durch Anhakerln von „PIN für Käufe verwenden“ für In-App-Käufe aktiviert wird.
Storno bei Apps, aber nicht bei In-App-Käufen
Zwar gibt es bei Google Play die Möglichkeit, Apps innerhalb von zwei Stunden zu stornieren. Die Kosten des Downloads werden rückerstattet, In-App-Käufe allerdings nicht. Erstattungen dafür müssen über ein Formular direkt beim App-Entwickler gesondert beantragt werden.
Apple gewährt europäischen Kunden ein generelles 14-tägiges Widerrufsrecht ab Kaufdatum, für Einkäufe im iTunes Store, App Store und iBook Store. In-App-Käufe werden allerdings ebenfalls nicht erstattet. Hier muss der Kunde auf die Kulanz von Apple hoffen. Via Mail an den Apple-Support kann das Problem überhöhter Käufe geschildert werden, dieser entscheidet dann über jeden Einzelfall.
Beate Macura, ORF.at
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