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Studie fokussiert auf Zuwanderer

Rund 80.000 Menschen werden in diesem Jahr in Österreich Asyl beantragen. Weit nicht alle werden es bekommen. Doch mehrere Zehntausend werden als anerkannte Flüchtlinge in Österreich bleiben können - manche vielleicht nur für einige Jahre, andere für immer. Für sie stellt sich auch die Frage eines Jobs.

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Die Suche nach einem Arbeitsplatz gestaltet sich für Flüchtlinge nicht leicht - das zeigt sich auch in den aktuellen Zahlen des Arbeitsmarktservice (AMS). Rund 19.000 Asylberechtigte sind zurzeit als arbeitslos gemeldet. Im kommenden Jahr werden noch einmal 35.000 zusätzliche Flüchtlinge in Österreich Arbeit suchen, so die Prognosen. Neben AMS und Wirtschaftsforschungsinstitut (WIFO) meldete sich nun auch die Statistik Austria mit Zahlen und Einschätzungen zu Wort.

Zwar hat die aktuelle Studie der österreichischen Statistikbehörde nicht speziell mit Flüchtlingen, sondern generell mit Migranten auf dem Arbeitsmarkt zu tun, und analysiert darüber hinaus die Situation des Vorjahres, doch laut Behördenchef Konrad Pesendorfer lassen sich dennoch Schlüsse für die aktuelle Situation ziehen. Die wichtigste, wenngleich auch nicht ganz überraschende Erkenntnis der Statistiker: „Integration funktioniert über Sprache.“

Zusammenhang von Sprache und Qualifikation

Fehlende Sprachkenntnisse sind für den Chefstatistiker einer der Hauptgründe, warum sich Menschen, die nicht in Österreich geboren wurden, auf dem heimischen Arbeitsmarkt schwerer tun. Danach folge als wichtiges Kriterium der Bildungsstand. Das eine lasse sich aber kaum vom anderen trennen, erklärte Pesendorfer bei einem Pressegespräch im Klub der Wirtschaftspublizisten.

Statistik Austria präsentiert neue Studie

Chefstatistiker Pesendorfer präsentierte die neue Studie der Statistik Austria am Donnerstag vor Journalisten in Wien.

So brauche das Erlernen einer neuen Sprache vor allem Zeit - die dann aber für die Weiterbildung fehle. Ursprüngliche Berufsqualifikationen könnten so nicht weiterentwickelt werden und würden veralten. Das gilt für Pesendorfer nicht nur für Arbeiter. Wenn etwa ein Akademiker zwei, drei Jahre für das Erlernen von Deutsch brauche und einstweilen als Lagerarbeiter seinen Unterhalt verdiene, dann sage sich wohl jeder potenzielle Arbeitgeber, dass er diesen nicht „mir nichts, dir nichts“ als Akademiker in seinem Unternehmen einsetzen könne, so der Statistiker.

Lobende Worte für „Kompetenzcheck“ des AMS

Dass Qualifikationen von Flüchtlingen und Migranten in Österreich genützt werden sollten, steht aber für Pesendorfer außer Frage. Lobende Worte fand er deshalb auch für den „Kompetenzcheck“ des AMS. Ende August startete in Wien das Pilotprojekt, das abklären soll, welche Qualifikationen Flüchtlinge mitbringen. Abgefragt werden die Fähigkeiten dabei in der Muttersprache der Zuwanderer

Statistik-Austria-Generaldirektor Konrad Pesendorfer

APA/Herbert Pfarrhofer

Pesendorfer steht seit 2010 an der Spitze der Statistik Austria

„Das ist ein wesentliches Element, um relativ schnell zu differenzieren, ob es sinnvoll ist, sehr viel Geld und Zeit in die Weiterbildung der Person zu investieren - oder ob auch nach einer kostenintensiven Weiterbildung die Chance auf einen besseren Job eher gering ist“, urteilte Pesendorfer. Wenn es darum geht, Qualifikationen zu erheben, ist für den Behördenchef die Kompetenzanalyse oft besser als der formale Abschluss. Schließlich gelinge es ja nicht einmal innerhalb Europas, eine echte Vergleichbarkeit der Bildungsabschlüsse herzustellen.

Skepsis gegenüber „Asyl auf Zeit“

Nicht ganz unkritisch beurteilte Pesendorfer auf Nachfrage das von der Bundesregierung geplante „Asyl auf Zeit“. Das sieht vor, dass Schutzsuchende wieder in ihr Herkunftsland zurückgeschickt werden können, wenn sich dort die Situation wieder normalisiert hat. Das könnte sich „letztendlich leerlaufen“, so der Behördenchef.

Dahinter steht eine Kritik, die in den vergangenen Tagen unter anderem auch von zahlreichen NGOs vorgebracht wurde: Wie sinnvoll sind Integrationsbemühungen, wenn die Menschen dann nach wenigen Jahren doch wieder zurückgeschickt werden? „Es ist wichtig, den Leuten von Anfang an reinen Wein einzuschenken“, meinte nun Pesendorfer.

Niedrige Arbeitslosenquote bei Bosniern

Dabei zeigen gerade die Daten der Statistik Austria, dass die Integration – gerade auch von Kriegsflüchtlingen – funktionieren kann. Pesendorfer führte als Beispiel jene Menschen an, die in den 90er Jahren vor dem Krieg in Bosnien und Herzegowina nach Österreich geflüchtet waren. Noch immer sind Bosnier mit rund 167.000 Menschen nach den Deutschen die größte Migrantengruppe in Österreich. Bei den in Bosnien Geborenen lag die Arbeitslosigkeit mit 6,7 Prozent im Jahresdurchschnitt 2014 nur wenig höher als bei in Österreich Geborenen mit 4,6 Prozent.

Betrachtet man alle Zuwanderer in Österreich, ist im Durchschnitt jeder zehnte Erwerbsfähige ohne Job. Ausreißer nach oben sind hier laut Statistik Austria Serben und Türken, zwei Gruppen, die bereits ab den 1970er Jahren als Arbeitsmigranten nach Österreich kamen. Bei Serben liegt die Arbeitslosigkeit bei 14,1 Prozent, bei Türken mit 15,5 Prozent noch etwas höher. Bei Zuwanderern aus den alten EU-15 ohne Österreich liegt der Wert hingegen nur bei 5,7 Prozent.

Gefühl der Überqualifikation

Die Schwierigkeiten, mit Migrationshintergrund auf dem Arbeitsmarkt Fuß zu fassen, schlagen sich auch in der persönlichen Einschätzung der Zuwanderer nieder. Prinzipiell fühlen sich, wie aus der aktuellen Studie der Statistik Austria hervorgeht, Migranten weit öfter für ihren Job überqualifiziert als in Österreich Geborene. Bei Einwanderern sind es 23,5 Prozent, bei Österreichern 8,8 Prozent und im Durchschnitt 11,4 Prozent (460.400 Personen). Frauen geben den Umstand der gefühlten Überqualifizierung öfter an als Männer - auch wenn sie in Österreich geboren wurden.

Für im Ausland Geborene spielen persönliche Netzwerke eine größere Rolle beim Finden von einem Job als bei hier Geborenen, Blindbewerbungen schreiben sie weniger. Pesendorfer sagte, hier spiele öfter der Nachname eine Rolle, um zu einem Bewerbungsgespräch eingeladen zu werden.

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