Ankara widerspricht Moskaus Angaben
Nach dem Abschuss des russischen Bombers haben die türkischen Streitkräfte laut einem Medienbericht die Warnung an die Piloten veröffentlicht. Die Nachrichtenagentur DHA stellte am Mittwoch unter Berufung auf die Armee eine entsprechende Sprachaufnahme ins Netz. Auf der Aufnahme ist die mehrmalige Warnung zu hören, nach Süden abzudrehen.
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Es soll sich dabei um den Funkspruch an die Piloten des am Dienstag abgeschossenen Flugzeugs handeln. Die Türkei hatte direkt nach dem Abschuss mitgeteilt, die russische Suchoi Su-24 sei mehrfach und über mehrere Minuten hinweg kontaktiert worden. Der überlebende Pilot des abgeschossenen Kampfjets widersprach der türkischen Darstellung und sagte nach Angaben der Agentur Interfax, es habe keinen Kontakt gegeben.
Es habe vor dem Abschuss keine optische oder Funkwarnung der Türkei gegeben, man habe auch zu keinem Zeitpunkt türkischen Luftraum überquert, sagte der Pilot am Mittwoch. Laut Russlands Präsident Wladimir Putin war der Pilot bei einem zwölfstündigen Rettungseinsatz in Syrien gerettet worden. Der zweite Pilot, der das Flugzeug vor dem Absturz ebenfalls mit dem Schleudersitz verlassen konnte, kam ums Leben.
In türkischem Luftraum oder nicht?
Nach russischer Darstellung wurde die Maschine am Dienstag über syrischem Gebiet abgeschossen. Berichten zufolge soll sie aber mehrere Sekunden lang im türkischen Luftraum gewesen sein. Einer der beiden Piloten kam bei dem Vorfall ums Leben.
Die russischen Flugzeuge kommen bei ihren Angriffen dabei der türkischen Grenze sehr nahe. Ob der abgeschossene Su-24-Bomber am Dienstag aber tatsächlich in den türkischen Luftraum eingedrungen war, ist noch immer ebenso unklar wie die Frage, wo der Jet abgeschossen wurde. Die Türkei ist von einer Luftraumverletzung überzeugt, während Moskau eine solche bisher bestritt.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA
Aus US-Regierungskreisen verlautete, das russische Flugzeug sei wohl kurzzeitig über türkischem Territorium gewesen, aber nicht dort getroffen worden. Abgeschossen wurde der Jet vielmehr im syrischen Luftraum, sagte ein nicht namentlich genannter Behördenvertreter der Nachrichtenagentur Reuters. Zudem unterstützten die USA die Darstellung der Türkei, wonach die russischen Piloten zehnmal innerhalb von fünf Minuten über ihr Eindringen in den türkischen Luftraum gewarnt worden seien.
Kerry ruft zu Deeskalation auf
US-Außenminister John Kerry rief indes am Mittwoch in einem Telefonat mit seinem russischen Amtskollegen Sergej Lawrow zur Deeskalation im Streit Russlands mit der Türkei auf. Der Vorfall dürfe nicht dazu führen, dass die Spannungen zwischen den beiden Staaten und in Syrien größer würden, sagte Kerry.
Lawrow hatte zuvor an der verbalen Eskalationsschraube gedreht. „Wir haben ernsthafte Zweifel daran, dass das unbeabsichtigt war“, sagte Lawrow über den Abschuss. Der Politiker, der für seine markigen Aussagen bekannt ist, sprach gar von einer „geplanten Provokation“ der Türkei.
„Das war ganz offensichtlich ein Hinterhalt: Sie warteten, beobachteten und haben einen Vorwand gesucht“, sagte Lawrow nach einem Telefonat mit seinem türkischen Kollegen Mevlüt Cavusoglu. Lawrow schloss damit an Aussagen von Präsident Wladimir Putin an. Putin hatte die Türkei bereits am Dienstag als „Helferselfer von Terroristen“ bezeichnet.
Erdogan schlägt versöhnliche Töne an
In Anbetracht dessen gab sich die türkische Seite am Mittwoch beinahe versöhnlich. „Wir denken definitiv nicht an so etwas wie eine Eskalation dieses Zwischenfalls“, sagte der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan. Laut Erdogan stellte sich erst nach dem Abschuss des Kampfjets heraus, dass es sich um ein russisches Flugzeug handelte. Einen Seitenhieb auf Russland konnte sich Erdogan aber nicht verkneifen. „Wir verteidigen nur unsere eigene Sicherheit und das Recht unserer Brüder in Syrien“, sagte Erdogan.
Auch die Militärführung ist um Deeskalation bemüht. Nach dem Zwischenfall seien russische Militärvertreter in das türkische Armeehauptquartier eingeladen worden, hieß es am Mittwoch in einer schriftlichen Stellungnahme. Dort sei den Russen erläutert worden, dass eine Einsatzregel befolgt worden sei, weil die Besatzung des russischen Flugzeugs nicht auf Warnungen reagiert habe. Nach dem Abschuss habe sich die Türkei bemüht, die russischen Piloten ausfindig zu machen und zu retten. Gegenüber Russland sei die Bereitschaft zu jeglicher Kooperation ausgedrückt worden.
„Die Nationalität des Flugzeugs war nicht bekannt, und die Einsatzregeln wurden auf automatische Weise angewendet“, wurde seitens der türkischen Streitkräfte eimal mehr bekräftigt. Sie versicherten am Mittwoch zudem, sich nach dem Abschuss am Dienstag bemüht zu haben, die Piloten zu finden und zu retten.
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