Suche nach Hintermännern
Noch immer ist es schwer zu erfassen, was sich in der Nacht von Freitag auf Samstag in Paris ereignet hat. Die Ermittler arbeiten fieberhaft an der Aufklärung der verheerenden Anschlagsserie. Die heißeste Spur führt aktuell ins Ausland: Bei der Suche nach Hintermännern nahm die Polizei in Belgien drei Menschen fest.
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In Brüssel wurden drei Verdächtige festgenommen. Einer der Festgenommenen soll sich am Freitagabend in Paris aufgehalten haben. Die Behörden bestätigte Festnahmen aus dem Umfeld der Attentäter. Derzeit würden diese verhört. Die Festnahmen stehen in Verbindung mit dem Kleinwagen, der von den Angreifern in der Konzerthalle „Bataclan“ benutzt wurde. Im Wagen gefundene Parkscheine eines Brüsseler Parkhauses brachte die Polizei auf die Spur.
Täter noch flüchtig?
Nach Angaben des Pariser Staatsanwaltes wurde am Samstag zudem ein Franzose mit Wohnsitz in Belgien an der französisch-belgischen Grenze kontrolliert. Bei ihm im Auto saßen den Angaben nach zwei weiteren Personen, die in der Umgebung von Brüssel lebten. In Medien wird darüber spekuliert, ob es sich bei den Männern um Attentäter handeln könnte, die die Anschläge überlebt haben und versuchten sich abzusetzen.
Die belgische Staatsanwaltschaft leitete am Abend Ermittlungen in vier Fällen wegen Beteiligung an einem Terrorakt ein.
Drei Tätergruppen an drei Tatorten
„Sieben Terroristen starben während ihrer kriminellen Handlungen“, sagte der Pariser Staatsanwalt Francois Molins. „Sehr wahrscheinlich waren es drei Teams von Attentätern, die sich abgesprochen haben.“ Die Täter seien mit großer Professionalität vorgegangen. Das erste Team griff demnach mit Bomben bewaffnet das Fußballstadion an, die zweite Gruppe nahm mehrere Lokale im Zentrum von Paris unter Beschuss und ein drittes Team ist für den Angriff in der Konzerthalle Bataclan verwantwortlich. Die Angriffe erfolgten zeitlich koordiniert binnen einer Zeitspanne von nur 33 Minuten.

Grafik: APA/ORF.at; Quelle: APA
Orte der Terrorangriffe, im Überblick und im Detail
Erster Angreifer als Franzose identifiziert
Die Identifikation der Angreifer ist schwierig, da diese in fast allen Fällen Sprengstoffgürtel zündeten und ihre Überreste dementsprechend weit verteilt wurden. Die Identifikation eines Attentäters ist den Behörden bereits gelungen. Der 1985 im Süden von Paris geborenen Mann sei in den vergangenen Jahren acht Mal wegen gewöhnlicher Straftaten verurteilt worden und den Behörden wegen seiner Radikalisierung aufgefallen. Der Vater und der Bruder des 29-Jährigen wurden am Samstagabend in Polizeigewahrsam genommen, wie aus Ermittlerkreisen verlautete.
Analyse des Islamismus-Experten Asiem El Difraoui
Des Islamismus-Experten Asiem El Difraoui analysiert, wie es den Attentätern gelingen konnte, nach den Anschlägen Anfang des Jahres unerkannt zu bleiben.
Syrischer und ägyptischer Pass gefunden
Ermittler prüfen außerdem eine Verbindung der Attentäter nach Syrien. Nahe der Leiche eines Selbstmordattentäters sei ein syrischer Pass gefunden worden, sagte Staatsanwalt Molins. Ob dieser Pass echt ist und dem Täter auch gehörte oder ob das Dokument gefälscht wurde oder der Täter eine fremde Identität benutzte, ist bisher nicht bekannt. Der griechische Zivilschutzminister Nikos Toskas sagte, der Passinhaber sei am 3. Oktober auf der Insel Leros angekommen und als Flüchtling registriert worden. Auch ein ägyptischer Pass soll gefunden worden sein.
Wie der staatliche griechische Rundfunk (ERT) unter Berufung auf Kreise der Polizei weiter berichtete, könnte auch ein zweiter Mann, der an den Terroranschlägen beteiligt gewesen sein soll, aus der Türkei nach Griechenland in die EU eingereist sein. Eine offizielle Bestätigung dazu gibt es jedoch nicht.
Festnahme in Deutschland mit Bezug zu Anschlag?
Montenegrinische Regierungsquellen wiesen am Samstagabend indes Informationen, wonach ein am 5. November in Deutschland festgenommener Bürger Montenegros, der zahlreiche Waffen und Sprengstoff im Auto versteckt hatte, mit dem Terrorangriff in Paris in Verbindung stehen könnte, als „bösartige Spekulationen“ zurück. Das berichtete die Presseagentur MINA unter Berufung auf Regierungsquellen. Zuvor hatte der bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer erklärt, es gebe die begründete Annahme, dass der Fall mit den Pariser Anschlägen zusammenhänge.
Hotline für Betroffene
Weiterhin gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass sich Österreicher unter den Todesopfern oder lebensgefährlich Verletzten befinden.
Für Angehörige, die sich informieren wollen, ob Familienmitglieder oder Freunde aus Österreich von den Anschlägen in Paris betroffen sein könnten, wurden nachfolgende Hotlines eingerichtet:
- In Österreich: 050 11 50 44 11
- Für Österreicher in Frankreich: 0043/190 115 44 11
- Hotline der Stadt Paris (lokal): 0800 6 005
Österreicher außer Lebensgefahr
Unter den Toten der Pariser Anschläge sind auch mehrere Ausländer. Je ein Todesopfer stammt aus den USA, aus Schweden und aus Großbritannien, wie die jeweiligen Regierungen am Samstag mitteilten. Zudem stammen demnach jeweils zwei Todesopfer aus Belgien, Rumänien und Mexiko. CNN berichtete zudem über Getötete auch aus Chile und Portugal.
Auch ein Österreicher hat bei dem Terroranschlag auf den Konzertsaal Bataclan eine Schussverletzung erlitten. Laut einem Sprecher des Außenministeriums ist der 20-jährige Tiroler außer Lebensgefahr. Derzeit sei er aber noch nicht transportfähig, hieß es in der Nacht auf Sonntag. Sobald es sein Gesundheitszustand zulässt, soll der junge Mann nach Österreich gebracht werden.
Trauermärsche weltweit
Weltweit bekundeten am Samstag bei Trauermärschen tausende Menschen ihre Solidarität mit Frankreich. Wahrzeichen wie das One World Trade Center in New York und das Opernhaus in Sydney wurden in den französischen Nationalfarben erleuchtet. Auch das Brandenburger Tor in Berlin erstrahlte in den Farben der Trikolore. In Wien wehten am Samstag die Flaggen vor der Präsidentschaftskanzlei, dem Parlament, dem Bundeskanzleramt und dem Außenamt auf halbmast.
Bei den fast zeitgleichen Anschlägen an sechs verschiedenen Orten in der französischen Hauptstadt waren am Freitagabend mindestens 129 Menschen getötet und über 350 weitere verletzt worden, etwa hundert von ihnen lebensgefährlich.
Zu den Anschlägen bekannte sich die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS). „Acht Brüder mit Sprengstoffgürteln und Sturmgewehren“ hätten den Angriff verübt, erklärte der IS im Internet. Augenzeugen berichteten, die Angreifer hätten bei der Erstürmung des „Bataclan“ „Allah Akbar“ (Gott ist groß) gerufen. Zudem hätten sie die französischen Luftangriffe auf die IS-Miliz in Syrien verurteilt.
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