„Kein Land ist frei von Terrorgefahr“
Aus Furcht vor weiteren Anschlägen nach den Attentaten von Paris haben Regierungen weltweit die Sicherheitsvorkehrungen in ihren Ländern verschärft. Vielerorts kamen die Regierungen zu Krisensitzungen zusammen.
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Erhöhte Sicherheitsvorkehrungen traten unmittelbar nach den Pariser Anschlägen unter anderem in diversen US-Großstädten in Kraft. In New York wurden nach Angaben der Polizei Spezialeinheiten zur Terrorabwehr an verschiedenen Sehenswürdigkeiten und anderen Orten postiert, die von besonders vielen Touristen besucht werden.
Auch in Boston, Washington und weiteren Städten wurde die Polizeipräsenz auf den Straßen erhöht. In der US-Hauptstadt Washington gab es verstärkte Patrouillen im Regierungsviertel rund ums Kapitol. An französischen Einrichtungen wurden zusätzliche Sicherheitskräfte postiert.
New York „ständig in hoher Alarmbereitschaft“
In Manhattan wurde das französische Konsulat sofort nach Bekanntwerden der Anschläge von Spezialeinheiten gesichert. Überall gingen vermehrt Polizisten auf Streife, in Bussen und Zügen wurden Taschen und andere Gepäckstücke nach möglichen Sprengsätzen durchsucht. Brücken, Tunnel und Bahnanlagen standen unter besonderer Beobachtung der Polizei.

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Schwer bewaffnete Einsatzkräfte auf dem New Yorker Times Square
Dabei handelte es sich den Behörden zufolge um reine Vorsichtsmaßnahmen. Das Heimatschutzministerium erklärte, es liege nach den Anschlägen in Frankreich keine konkrete Bedrohung für die USA vor. Minister Jeh Johnson sagte, er stehe in engem Kontakt mit den französischen Behörden. Laut New Yorks Bürgermeister Bill de Blasio ist die Ostküstenmetropole spätestens seit 9/11 „ständig in hoher Alarmbereitschaft“.
Auch in Boston befanden sich die Behörden in erhöhter Alarmbereitschaft. In der Stadt hatten 2013 zwei islamistische Attentäter Sprengsätze während des Marathon-Laufs gezündet und drei Menschen getötet. In Chicago und San Francisco wurden ebenfalls die Patrouillen an Orten mit viel Publikumsverkehr verstärkt.
Bewaffneter in London festgenommen
Auch in zahlreichen europäischen Städten gelten bereits seit dem späten Freitagabend verschärfte Sicherheitsvorkehrungen. In London kündigte die Polizei für Samstagabend eine neuerliche Erhöhung der Präsenz der Sicherheitskräfte im West End an, wo sich zahlreiche Theater und beliebte Restaurants befinden.
Die britische Polizei kündigte an, sie werde landesweit mehr Beamte für Personenkontrollen abstellen. Über weitere Maßnahmen sollte im Laufe des Tages das britische Sicherheitskabinett beraten. Derzeit gilt in Großbritannien die zweithöchste Sicherheitsstufe.

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Polizisten vor Londons Downing Street
Verschärfte Sicherheitsvorkehrungen gelten in London damit auf Bahnhöfen und Flughäfen ohnehin. Auf dem Londoner Flughafen Gatwick kam es in diesem Zusammenhang am Samstagvormittag zu einem Anti-Terror-Einsatz und der Festnahme eines Mannes. Nach Angaben der britischen Polizei handelte es sich um einen bewaffneten Franzosen. Der Mann sei zuvor wegen „verdächtigen Verhaltens“ und eines von ihm abgestellten Gepäckstückes ins Visier der Sicherheitskräfte geraten.
Auch Putin verschärft Sicherheitsvorkehrungen
Verschärfte Sicherheitsvorkehrungen sind auf Anordnung von Präsident Wladimir Putin auch in Russland in Kraft. So lässt Verkehrsminister Maxim Sokolow die Verkehrswege intensiver bewachen. Die Ereignisse in Paris wecken in Russland Erinnerungen an das Geiseldrama mit mehr als 170 Toten im Moskauer Musicaltheater „Nord-Ost“ Ende Oktober 2002. Zudem verdichteten sich zuletzt die Hinweise, dass es sich beim Absturz einer russischen Passagiermaschine auf der Sinai-Insel um einen Terroranschlag handelte.
Krisensitzung in Deutschland
Die verheerende Anschlagserie in Paris schürt auch in Deutschland die Angst vor Angriffen. Deutschlands Innenminister Thomas de Maiziere traf am Samstag in Berlin mit den Chefs der Sicherheitsbehörden zusammen. Zu Mittag beriet das Sicherheitskabinett im Kanzleramt. Laut Kanzlerin Angela Merkel ging es darum, die Lage in Frankreich und alle damit verbunden Fragen zu erörtern.
Eine Sprecherin des Innenministeriums sagte, die Gefährdungslage in Deutschland sei hoch. Deutschland stehe unverändert im Fadenkreuz des internationalen Terrorismus. Das Bayerische Landeskriminalamt gab derweil bekannt, dass bei Rosenheim schon in der vergangenen Woche ein Mann aus Montenegro festgenommen worden sei, der zahlreiche Waffen und Sprengstoff im Auto versteckt hatte. Es gebe die begründete Annahme, dass der Fall mit den Pariser Anschlägen zusammenhänge, bestätigte der bayrische Ministerpräsident Horst Seehofer einen Medienbericht. Montenegrinische Regierungsquellen wiesen das am Samstagabend als „bösartige Spekulationen“ zurück.
Verstärkte Grenzkontrollen in Italien
In Italien wurden nach Angaben von Innenminister Angelino Alfano unter anderem die Grenzkontrollen verstärkt. Die Rede ist von vorbeugenden Maßnahmen im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus. „Kein Land ist frei von Terrorgefahr. Dazu ist in Rom die Terrorgefahr wegen der Präsenz des Vatikans groß“, betonte Alfano.
700 Soldaten sollen zusätzlich in Rom eingesetzt werden. Dabei sollen sensible Einrichtungen wie Flughäfen, Bahnhöfe, Botschaften, Basiliken und wichtige Monumente besonders stark geschützt werden. Auch in allen anderen Flughäfen Italiens wurden die Sicherheitsvorkehrungen verstärkt. Italien will zudem Kontrollen in den Strafanstalten verschärfen, wo die „Gefahr fundamentalistischer Propaganda unter muslimischen Häftlingen“ stark sei.
Belgien erhöht Sicherheitsvorkehrungen
Belgien hat die Sicherheitsvorkehrungen für Großveranstaltungen verschärft. Es gelte nun die höchste von drei Warnstufen, da eine „glaubhafte und möglicherweise unmittelbare Bedrohung“ bestehe, erklärte die belgische Regierung am Samstagabend nach einer Sitzung des nationalen Sicherheitsrats. Die Maßnahme betrifft etwa große Sportereignisse und offizielle Veranstaltungen.
EU-Parlament erhöht Alarmstufe auf Gelb
Auch das EU-Parlament in Belgien erhöht seine Sicherheitsvorkehrungen. EU-Parlamentspräsident Martin Schulz entschied am Wochenende, die Alarmstufe auf Gelb zu erhöhen, und zwar für alle drei Parlamentsplätze in Brüssel, Straßburg und Luxemburg. Außerdem gilt die dritte von vier Alarmstufen auch für alle EU-Parlamentshäuser in den 28 Hauptstädten.
Diese Entscheidung sei in Zusammenarbeit mit den anderen EU-Institutionen - also Kommission und Rat - getroffen worden. Insgesamt gibt es vier Alarmstufen - Weiß, Gelb, Orange und Rot. Weiß ist dabei der normale Sicherheitszustand zum Schutz der Gebäude der das Tragen von Ausweisen im Parlamentsgebäude beinhaltet. Gelb bezeichnet eine Erhöhung des generellen Sicherheitsrisikos. Orange bedeutet das Vorhandensein eines wichtigen Risikos innerhalb einer bestimmten Zeit, und Rot beinhaltet einen konkreten Bedrohungszustand.
Auch in Spanien wurden „in einigen Bereichen“ die Sicherheitsmaßen erhöht, wie Innenminister Jorge Fernandez Diaz nach einer Dringlichkeitssitzung des Nationalen Sicherheitsrates in Madrid sagte. In Spanien gehen die Behörden bereits seit Juni von einer erhöhten Terrorgefahr aus.
Nervosität vor APEC-Gipfel
Verstärkte Sicherheitsvorkehrungen gibt es indes auch rund um die nächsten anstehenden internationalen Gipfeltreffen. 12.000 Sicherheitskräfte sind beim am Sonntag im türkischen Küstenort Belek beginnenden Gipfel der Staats- und Regierungschefs der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G-20) im Einsatz. Nervosität herrscht auch in Manila, wo kommende Woche ein Gipfeltreffen der Asiatisch-Pazifischen Wirtschaftsgemeinschaft (APEC) auf dem Programm steht.
Rund um das Gelände des APEC-Treffens in Manila, zu dem auch US-Präsident Barack Obama erwartet wurde, patrouillierten bereits am Samstag Hubschrauber der philippinischen Luftwaffe und Boote der Küstenwache. Bisher gebe es jedoch keine Informationen über eine unmittelbare Bedrohung des Treffens, sagte der für die Sicherheit zuständige General.
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