Mitterlehner: Paket neun Mrd. Euro schwer
Die Regierung hat nach einem zweistündigen Arbeitsmarktgipfel mit den Sozialpartnern ihr Programm zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit vorgestellt. Es besteht aus bereits bekannten Maßnahmen und auch aus neuen Initiativen.
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Bundeskanzler Werner Faymann (SPÖ) sagte zu Beginn der Pressekonferenz, dass die Beschäftigung in Österreich gestiegen sei, es gebe aber auch mehr Arbeitslose, da Österreich als Arbeitsplatz auch für Menschen aus anderen Ländern attraktiv sei. Man müsse daher in Beschäftigung investieren. Insgesamt soll laut Vizekanzler Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP) das Paket neun Milliarden Euro schwer sein. Man erhoffe sich die Schaffung 60.000 neuer Arbeitsplätze. Faymann dankte den Sozialpartnern für die Verhandlungen. Es liege an der Regierung, die Vorschläge umzusetzen. Die Sozialpartner hätten in schwierigen Zeiten die Kraft zur Einigung gezeigt.

APA/Herbert Pfarrhofer
Regierung (l.) und Sozialpartner (r.) besprechen die Maßnahmen
Zweiteiliges Paket
Laut Mitterlehner kam das Paket nach intensiven Verhandlungen und Gesprächen der Regierung zustande und steht in Übereinstimmung mit dem Regierungsprogramm. Das jetzige Paket sei ein zweiteiliges Programm - es bestehe aus einem Konjunktur- und einem Arbeitsmarktteil. Es setze ganz wichtige Schritte auch für Konjunkturimpulse.
Österreich sei ein attraktives Land für Arbeitskräfte, so Faymann, man habe etwa auch im Niedriglohnsektor - Experten sprechen vom prekären Bereich - nur die Hälfte von Deutschland. Man sei stolz darauf. Rahmenbedingungen und Wettbewerbsfähigkeit seien wichtig. So will die Regierung in Sachen Bildung bis Mitte November einen Markstein setzen. Bildung und Ausbildung sollen verbessert und die Lehrlingsförderung ausgebaut werden.
Lohnkosten sollen gesenkt werden
Der andere Teil seien Maßnahmen für die Wettbewerbsfähigkeit als Ergebnis des Gipfels. Der Faktor Arbeit gehöre entlastet, so Faymann weiter. Die Lohnnebenkosten würden in einer Höhe von bis zu einer Milliarde in Etappen bis 2018 gesenkt. Dazu würden der Insolvenzfonds und der Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) herangezogen. Die Senkung der Lohnnebenkosten soll indirekt neue Arbeitsplätze bewirken, so Faymann. Die Senkung der Lohnkosten erfolge in einer zeitlichen Abstufung, so Mitterlehner.
Unterstützung für Ältere
Konkurrenz erforderte Wettbewerbsfähigkeit. Wettbewerbsfähigkeit erfordere aber auch Sicherheit für den Einzelnen, so Faymann. Das Bonus-Malus-System für ältere Beschäftigte kommt nun doch, allerdings in einer „Light-Version“. Je nach Branche wird eine Quote für ältere Beschäftigte festgelegt. Wer diese Quote nicht erreicht, muss ab dem Jahr 2018 die doppelte Auflösungsabgabe zahlen. Derzeit beträgt diese 118 Euro. Unternehmen, die die Quote erfüllen, bekommen einen Bonus in Form einer weiteren Senkung der FLAF-Beiträge um 0,1 Prozentpunkte. Auch mehr Geld für das Arbeitsmarktservice (AMS) soll es geben.
Auch Wohnbauprojekte würden starten. 30.000 Wohnungen sollen geschaffen werden. Das dafür nötige Investitionsvolumen macht bis zu 5,75 Mrd. Euro aus, für 500 Mio. Euro der Gesamtfinanzierung wird der Bund garantieren. Mitterlehner präzisierte: Es sollen innerhalb der nächsten fünf Jahre schwerpunktmäßig Wohnungen neu gebaut und Altbauwohnungen saniert werden. Eine eigene Wohnbaubank werde gegründet. Einen Impuls erwartet sich die Regierung auch aus Investitionen in das „Upgrading“ von Stromtrassen von 220 kV auf 380 kV, so Mitterlehner. Dabei soll die Umweltverträglichkeitsprüfung wegfallen können, da ja nicht neu gebaut werde.
Höchste Arbeitslosenrate seit 1946
Der Arbeitsmarktgipfel war vor sechs Monaten angekündigt worden. Seit Mitte 2011 steigt die Arbeitslosigkeit angesichts der schwachen Wirtschaftsentwicklung in Österreich kontinuierlich und befindet sich auf einem Rekordhoch. 2015 wird als Jahr mit der höchsten Arbeitslosenrate seit 1946 in die Geschichtsbücher eingehen. Ende September lag die Rate inklusive Schulungsteilnehmern bei 9,9 Prozent. Insgesamt waren 391.417 Personen in Österreich ohne Arbeitsplatz.
Der Chef des Arbeitsmarktservice (AMS), Johannes Kopf, schließt für den Winter einen Anstieg auf rund 500.000 Arbeitslose nicht aus. Laut aktueller WIFO-Prognose soll die Arbeitslosigkeit in den kommenden Jahren bis 2018 weiter steigen.
„Kanzlerbrunch“, „Gipfelchen“ und „Farce“
Für wenig Begeisterung sorgte der Arbeitsmarktgipfel bei den Oppositionsparteien. Die FPÖ sprach von einem „kurzen Kanzlerbrunch ohne nachhaltige Wirkung“, die Grünen von einem „Arbeitsmarkt-Gipfelchen“, das nur ein „halbherziges Minipaket“ bringe. Bei NEOS bezeichnete man den Gipfel als „Farce“, das Team Stronach (TS) schließlich sieht das Ergebnis als „reine Makulatur“. Kritik übten auch die Familienorganisationen an der „ersatzlosen Kürzung der Dienstgeberbeiträge zum Familienlastenausgleichsfonds (FLAF) um eine Milliarde Euro ohne Gegenfinanzierung“.
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