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„Was zur Hölle haben Sie sich gedacht?“

Volkswagens US-Chef Michael Horn hat nach eigener Aussage erst vor wenigen Wochen von gezielten Manipulationen des Autoherstellers bei Abgasmessungen in den USA erfahren. Er habe erst im September erfahren, dass in den Autos Betrugssoftware zum Einsatz gekommen sei, sagte Horn am Donnerstag unter Eid bei einer Anhörung im US-Kongress aus. Bei den Abgeordneten sorgten die Ausführungen für Unmut.

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„VW wird einen hohen Preis für dieses dreckige kleine Geheimnis bezahlen“, sagte der republikanische Abgeordnete Fred Upton. Volkswagen habe „eine ganze Nation betrogen“. Auch andere Politiker griffen Horn scharf an: „Was werden Sie im Knast lesen?“, fragte der Demokrat Paul Welch. Horn sagte, der Einbau der Betrugssoftware sei keine Unternehmensentscheidung gewesen: „Es hat kein Vorstandstreffen gegeben, auf dem das beschlossen wurde.“

Die Kongressabgeordneten blieben skeptisch. Er könne die Darstellung, es handle sich um „das Werk einiger verbrecherischer Ingenieure“, nicht akzeptieren, sagte der Republikaner Chris Collins. „Das ist nicht an einem Tag passiert.“ Andere Politiker äußerten sich noch deutlicher. „Was zur Hölle haben Sie sich gedacht - wie können Sie nachts schlafen?“, fragte der Demokrat Peter Welch.

Lösung des Problems dauert mehrere Jahre

Die meisten Abgeordneten forderten vor allem volle Aufklärung. „Wir wissen einige Dinge, aber wir wissen nicht genug“, sagte die Demokratin Dianna DeGette. „Wir müssen klären, wer verantwortlich ist.“ Horn konnte hier zunächst wenig Konkretes sagen: „Die Untersuchungen dauern an - ich kann noch keinen konkreten Zeitplan anbieten.“

US-CEO von VW, Michael Horn, auf einer Automesse

Reuters/Carlo Allegri

Horn im April 2014 bei der New Yorker Automesse

Erst vor zwei Tagen hatte VW angekündigt, dass der Rückruf der etwa 480.000 vom Skandal betroffenen Dieselautos in den USA erst im Jänner beginnen werde. Horn erklärte bei seiner Anhörung im Kongress, er gehe davon aus, dass es mehrere Jahre dauern werde, bis die Probleme behoben seien.

Horn: Keine Kenntnis von „Defeat Device“

Horn hatte bereits in einer vorab veröffentlichten Stellungnahme für die US-Anhörung erklärt, im Frühling vergangenen Jahres von möglichen Verstößen gegen Emissionsregeln erfahren zu haben. Ihm sei auch mitgeteilt worden, dass die US-Umweltbehörde EPA Strafen verhängen könnte. Horn betonte aber: „Ich hatte keine Kenntnis davon, dass es eine ,Defeat Device‘ in unseren Autos gab.“ Erst kurz vor einem Treffen mit Vertretern der US-Umweltbehörde EPA am 3. September sei er über die Installation der „Defeat Device“ genannten Software zum Austricksen der Emissionstests informiert worden.

Nachdem erste VW-Ingenieure bereits Geständnisse abgelegt hatten, wonach die Manipulationssoftware 2008 eingebaut wurde, gab Horn in der Erklärung offen zu, bereits kurz nach seinem Amtsantritt über die Lage informiert worden zu sein. „Im Frühjahr 2014 wurde ich unterrichtet, dass es mögliche Verstöße gegen die US-Emissionsrichtlinien gibt, die beseitigt werden können.“ Ihm sei auch mitgeteilt worden, dass die US-Umweltschutzbehörde Environmental Protection Agency (EPA) verschiedene Strafen für derartiges Zuwiderhandeln verhängen könnte. Laut Horn sollten eigentlich VW-Ingenieure in Kooperation mit den Behörden das Problem beheben.

Wie die Nachrichtenagentur dpa aus Konzernkreisen erfuhr, soll Horn bereits 2014 den inzwischen beurlaubten VW-Entwicklungschef Heinz-Jakob Neußer über mögliche Verstöße unterrichtet haben. Die Anwältin Neußers wollte dazu auf Anfrage keine Stellungnahme abgeben. Neußer wurde neben anderen Managern im Zuge des VW-Abgasskandals beurlaubt.

Texas klagt Volkswagen

Indes wurde bekannt, dass auch der US-Bundesstaat Texas Volkswagen im Abgasskandal juristisch belangen will. Wie die Nachrichtenagentur Reuters berichtete, wirft der Staat dem Konzern „irreführende Handelspraktiken“ vor. VW habe gegen ein entsprechendes Gesetz im Bundesstaat verstoßen, hieß es, man werde den Konzern klagen.

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