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Schutz für russische Luftwaffe

Nach ersten Luftangriffen seiner Kampfjets auf Ziele in Syrien hat Russland vor der Küste des Landes mehrere Kriegsschiffe zusammengezogen. Vor der Hafenstadt Latakia seien unter anderem der Raketenkreuzer „Moskwa“ sowie eine Fregatte und ein Landungsschiff vor Anker gegangen, sagte Admiral Viktor Krawtschenko der Agentur Interfax zufolge am Freitag in Moskau.

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Die Kriegsmarine halte dort eine Übung mit Artillerie ab, es gehe aber auch um den Schutz des Luftraums über dem Flughafen von Latakia. Dort sind russische Flugzeuge stationiert. „Angriffe aus der Luft auf unsere Kampfjets und Hubschrauber sind fast unmöglich“, sagte Krawtschenko. Er verwies vor allem auf den Raketenkreuzer „Moskwa“, der unter anderem mit dem Flugabwehrsystem S-300M ausgerüstet sei.

Engagement „so lange wie nötig“

In Moskau sagte der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Staatsduma, Alexej Puschkow, Russland werde in Syrien „so lange wie nötig“ sein militärisches Engagement fortsetzen. Er widersprach damit auch einem französischen Medienbericht, wonach er von einem „drei, vier Monate“ dauernden Einsatz gesprochen habe. „Diese Worte wurden aus dem Zusammenhang gerissen“, so Puschkow.

Freiwillige Helfer vor zerbombten Häusern

AP/Syria Civil Defence

Die Zerstörung nach einem Bombardement

Zerstörung von IS-Einrichtungen gemeldet

Die Intensität der Angriffe werde noch gesteigert, so Puschkow weiter. Allein am Freitagvormittag flog die russische Luftwaffe nach eigenen Angaben 18 Einsätze. Dabei seien zwölf Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) getroffen worden. Darunter seien auch Ziele in der nordwestlichen Provinz Aleppo gewesen. Am Abend meldete die die russische Staatsnachrichtenagentur die Zerstörung eines Kommandozentrums des IS. Auch ein Waffenlager sei „komplett zerstört“ worden, hieß es.

„Liste mit Organisationen“ in Syrien

Das russische Verteidigungsministerium widersprach erneut Berichten, dass bei den russischen Luftangriffen Zivilisten getötet worden seien. Das russische Militär greife aber nicht nur den IS an, sondern auch andere Gruppen, hatte Kreml-Sprecher Dimitri Peskow am Donnerstag in Moskau eingeräumt. Es gebe eine Liste mit Organisationen, die bekämpft werden sollen, sagte er der Agentur Interfax zufolge. Konkrete Namen nannte er nicht.

Russland bezeichnete aber die oppositionelle Freie Syrische Armee (FSA) als wichtigen Teil des politischen Prozesses in dem Bürgerkriegsland. Die Rebellengruppe sei keine Terrororganisation, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Donnerstag in New York. Die westliche Allianz unterstützt hingegen eine Reihe von Rebellengruppen, die im Kampf gegen den IS und auch gegen Syriens Machthaber Baschar al-Assad stehen. Zudem fliegen die USA und Frankreich Luftangriffe gegen den IS in Syrien.

Lawrow hatte zuvor eine Teilnahme Russlands an der US-Koalition ausgeschlossen, da diese kein UNO-Mandat habe. Für Moskaus Intervention gibt es auch kein UNO-Mandat. Russland beruft sich auf eine Bitte Syriens um Hilfe. Die USA führen seit gut einem Jahr eine Allianz an, die Luftangriffe in Syrien und auch im Irak fliegt.

Experte: Verwirrspiel des Kreml

Laut dem Nahost-Experten Emile Hokayem vom Internationalen Institut für Strategische Studien (IISS) richten sich die russischen Luftangriffe in Syrien bisher ausschließlich gegen syrische Rebellen und nicht gegen die IS-Terrormiliz, wie Hokayem der dpa am Freitag sagte. „Es ist kein Verdacht: Russland will zuallererst das Überleben von Assad sichern.“

Der russische Präsident Wladimir Putin nutze Anti-IS-Rhetorik, um Verwirrung zu stiften. Er habe noch keine bekannten IS-Ziele angreifen lassen, sondern bombardiere sowohl islamistische als auch gemäßigte Rebellen, sagte Hokayem. Diese hätten seit Anfang des Jahres erhebliche militärische Erfolge gegen Assad erzielt und bedrohten seine Macht. Der Westen müsse verstehen, dass der Kampf gegen den IS nicht Putins Priorität sei.

Türkische Forderung an Moskau

Die Türkei und ihre Verbündeten forderten Russland auf, den Militäreinsatz in Syrien auf den Kampf gegen den IS zu beschränken. Luftangriffe auf die syrische Opposition sowie Zivilisten müssten dagegen umgehend eingestellt werden, betonte das türkische Außenministerium am Freitag.

Das NATO-Land zeigte sich in einer gemeinsamen Erklärung mit Deutschland, Frankreich, Großbritannien, den USA und verbündeten Golfstaaten tief besorgt über die russischen Luftangriffe. Die Militäraktionen bedeuteten eine „weitere Eskalation“ des Konflikts und würden nur „mehr Extremismus und Radikalisierung schüren.“ „Wir rufen die Russische Föderation auf, ihre Attacken auf die syrische Opposition und Zivilisten sofort einzustellen und ihre Anstrengungen auf den Kampf gegen den IS zu konzentrieren.“ Die Außenminister der an der Erklärung beteiligten Länder hatten sich am Donnerstag am Rande der UNO-Vollversammlung in New York getroffen.

Offenbar meinten die Türkei und die weiteren Alliierten damit auch die mit der Unterstützung der russischen Luftwaffe in Vorbereitung befindliche großangelegte Offensive der syrischen Armee im Norden des Landes. Der Bodeneinsatz wird laut libanesischen Angabe von Hunderten Kämpfer aus dem Iran und der schiitischen libanesischen Hisbollah-Miliz unterstützt.

USA - Russland: „Unfall am Himmel“ vermeiden

Die USA und Russland sprachen sich zur Vermeidung von Missverständnissen ihrer Streitkräfte in Syrien auf militärischer Ebene aus. Es habe einen „freundlichen und professionellen Austausch“ gegeben, sagte Pentagon-Sprecher Peter Cook am Donnerstag. Moskau bezeichnete indes die gemäßigten syrischen Rebellen als wichtigen Teil des politischen Prozesses.

Nach Angaben des Weißen Hauses drehte sich das einstündige Gespräch darum, dass in dem Bürgerkrieg internationale Regeln eingehalten und die üblichen Kommunikationskanäle genutzt würden. Der Austausch von Geheimdienstinformationen sei aber nicht geplant, sagte Cook. Ziel sei, „eine Art von Unfall am Himmel“ zu vermeiden. „Das bedeutet nicht, dass wir dulden, was Russland getan hat.“ Präsident Barack Obamas Sprecher Josh Earnest warnte zugleich vor „willkürlichen“ Angriffen, die den Krieg verlängern und Moskau tiefer in den Konflikt hineinziehen könnten.

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