Zahl höher als bisher gedacht
Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) hat am Dienstag nach dem Ministerrat eine aktuelle Zahl an Asylanträgen, die am Wochenende in Österreich gestellt wurden, bekanntgegeben. Über das Wochenende seien 730 Anträge gestellt worden, so Mikl-Leitner.
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Man dürfe nicht mit Entspannung rechnen. Das heiße, die Migrationsströme gingen weiter, so die Innenministerin - mehr dazu in oe1.ORF.at. Die Asylantragszahlen gingen offenbar leicht zurück. Am Freitag wurden laut APA 216 entsprechende Ansuchen gestellt, am Samstag 114, am Sonntag 166 und am Montag 235. Gesamt kommt man damit in etwa auf jene 730 Anträge, von denen Mikl-Leitner sprach.
Diese Zahlen sind noch immer sehr hoch verglichen mit früheren Jahren. In den vergangenen Monaten waren allerdings 300 Anträge pro Tag keine Seltenheit. Beispielsweise im Juli kam es im Schnitt zu knapp 280 Ansuchen pro Tag.
2.500 weiter in Zelten untergebracht
Indes kommen weiter Flüchtlinge auf dem Wiener Westbahnhof an. Allein von Montagfrüh bis Dienstagfrüh sollen es 7.000 gewesen sein. Die meisten reisten nach Deutschland weiter - mehr dazu in wien.ORF.at. Unterdessen müssen trotz der in der Nacht sinkenden Temperaturen mehr als 2.500 Flüchtlinge in Österreich mangels Alternativen in Zelten ausharren. 3.800 Personen befinden sich in der größten Bundesbetreuungsstelle des Landes in Traiskirchen bzw. auf dem angrenzenden Areal der Polizeiakademie.
Zelte auch in Salzburg und Kärnten
Nur für gut 2.100 gibt es Schlafplätze. 1.500 sind in Zelten untergebracht, das Erstaufnahmezentrum ist mehr als überbelegt. Traiskirchen ist bei weitem nicht die einzige noch bestehende Zeltstadt. 240 Flüchtlinge sind derart in der Kärntner Gemeinde Althofen untergebracht, jeweils 230 auf einem Polizeigelände sowie in der Schwarzenberg-Kaserne jeweils in Salzburg. Dazu kommen 200 Zeltplätze im Kärntner Krumpendorf und 150 in Eisenstadt.
Lange nicht so weit ist man seitens des Bundes mit der Aufstellung von Containern. Neben dem Verteilerzentrum in Innsbruck stehen derzeit nur Containerdörfer in Mondsee und Ohlsdorf. In Linz-Hörsching ist ein weiteres im Entstehen begriffen. In Niederösterreich gibt es mittlerweile einen Engpass bei Containern - mehr dazu in noe.ORF.at.
Unerwartetes EU-Lob für Traiskirchen
Österreich erntete für das Ernstaufnahmezentrum Traiskirchen unerwartetes Lob. Ausgesprochen diplomatisch zeigte sich EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos am Montag bei seinem Besuch in Traiskirchen. Freilich „könnten gewisse Dinge in den kommenden Tagen noch verbessert werden“, sagte er nach einem gemeinsamen Besuch mit Mikl-Leitner. „Allgemein handelt es sich aber um eine gastfreundliche und ordentliche Umgebung.“

Reuters/Heinz-Peter Bader
Mikl-Leitner und Avramopoulos nach der Traiskirchen-Visite
Er müsse „Österreich Lob dafür aussprechen, dieses Lager eingerichtet zu haben“, fügte Avramopoulos hinzu. Die Flüchtlinge würden hier „auf eine sehr humane Art und Weise behandelt“. Nach Angaben Mikl-Leitners besuchte der EU-Kommissar nicht nur das Erstaufnahmezentrum, sondern auch die Zeltstadt auf dem Gelände der angrenzenden Sicherheitsakademie. Avramopoulos nutzte die Gelegenheit auch, um 5,4 Mio. Euro EU-Soforthilfe für Österreich bekanntzugeben. Diese solle in die Verbesserung der Flüchtlingsaufnahmekapazitäten und die administrative Kapazität zur Bearbeitung von Asylanträgen fließen.
„Acht- bis neunmal überbelegt“
Zuletzt kamen zwar deutlich weniger Flüchtlinge nach Traiskirchen. Laut Jörg Hofer vom Landesstudio Niederösterreich sei das Erstaufnahmezentrum mit Verweis auf Zahlen des Traiskirchner Bürgermeisters Andreas Babler (SPÖ) aber mit rund 4.000 Menschen nach wie vor „acht- bis neunmal überbelegt“. Obdachlos sei in Traiskirchen derzeit zwar niemand mehr, Hunderte seien aber nach wie vor notdürftig in Zelten untergebracht.
EU-Kommissar inspiziert Traiskirchen
Für kurze Zeit war es still um das Flüchtlingslager Traiskirchen. Die Zustände dort sind aber fast unverändert. Jetzt besuchte der für Migration zuständige EU-Kommissar Traiskirchen.
Durchgriffsrecht als Hoffnung
Mit Oktober, wenn das neue Durchgriffsrecht des Bundes Gesetz wird, dürfte sich an der Situation der Flüchtlinge in Österreich einiges ändern. Erstens dürften weit mehr Container als bisher aufgestellt werden. Zweitens wird sich dem Bund die Möglichkeit bieten, z. B. größere (ehemalige) Hotels anzumieten, um dort entsprechende Kapazitäten zu schaffen, wenn die Unterbringung in Zelten aus Temperaturgründen endgültig unmöglich ist.
Auf die Zustände im nach wie vor überfüllten Erstaufnahmezentrum Traiskirchen angesprochen wurde am Sonntag in der ORF-„Pressestunde“ auch Nationalratspräsidentin Doris Bures (SPÖ). Eine Entspannung erwartet sie ebenfalls durch das kurz vor Beschluss stehende Durchgriffsrecht. Man werde damit nicht nur der Weigerung mancher Länder, die vereinbarten Quoten zur Aufnahme von Flüchtlingen nicht einzuhalten, einen „Riegel vorschieben“ - das Durchgriffsrecht könne Bures zufolge auch ein Vorbild für Europa sein.
„Masterplan“ gefordert
Auf eine nachhaltige Lösung und einen „Masterplan“ für Traiskirchen drängen unterdessen weiterhin diverse Hilfsorganisationen. Mit Blick auf die Ereignisse der letzten Tage bescheinigten etwa der evangelische Bischof Michael Bünker und Diakonie-Österreich-Chef Michael Chalupka der Regierung, „das einzig Richtige getan“ zu haben. Nicht vergessen dürfe man aber, dass in Traiskirchen „Flüchtlinge seit vier Monaten auf dem Boden und in Zelten schlafen“. Von der Volkshilfe wurde am Montag zudem an harte Kritik an den Zuständen in Traiskirchen von Amnesty International (AI) und Ärzte ohne Grenzen (MSF) erinnert.
AI prangerte in einem auch international beachteten Bericht Mitte August die aus ihrer Sicht unmenschliche Behandlung von Flüchtlingen in Traiskirchen an. MSF ortete in einem Ende August vorgelegten Prüfbericht kaum eine Verbesserung der Lage und bezeichnete die Unterbringung und das Angebot an sanitären Anlagen als „unmittelbar gesundheitsschädigend“.
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