„Liegt an einzelnen Staaten“
Aus Sicht der EU-Kommission ist es klar: Selbst wenn sie will, kann und darf sie kein EU-Gesetz auf den Weg bringen, um das Recht auf Wasser zum Menschenrecht zu erklären. Denn damit würde sie gegen Grundprinzipien der EU-Verträge wie Verhältnismäßigkeit und Subsidiarität verstoßen, so die Kommission gegenüber ORF.at.
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Gleichzeitig wehrt sich die EU-Behörde im Vorfeld der Abstimmung über den Antrag des EU-Parlaments am Dienstag in Straßburg dagegen, nicht zu handeln. Im Gegenteil: „Die EU hat konsequent dazu beigetragen, den Zugang für EU-Bürger zu sauberem Wasser und zu sanitären Anlagen zu gewährleisten“ - durch die Unterstützung von Infrastruktur- und Umweltschutzmaßnahmen.
In nationalen Verfassungen verankern
Die Kommission habe bereits „klar bekräftigt, dass alle Staaten verpflichtet sind, sicheres Trinkwasser zur Verfügung zu stellen - Trinkwasser, das erreichbar, finanzierbar und akzeptabel sein muss“. „Jetzt liegt es an den einzelnen Staaten, dieses Recht in der Verfassung zu verankern.“ Die EU-Institutionen ihrerseits sind aus Sicht der Kommission bereits durch die EU-Grundrechtecharta gebunden.
Öffentlich oder privat?
In der heiklen Frage, ob die Wasserversorgung in öffentlicher oder privater Hand sein soll, nimmt sich die Kommission ebenfalls aus dem Spiel: Die Mitgliedsstaaten selbst müssten entscheiden, wer für die Wasserversorgung zuständig ist. Es gibt keine EU-Regelung bezüglich der Versorgung von Privathäusern oder -wohnungen.
Sorgen, Kommunen könnten durch die Hintertür zur Privatisierung der Wasserversorgung gezwungen werden, versucht die Kommission zu zerstreuen: Man werde sich - so wie bereits in der Vergangenheit - in Verhandlungen über Handelsabkommen weiter dafür einsetzen, dass Länder oder Gemeinden selbst entscheiden können, wie sie die Wasserversorgung organisieren, so die Kommission.
Dass die öffentliche Hand, also etwa Gemeinden, auch künftig eigene Wasserversorgungsunternehmen betreiben kann, hätten auch die beiden TTIP-Chefverhandler, EU-Kommissarin Malmström und der US-Handelsbeauftragte Michael Froman, in einer gemeinsamen Stellungnahme bestätigt.
„Souveräne Entscheidung Griechenlands“
Die Kommission weist auch den Vorwurf zurück, sie zwinge - im Rahmen im Frühjahr in „die Institutionen“ umbenannten Troika - Länder wie Irland und Griechenland dazu, im Gegenzug für Milliardenhilfen ihre Wasserversorgung zu privatisieren. Kritiker werfen der EU-Behörde vor, damit durch die Hintertür Fakten zu schaffen, und sehen das als wichtigen Grund dafür, ein Privatisierungsverbot per EU-Gesetz festzulegen - vor dem Hintergrund, dass das Geschäft mit Trinkwasser, vor allem in abgefüllter Form, längst zu einem Milliardengeschäft geworden ist.
Die Kommission betont gegenüber ORF.at, dass sie zwar an Gesprächen über Finanzierungsprogramme - sprich: Verhandlungen der EU-Troika - teilnehme, aber „die Ausführung des Privatisierungsprogramms und die Auswahl der öffentlichen Unternehmen bleibt eine souveräne Entscheidung der griechischen Regierung“. Und damit ist der Ball wieder im Feld der Mitgliedsstaaten.
Guido Tiefenthaler, ORF.at
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