Wirksamkeit bleibt umstritten
Die US-Gesundheitsbehörde hat einem umstrittenen Medikament zur Steigerung der weiblichen Lust die Zulassung erteilt. Das als „Viagra für Frauen“ bezeichnete Präparat darf künftig über Apotheken vertrieben werden, wie die Zulassungsbehörde am Dienstag entschied.
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„Die heutige Zulassung gibt Frauen, die über ihr geringes sexuelles Verlangen unglücklich sind, eine anerkannte Behandlungsoption“, sagte die Leiterin des FDA-Zentrums für Medikamentenprüfung, Janet Woodcock.
Davor war „Viagra für Frauen“, das unter dem Namen Addyi vermarktet wird, zweimal bei der Behörde durchgefallen. Ein Expertengremium hatte im Juni aber empfohlen, es unter strengen Bedingungen und mit deutlichen Warnungen vor den Nebenwirkungen zuzulassen.

AP/Allen G. Breed
Die Lustpille für die Frau
Tägliche Einnahme nötig
Die rosa Pille wirkt im Gegensatz zu Viagra weniger auf den Körper als vielmehr auf die Psyche. Das Mittel ist ursprünglich ein Antidepressivum, das den Spiegel des lusthemmenden Hormons Serotonin absenken soll. Im Gegenzug hebt es die Konzentration des Glückshormons Dopamin und von Noradrenalin im Blut an. Beide können die weibliche Libido steigern. Die Pille muss dafür im Unterschied zu Viagra täglich und nicht nur vor dem Geschlechtsverkehr eingenommen werden.
Die FDA hob in ihrer Entscheidung außerdem hervor, dass Flibanserin nicht mit Alkohol eingenommen werden darf. Andere Experten warnen vor Nebenwirkungen wie Müdigkeit, niedrigem Blutdruck und Schwindelanfällen, die durch Alkoholkonsum verstärkt werden. Auch ein erhöhtes Brustkrebsrisiko wird befürchtet. Eine von zwei Studien an Labortieren mit Flibanserin deutete darauf hin.
Mit Pille einmal mehr Sex pro Monat
Die Effizienz des Mittels bleibt allerdings umstritten. Experten sprechen von einer recht bescheidenen Wirkung. Laut FDA-Unterlagen hatten Frauen, die Flibanserin einnahmen, im Schnitt 4,4-mal im Monat befriedigenden Sex. Bei der Vergleichsgruppe, die Placebos bekam, waren es 3,7-mal, vor der Behandlung waren es 2,7-mal im Monat.
Mediziner gehen zudem davon aus, dass das Präparat nur etwa zehn Prozent der Betroffenen auch wirklich hilft. Das könnten jedoch trotzdem Millionen sein, denn medizinischen Studien zufolge klagen mindestens 40 Prozent der Frauen über fehlendes sexuelles Verlangen. Sie haben keine Lust auf Sex und empfinden auch keinen Spaß am Geschlechtsverkehr.
Pharmafirma feiert lukrativen „Durchbruch“
Die kleine US-Pharmafirma Sprout Pharmaceuticals, die das Medikament auf den Markt bringen wird, mit nur 25 Mitarbeitern nannte die FDA-Zulassung einen „Durchbruch“. „Heute feiern wir, was diese Zulassung für alle Frauen bedeutet, die lange auf eine medizinische Behandlung dieser lebensverändernden Beschwerde gewartet haben“, so Sprout-Chefin Cindy Whitehead.
Das Pharmaunternehmen hofft bei einer endgültigen Zulassung durch die FDA auf einen ähnlichen Erfolg wie beim Potenzmittel Viagra für Männer, das 1998 erlaubt wurde und sich zu einem Kassenschlager entwickelte.
Lange Kontroverse um Zulassung
Flibanserin ist ursprünglich eine Entwicklung des deutschen Pharmakonzerns Boehringer Ingelheim, der das Projekt aber 2010 nach einem negativen FDA-Bericht aufgab und die Patente an die US-Firma Sprout Pharmaceuticals verkaufte. Diese scheiterte 2013 abermals vor der FDA mit der Zulassung, weil die Arznei noch nicht als sicher galt.
Daraufhin gab es heftige Kontroversen zwischen Frauenrechtsgruppen und anderen Aktivisten in der Causa. Die einen warfen der Behörde Sexismus vor, weil sie Mittel gegen sexuelle Funktionsstörungen bei Männern zugelassen habe, nicht aber Flibanserin. Andere Gruppen meinten, Sprout missbrauche die Aktivisten, um ein noch nicht als sicher bewiesenes Präparat durchzudrücken.
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