Reaktion auf Berichte über prekäre Lage
Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International (AI) hat am Donnerstag das Erstaufnahmezentrum in Traiskirchen geprüft. Im Anschluss gab es keine Informationen über den Zustand des überfüllten Lagers - vielmehr steht noch ein Gesprächstermin im Innenministerium und eine Analyse der Daten in der Londoner AI-Zentrale aus.
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AI habe im Zuge der Überprüfung die Erstaufnahmestelle Ost besucht und Fakten gesammelt, erklärte die Leiterin des AI-Research-Teams, Daniela Pichler, im Anschluss der Visite. Ausschlaggebend für die Begutachtung des Lagers war „die sich seit Wochen zuspitzende Versorgungslage in der überfüllten Bundesbetreuungsstelle Traiskirchen“. Laut AI wiesen „Berichte und Beobachtungen auf Massenobdachlosigkeit, mangelnde medizinische und psychologische Betreuung sowie eine prekäre Situation für Kinder und Jugendliche hin“.

APA/EPA/Georg Hochmuth
Das vierköpfige AI-Team auf dem Weg ins Erstaufnahmezentrum Traiskirchen
„Help us“
Die Prüfung der AI-Vertreter nahm sechs Stunden in Anspruch. Gegen 16.30 Uhr verließen sie das Flüchtlingslager, und Pichler gab vor Medienvertretern ein kurzes Statement ab. Weitere Fragen waren nicht zugelassen. Während dieser kurzen Aktion kam es in der Warteschlange vor dem Eingang zum Zentrum zu etwas Wirbel. Mehrere Personen riefen etwa „help us“.
Seit Mittwoch Aufnahmestopp
Am Mittwoch war im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen ein Aufnahmestopp in Kraft getreten. Laut Innenministerium halten sich derzeit rund 4.100 Asylwerber auf dem überfüllten Areal und davor auf. 1.500 von ihnen hätten kein Bett, hieß es.
Man sei „bemüht, sich ein umfassendes Bild der Lage zu verschaffen und von allen beteiligten Akteuren Rückmeldungen einzuholen“, wie AI nach der Visite mitteilte. Für kommenden Montag wurde in diesem Zusammenhang noch ein zusätzliches Gespräch mit leitenden Beamten im Innenministerium angekündigt. Dort werde man „die heute gesammelten Fakten präsentieren und Informationen über kurz- und mittelfristige Pläne diesbezüglich einholen“.
In der anschließenden Analysephase sollen Kollegen aus dem AI-Sekretariat in London die Erkenntnisse im Menschenrechtskontext betrachten und mit den Standard abgleichen, so Pichler. Ende nächster Woche soll dann ein Bericht in Wien präsentiert werden.
Volksanwalt: Situation „unerträglich“
Erst am Mittwoch wurde bei einer Pressekonferenz der Volksanwaltschaft (auf Grundlage einer Prüfung Mitte Juli, Anm.) ein schauerliches Bild der Lage in Traiskirchen gezeichnet. Es war von Mängeln bei der Hygiene und der medizinischen Nachsorge die Rede, viele Menschen müssen im Freien schlafen. „Unerträglich“ sei die Situation vor allem für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, wie Volksanwalt Günther Kräuter unterstrich - mehr dazu in noe.ORF.at.
Rotes Kreuz NÖ nimmt 300 Flüchtlinge auf
„Das ist eine humanitäre Notlage, wir können nicht länger zusehen“, sagte mit Blick auf die Lage in Traiskirchen am Donnerstag auch der Präsident vom Roten Kreuz Niederösterreich, Willi Sauer. Ihm zufolge will das Rote Kreuz nun an den eigenen Dienststellen behelfsmäßige Unterkünfte für Flüchtlinge schaffen. Bereits in den kommenden Tagen sollen demnach rund 300 Schlafplätze eingerichtet werden - weitere 300 Plätze seien zudem in Planung.
„Insgesamt werden wir somit 850 Menschen in den nächsten Wochen rund um die Uhr betreuen, zusätzlich zu jenen 250 bis 300, die wir täglich kurzfristig versorgen“, wie Sauer am Donnerstag weiter mitteilte. Seit Mitte Juni versorge die Organisation allein in der Arena Nova in Wiener Neustadt 250 Flüchtlinge und täglich durchschnittlich ebenso viele, die von der Polizei meist an Autobahnen aufgegriffen würden.
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