Abschiebung trotz Terrors von Boko Haram
Zu Tausenden sollen jene Menschen, die aus Angst vor der Gewalt der radikalislamisischen Terrorgruppe Boko Haram aus Nigeria geflohen sind, zurückgeschickt werden. Die Nachbarländer Nigerias begründen dass damit, dass mit den Flüchtlingen auch Terroristen eingesickert seien. Die Flüchtlinge müssen damit den Terror jener büßen, vor dem sie sich in Sicherheit bringen wollten.
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„Ein erstes Kontingent“ von 620 Flüchtlingen sei allein am Samstag aus Kamerun nach Nigeria zurückgekehrt, sagte der Koordinator der Rettungskräfte, Mohammed Kanar, der Nachrichtenagentur AFP. Die Identität der Menschen werde an der Grenze kontrolliert, um sicherzustellen, dass sich „kein Aufständischer“ von Boko Haram unter ihnen befinde. Die Flüchtlinge würden dann in Lastwagen weitertransportiert.
„Ganz klar“ Konsequenz von Attentaten
Kamerun hatte laut Medienberichten vom Freitag etwa 2.500 Nigerianer aus der Grenzstadt Kousseri ausgewiesen. Die Ausweisung der Flüchtlinge sei „ganz klar“ eine Konsequenz aus den verstärkten Aktivitäten der Islamisten in Kamerun, sagte Kanar. Er rechne damit, dass noch „eine sehr große Zahl“ von Menschen über die Grenze nach Nigeria zurückkehren werde. Zwischen dem 12. und 25. Juli hatte es im an Nigeria grenzenden Nordwesten Kameruns drei Selbstmordanschläge mit Dutzenden Toten gegeben.
Seit den Anschlägen gehen die Behörden offenbar härter gegen nigerianische Flüchtlinge in der Region vor. Ob sich die Terroristen tatsächlich aus den Reihen der Flüchtlinge rekrutieren, ist allerdings fraglich. Boko Haram kämpft seit sechs Jahren in Nigeria für die Errichtung eines radikalislamischen Staates, schätzungsweise 15.000 Menschen kamen in dem Konflikt ums Leben. In den vergangenen Monaten weiteten die Extremisten ihre Angriffe auf die Nachbarländer Nigerias aus.
„Krieg“ gegen Zivilisten
Kamerun macht bei der Ausweisungsaktion kurzen Prozess: Die Wochenzeitung „L’Oeil du Sahel“ berichtete unter dem Schlagwort „Kamerun im Krieg“ auf ihrer Facebook-Seite von „Razzien“ gegen die nigerianischen Flüchtlinge und zeigte Fotos von Lastwagen, auf denen Hunderte Menschen zusammengepfercht waren. Die Ausweisungen erfolgten kurz nach dem Abschluss eines Besuchs von Nigerias Präsident Muhammadu Buhari bei seinem kamerunischen Kollegen Paul Biya in Jaunde. Bei dem Treffen vereinbarten sie, die Zusammenarbeit gegen die Extremisten zu verstärken.
Die Grenzstadt Kousseri ist der Brennpunkt des innerafrikanischen Flüchtlingsdramas. Sie liegt auf der Ostseite des schmalen kamerunischen Korridors zwischen Nigeria und dem Tschad. Die Stadt ist strategisch bedeutsam, da sie nur eine Brücke von der tschadischen Hauptstadt N’Djamena jenseits der Grenze trennt. N’Djamena wurde im Juni ebenfalls zweimal von Selbstmordanschlägen erschüttert. Und auch der Tschad will den nigerianischen Flüchtlingen keinen Schutz bieten.
Tschad fordert exterritoriales Lager
Der Tschad fordert, das Flüchtlingshochkommissariat der Vereinten Nationen (UNHCR) müsse für die rund 5.000 nigerianischen Flüchtlinge im eigenen Land ein Lager auf nigerianischem Boden errichten, wie Innenminister Bireme Hamid Mitte Juli erklärte. Die meisten der Nigerianer waren zu Beginn des Jahres vor einer brutalen Offensive der Terrormiliz am Tschad-See geflohen. Das UNO-Flüchtlingshilfswerk sprach im April noch von rund 18.000 nigerianischen Flüchtlingen im Tschad.
Die Entscheidung der tschadischen Regierung wurde ebenfalls unmittelbar nach dem Attentat in der Hauptstadt N’Djamena bekanntgegegeben. Dabei kamen 16 Menschen ums Leben. Die sunnitischen Extremisten haben in den vergangenen Wochen auch verstärkt Ziele im Tschad angegriffen. Die Streitkräfte des zentralafrikanischen Staats beteiligen sich seit Anfang des Jahres federführend an einer internationalen Koalition zur Bekämpfung von Boko Haram.
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