„Mehr Kreativität bis Mittwoch“
Am Freitag hat nicht nur die Regierung ihren Fünfpunkteplan zum Umgang mit der steigenden Zahl an Asylwerbern präsentiert. Zugleich verkündete Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (ÖVP), dass ab Mittwoch keine neuen Asylwerber mehr im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen unterkommen werden. Was ab dann mit neu ankommenden Flüchtlingen in Österreich geschehen soll, ist aber offen.
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„Ein wirkliches Konzept, am Mittwoch schon Traiskirchen zu leeren, gibt es nicht“, so Michael Chalupka, Direktor der Diakonie im Ö1-Morgenjournal. „Was ich nicht gehört habe, und was ich nicht sehe, ist, was man mit den Ankommenden ab Mittwoch macht, wenn man sie nicht mehr in Traiskirchen aufnimmt. Ich denke, da braucht es noch mehr Kreativität bis Mittwoch“, befindet Chalupka - mehr dazu in oe1.ORF.at
Bisher ist von solcher Kreativität freilich nicht allzu viel zu spüren. Sicher ist im Moment nur, dass in der Sicherheitsakademie in Traiskirchen künftig 100 Zimmer mit insgesamt 300 Plätzen zur Verfügung stehen sollen - für obdachlose Frauen und Kinder, so Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) am Freitag. Neu ankommende Flüchtlinge müssen laut Mikl-Leitner auf die restlichen Bundesländer aufgeteilt werden, wenn sie auch offenließ, wie und wohin genau. Nicht infrage kämen dafür jedenfalls die Verteilerzentren. Denn das sei nicht deren Aufgabe, so Mikl-Leitner.
Amnesty besichtigt Traiskirchen
Ein konkretes Ergebnis erwartet sich die Ministerin allerdings erst im Herbst. Ziemlich sicher dürfte dann bereits der Bericht von Amnesty International zu Traiskirchen vorliegen. Die NGO gab am Freitag bekannt, das Lager am Donnerstag zu besichtigen. Amnesty bestätigte, aus dem Innenministerium einen Termin für die Besichtigung des Zentrums erhalten zu haben.
„Wir begrüßen die aktuellen Bestrebungen seitens der Bundesregierung, die längst notwendigen Schritte zur Entlastung der Lage im Erstaufnahmezentrum Traiskirchen einzuleiten“, hieß es weiters in der Aussendung. Die Organisation erwartet sich, nächste Woche bereits „wesentliche Verbesserungen“ an Ort und Stelle dokumentieren zu können.
NGOs sollen Flüchtlinge direkt übernehmen
Mikl-Leitner machte am Freitag jedenfalls klar, dass das Ministerium an seine Grenzen stoße: Das Innenministerium könne „nicht flächendeckend unterstützen“, so Mikl-Leitner. Diese Aufgabe sieht das Ministerium offenbar eher bei Organisationen abseits der Regierung. So sollen Asylwerber künftig nach der Erstaufnahme auch direkt an Hilfsorganisationen übergeben werden. Bisher war es lediglich möglich, dass Asylwerber nach der Erstaufnahme in den Verteilquartieren direkt den Bundesländern übergeben werden.
Mikl-Leitner hofft auf neue Plätze
Es gehe in erster Linie darum, die Obdachlosigkeit unter den Flüchtlingen zu beseitigen, man hoffe, die nötigen Plätze schaffen zu können, sagt Mikl-Leitner in der ZIB2.
Dieser Schritt funktioniere derzeit jedoch nicht, so Peter Webinger, der im Innenministerium für das Asylwesen zuständig ist. Mit der direkten Schiene zu Hilfsorganisationen wie Caritas, Diakonie und Hilfswerk werde nun eine zusätzliche Möglichkeit geschaffen. Das sei auch mit den NGOs abgestimmt, betonte Webinger.
Gebündeltes Wissen
Eine weitere Erleichterung bei der Unterbringung von Asylwerbern in den Ländern erhofft sich das Innenministerium durch die Schaffung von „Single Points of Contact“. Dort würden Bund, Länder, die Polizei und auch die Hilfsorganisationen ihr Wissen um verfügbare Unterkünfte bündeln. In jedem Land solle es eine solche Stelle geben. „Es wird daher eine Zusatzschiene eröffnet“, erläuterte Webinger. Man wolle künftig stärker auf die Föderalstruktur und damit kleinere Einheiten bauen. Auch die Administration dieser Stellen laufe an Ort und Stelle ab.
Wolfgang Geier zur Flüchtlingssituation
ORF-Innenpolitikexperte analysiert die aktuelle Situation rund um die Flüchtlingsmisere in Traiskirchen, wo Hunderte im Freien schlafen.
„Schlüssel zur nachhaltigen Lösung“
Die Maßnahmen des Innenministeriums sind freilich nur ein Teil des größeren Fünfpunkteplans der Regierung. Dessen Kernstück ist ein geplantes Verfassungsgesetz, das dem Bund ein Durchgriffsrecht bei der Unterbringung von Asylwerbern gewähren soll. Durch eine „Ersatzvornahme“, soll der Bund künftig selbst Asylquartiere errichten können, wenn Länder, Bezirke oder Gemeinden säumig sind.
Für Mikl-Leitner ist dieser Punkt „der Schlüssel zur nachhaltigen Lösung unserer Herausforderungen. Damit hätte das Innenministerium endlich eine rechtliche Grundlage, um unterstützend, nachhaltig handeln zu können“, so die Innenministerin. Auch durch die Anhebung der Tarife für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge hofft Mikl-Leitner, mehr Bewegung in die Unterbringung von Asylwerbern zu bringen.
Offen ließ die Ministerin am Freitag, ob die Länder ihrer selbst auferlegten Verpflichtung nachgekommen sind. Insgesamt 6.500 Plätze für Asylwerber wollten sie bis Ende Juli schaffen. Ob ihnen das gelungen ist, will das Ministerium aber erst am Montag bekanntgeben. Nur Vorarlberg verkündete bereits Freitagfrüh, die gesetzte Quote zu 100 Prozent zu erfüllen.
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